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# taz.de -- Hilfe während Corona: Essen auf Rädern
> Die Ausgabestellen der Berliner Tafel mussten wegen der Corona-Krise
> schließen. Die Hilfe läuft aber trotzdem weiter
Bild: Tüten packen: Ehrenamtliche Helferinnen und Helfer bringen die Lebensmit…
Die meisten der 1.600 Ehrenamtlichen, die sich in Normalzeiten für die
Berliner Tafel und in den Ausgabestellen Laib und Seele engagieren, müssen
zu Hause bleiben: Als Rentner*innen gehören sie zur Corona-Risikogruppe.
Auch fast alle 45 Abholpunkte sind geschlossen, wo sonst 50.000 Berliner
Bedürftige Lebensmitteln erhalten, die sonst im Müll gelandet wären. 900
neue Ehrenamtliche, durchweg Studierende, Schüler und [1][Freiberufler]
haben sich gemeldet, die jetzt die Sortier- und Verteilarbeit übernehmen.
„Wir sind von Anfragen geradezu überrannt worden und brauchen im Moment
keine weiteren Freiwilligen“, sagt Sabine Werth. [2][Sie ist die
Mitgründerin] und ehrenamtliche Vorsitzende der Tafel. Finanzielle
Unterstützung dagegen sei nötig, Spenden hochwillkommen.
Für das Sortieren kann der Verein auf dem Großmarkt in der Beusselstraße im
Moment nicht nur die eigenen Räume nutzen, sondern bekam von der Großmarkt
GmbH eine weitere Halle zur Verfügung gestellt. In angemessenem Abstand
stehen dort nun Tische, auf denen mit Mundschutz und Handschuhen
ausgestattete Freiwillige das angelieferte Gemüse, Obst und Brot sortieren.
Das kommt nicht nur von den 850 Supermärkten, Gaststätten, Produzenten und
Märkten, mit denen die Berliner Tafel auch sonst zusammenarbeitet.
Auf der Abholliste stehen gegenwärtig 1.400 frühere Spender. „Viele Hotels
und Restaurants räumen ihre Lager und Kühlschränke. Nachdem wir in den
ersten Krisentagen deutlich weniger bekommen hatten als sonst, ist es jetzt
irre viel“, berichtet Werth. Als weitere Herausforderung kommt hinzu, dass
etwa die Hälfte ihres 32-köpfigen Teams gegenwärtig im Homeoffice arbeitet.
Doch Werth ist guter Dinge – denn es tun sich neue Möglichkeiten auf: „Es
gibt eine Solidarität von allen Seiten.“ So schickten die Rebel Riders von
Extinction Rebellion der Tafel eine Mail und boten ihre Hilfe an. „Das ging
alles schnell und unkompliziert,“ berichtet Max Reymann von der
Projektgruppe. An vier Wochentagen sind die Radler*innen nun unterwegs, um
bedürftigen Menschen Tüten mit Lebensmitteln vor die Tür zu stellen. Dafür
nutzen sie Lastenräder – die der [3][Verkehrsclub ADFC] kostenlos zur
Verfügung stellt. „Wir hatten einen Aufruf gestartet, dass sich Privatleute
und Organisationen bei uns melden können, wenn sie Lastenräder für
gemeinnützige Zwecke brauchen,“ berichtet Koordinator Thomas Büermann.
## Tüten vor die Türen
Private Nachbarschaftsnetzwerke nutzen inzwischen 30 dieser Gestelle, um
für gefährdete Personen Einkäufe zu erledigen. In den nächsten Tagen will
auch die Obdachlosenhilfe Karuna auf diese Weise Lebensmittel an die
Obdachlosen verteilen. „Ist doch super – alles klimaneutral“, freut sich
Werth. Normalerweise arbeitet die Tafel nicht mit staatlichen Stellen
zusammen, um Abhängigkeiten zu vermeiden. Doch weil es in Notzeiten schnell
gehen muss, hat Werth vor ein paar Tagen beim Senat angeklopft und um
Unterstützung durch das Technische Hilfswerk gebeten.
Kurz danach standen ein Lkw und ein Kastenwagen inklusive vier Fahrern zur
Verfügung, die nun den Fuhrpark der Tafel ergänzen. Sie sammeln die
Lebensmittel ein, bringen sie zum Sortierpunkt und transportieren die
gepackten Tüten anschließend zu den Laib-und-Seele-Standorten.
Die sind in in der ganzen Stadt verteilt in Kirchenräumen untergebracht;
normalerweise gehen Bedürftige selbst dorthin und nehmen die Lebensmittel
mit. Gegenwärtig aber sind nur noch drei Stationen geöffnet. Weil aus
Datenschutzgründen keine Adressen der Kund*innen gespeichert werden, müssen
die sich nun von sich aus melden. Die Registrierung läuft über die
Gemeindebüros. Schon 6.000 Menschen haben in den letzten Tagen angerufen
und wurden danach [4][von den Fahrradkurieren beliefert]. Die klingeln in
der Regel nur kurz und stellen den Essensbeutel dann vor der Wohnungstür
ab.
Vielleicht entwickelt sich da gerade etwas, was auch in Nach-Corona-Zeiten
nützlich sein kann, überlegt Sabine Werth. Schließlich schaffen es manche
alten und gebrechlichen Menschen nicht mehr, selbst zu den
Laib-und-Seele-Ausgabestellen zu kommen. Bisher konnten sie deshalb nicht
von der Tafel profitieren.
8 Apr 2020
## LINKS
[1] /Freiberufler-und-Coronakrise/!5675887&s=homeoffice+berlin/
[2] /Beduerftige-leiden-unter-Corona-Virus/!5670294&s=sabine+werth/
[3] /Archiv-Suche/!5120726&s=AFDC/
[4] /Essenslieferdienste-in-der-Corona-Krise/!5671129&s=fahrradkuriere/
## AUTOREN
Annette Jensen
## TAGS
Berliner Tafel
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deutsche Küche
Elke Breitenbach
Schwerpunkt Coronavirus
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