# taz.de -- ELN-Rebellen in Kolumbien: Corona schafft Waffenstillstand | |
> Die verbliebene Guerilla ELN verkündet wegen Corona einen | |
> Waffenstillstand. Besonders gefährdet durch die Pandemie sind | |
> Vertriebene. | |
Bild: Wollen wegen Corona einen Waffenstillstand: Rebellen der ELN (Foto von 20… | |
BOGOTÁ taz | Die größte verbliebene Guerilla Kolumbiens ELN (Nationale | |
Befreiungsarmee) legt wegen der Coronavirus-Epidemie die Waffen nieder. Der | |
einseitige Waffenstillstand soll vom 1. bis 30. April gelten. Die ELN | |
behält sich jedoch vor, sich bei Angriffen des Staates und anderer | |
bewaffneter Gruppen zu verteidigen. | |
Gleichzeitig kritisierte die ELN die Maßnahmen der Regierung gegen die | |
Ausbreitung der Pandemie: Quarantänen bedeuteten für den informellen | |
Sektor, also etwa 60 Prozent der Arbeiter*innen, ein tödliches Dilemma: „zu | |
Hause bleiben, damit sie sich nicht anstecken, doch wenn sie nicht arbeiten | |
gehen, verhungern sie“. | |
Die Rebellengruppe forderte unter anderem ein Ende der humanitären Krise in | |
den Gefängnissen, Gratis-Tests und -Hygienematerial gegen die Ausbreitung | |
der Pandemie, staatliche Gesundheitsversorgung für alle und einen | |
Sonderfonds, um arme Familien in Zeiten der Coronakrise zu unterstützen. | |
Die Finanzbranche, Großindustriellen und multinationalen Firmen sollten | |
diese finanzieren. Und sie forderte die Regierung auf, sich mit der | |
ELN-Delegation in Havanna zu erneuten Friedensgespräche zu treffen. | |
Präsident Duque hatte diese [1][nach dem Attentat auf eine Polizei-Schule | |
in Bogotá im Januar 2019 abgebrochen]. | |
Die Friedenskommission des kolumbianischen Senats forderte am Montag alle | |
anderen bewaffneten Gruppen auf, sich dem Waffenstillstand anzuschließen – | |
[2][Farc-Dissidenten], Paramilitärs, kriminelle Banden und andere. Damit | |
sich die Sicherheitskräfte auf die Prävention des Coronavirus konzentrieren | |
könnten. | |
## Vertriebene besonders gefährdet durch Corona | |
Auch das medizinische Personal müsse sich problemlos im Land bewegen | |
können: „Das ganze Land muss sich jetzt im Kampf gegen diese Gefahr | |
vereinigen. Das Virus ist unser gemeinsamer Feind, hören wir auf, uns | |
gegenseitig zu töten.“ Wenn andere dem Beispiel der ELN folgten, könnten | |
diese Gesten des Friedens einen fruchtbaren Boden für die Schaffung eines | |
vollständigen Friedens bereiten. | |
Mehrere Sozialorganisationen sowie die Indigenen-Organisation ONIC hatten | |
angeprangert, dass bewaffnete Gruppen die Quarantäne ausnutzten, um | |
verstärkt soziale Führungspersönlichkeiten wie Menschenrechtsaktivisten in | |
ihren Häusern zu ermorden. | |
Wie wichtig der Waffenstillstand zur Eindämmung der Coronavirus-Epidemie | |
ist, zeigt auch die Region Chocó. Im Gemeindegebiet von Alto Baudó wurden | |
im März etwa 2.000 Afrokolumbianer*innen und Indigene aus ihren Dörfen | |
vertrieben. ELN-Guerilla und Golfclan kämpfen dort um die Kokain-Routen zum | |
Pazifik. | |
Die Vertriebenen hausen nun in einer Sportanlage in einem Ortsteil, der | |
selbst nur etwa 1.600 Einwohner*innen hat. „Wenn das Coronavirus kommt, ist | |
es aus mit uns“, sagte Ulises Palacios, Bürgermeister von Alto Baudó, der | |
Zeitschrift [3][Semana Rural]. | |
Der Chocó gehört zu den ärmsten Regionen Kolumbiens. 80 Prozent der | |
Bevölkerung haben nur sporadisch Wasser. An das obligatorische | |
Händewaschen, um Ansteckung zu vermeiden, ist nicht zu denken. Auf 100.000 | |
Einwohner*innen kommen 1,6 Krankenhausbetten. Es gibt nur wenig | |
medizinisches Personal, das sich entscheiden muss, ob es die von den | |
Kämpfen Vertriebenen versorgt oder sich auf die Versorgung von | |
Coronovirus-Patient*innen konzentriert. | |
31 Mar 2020 | |
## LINKS | |
[1] /!5563707 | |
[2] /Kolumbiens-Friedensabkommen-in-Gefahr/!5621824 | |
[3] https://semanarural.com/web/articulo/hacinados-asi-viven-2025-desplazados-e… | |
## AUTOREN | |
Katharina Wojczenko | |
## TAGS | |
Kolumbien | |
Schwerpunkt Coronavirus | |
ELN | |
Farc | |
Iván Duque | |
Farc | |
Kolumbien | |
Reiseland Kolumbien | |
Schwerpunkt Coronavirus | |
Kolumbien | |
Iván Duque | |
Kolumbien | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Friedensgespräche in Kolumbien: Nach fast vier Jahren Funkstille | |
Neue Friedensgespräche zwischen der kolumbianischen Regierung und der ELN | |
haben begonnen. Seit August hat Kolumbien seinen ersten linken Präsidenten. | |
Gewalt gegen Unis in Kolumbien: Auf der Abschussliste | |
Die Uni-Dozentin Sara Fernández überlebt nur knapp ein nächtliches | |
Attentat. Weil sie den Friedensvertrag mit den Farc begrüßt, hat sie viele | |
Feinde. | |
Indigene in Kolumbien: Angst vor der Doppelkatastrophe | |
Die Indigenen in Kolumbien kämpfen nicht nur gegen das Corona-Virus. Seit | |
fast zwei Wochen brennt die nahe gelegene Sierra. Hilfe bleibt aus. | |
Corona-Isolation in Serbien: Jeder stirbt für sich allein | |
Für Menschen über 65 gilt in Serbien eine Ausgangssperre. Der 91-jährige | |
Holocaustüberlebende Ivan Ivanji macht sich Gedanken über die Maßnahmen. | |
Abrüstung in Kolumbien: Zurück zu den Waffen | |
Kolumbiens Regierung torpediert das Friedensabkommen mit der Guerilla. Aus | |
Frust hat sich eine Splittergruppe jetzt neu bewaffnet. | |
Kommentar Friedensprozess Kolumbien: Eskalation mit Ansage | |
Präsident Duque hat die Gespräche zu Beendigung der Gewalt in Kolumbien | |
beendet. Das ist ein Fehler, den die ganze Gesellschaft tragen muss. | |
Nach Anschlag in Kolumbien: Präsident beendet Dialog mit ELN | |
Kolumbiens Präsident Iván Duque bricht die Friedensgespräche mit der linken | |
ELN-Guerilla ab. Kuba soll nun ELN-Mitglieder ausliefern, weigert sich | |
aber. |