# taz.de -- Ökonomie in der Corona-Krise: Renaissance der Planwirtschaft | |
> Die staatliche Wirtschaftsplanung wurde verteufelt und auf den | |
> Kehrichthaufen der Geschichte verbannt. Nun feiert sie ein verdientes | |
> Comeback. | |
Bild: Wandgemälde am Bundesfinanzministerium in Berlin | |
Mit einem weltweiten Donnergrollen verabschiedete sich die staatliche | |
Planwirtschaft vor 30 Jahren von der Bühne. Mit den nominell | |
sozialistischen Ostblockstaaten verschwand auch deren ausufernde | |
Bürokratie. Der Markt hatte gewonnen und lockte mit bunten Werbetafeln, | |
parfümierter Schokolade und Bananen. Der staatliche Plan wurde nur noch | |
gelegentlich zu Demonstrationszwecken vom Dachboden gezerrt. Ausgemergelt | |
und gespenstisch bleich stand er dann da, um zu illustrieren, wie schlecht | |
es den Menschen gehen würde, wenn andere als die kapitalistischen | |
Marktkräfte Produktion und Konsum miteinander in Einklang brächten. | |
Zweifel an diesem Schauerbild oder doch zumindest der quasireligiösen | |
Verehrung des heiligen Marktes aber werden in Krisenzeiten lauter. Denn | |
tatsächlich darf man nicht erst seit dem Kollaps von 2007 fragen, warum der | |
Kapitalismus, wenn er denn so grandios überlegen ist, [1][ständig mit | |
staatlichen Eingriffen gerettet werden muss]. | |
Die hochspekulativen Mechanismen der Börsen mal beiseite: Der Markt | |
beschert uns doch alle Arten von Konsumgütern in rauen Mengen und zu | |
günstigen Preisen. Angebot und Nachfrage pendeln sich präzise, fast in | |
Echtzeit, aufeinander ein. | |
Außer bei plötzlich [2][steigendem Bedarf an Klopapier]. Oder Mehl. Oder | |
Hefe. Oder Nudeln. Immerhin, das mit den flexiblen Angebotspreisen bei sich | |
ändernder Nachfrage scheint ganz gut zu funktionieren. Der | |
[3][Zwischenhandel für Gesichtsmasken] wird das bestätigen können. Und | |
spätestens genau da, wo es an die grundlegendste Daseinsvorsorge geht, | |
drängt sich der Schluss auf, dass eine staatliche Produktions- und | |
Preiskontrolle vielleicht doch nicht so doof ist. | |
Als wäre es das Natürlichste der Welt, gibt es ja auch keine Probleme, | |
[4][staatlich systemrelevante Berufe zu definieren und deren Arbeitsschutz | |
im Interesse aller aufzuweichen]. Warum sollen solche Eingriffe nicht auch | |
auf der Profitseite möglich sein? Und warum nicht auf Dauer? Die | |
Produktivität würde es zulassen, dass im Normalbetrieb bei großflächiger | |
Steuerung, staatlicher Planung also, Arbeitszeiten verkürzt statt | |
ausgedehnt werden könnten. Fallen die Dividenden halt etwas schmaler aus. | |
Dafür gibt’s Klopapier, wenn man es braucht, DDR-Krepp – rau und reißfest. | |
11 Apr 2020 | |
## LINKS | |
[1] /Corona-Daemmerung-fuer-Neoliberalismus/!5669238 | |
[2] /Klopapier-Mangel-in-Corona-Zeiten/!5670668 | |
[3] https://www1.wdr.de/nachrichten/themen/coronavirus/corona-geschaeft-mit-sch… | |
[4] /Aenderung-des-Arbeitszeitgesetzes/!5674680 | |
## AUTOREN | |
Daniél Kretschmar | |
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