# taz.de -- Keine Förderung mehr für Beratungsstelle: Neuer Träger gesucht | |
> Niedersachsens Justizministerium beendet die Förderung der | |
> Beratungsstelle RespAct für Betroffene rechter, rassistischer und | |
> antisemitischer Gewalt. | |
Bild: „Verschärfte Gefährdungslage“: Gegen Nazis helfen Sticker leider nu… | |
BREMEN taz | Die [1][niedersächsische Beratungsstelle RespAct] für | |
Betroffene rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt steht vor dem | |
Aus. Ende Juni läuft ihre Förderung durch das Land aus. Bereits Anfang März | |
sei dies den Mitarbeitenden „knapp und ohne weitere Begründung“ mitgeteilt | |
worden, heißt es in einer vor wenigen Tagen gestarteten [2][Online-Petition | |
zum Erhalt von RespAct]. In den ersten fünf Tagen haben über 400 Menschen | |
unterschrieben. | |
Die Förderung der Beratung werde nicht beendet, sagt Christian Lauenstein, | |
Sprecher des niedersächsischen Justizministeriums. „Insbesondere in | |
Anbetracht der verschärften rechtsextremistischen Gefährdungslage sieht das | |
Ministerium die Notwendigkeit, die professionelle Beratung von Betroffenen | |
zu gewährleisten.“ | |
Man suche vielmehr nach einem neuen Träger, der die Opferberatung künftig | |
regionalisiert anbieten soll. Ein [3][entsprechender Förderaufruf] steht | |
seit Ende März auf der Webseite des Landespräventionsrats. „Einen nahtlosen | |
Übergang, damit es keine Lücke in der Betroffenenberatung gibt“, möchte man | |
gewährleisten. | |
Dass es einen anderen Träger brauche als den momentanen Verein Parteiliche | |
Beratung e.V., habe sich aus einer Bewertung der „Qualität von | |
Beratungsangeboten, Standards, Verwaltungsabläufen, Mittelverwendung und | |
Transparenz“ ergeben, erklärt Lauenstein. „Die Einzelheiten wurden | |
gegenüber dem Träger ausführlich kommuniziert“, sagt er weiter zum Vorwurf | |
der Petent:innen. In der Vergangenheit seien zudem die Möglichkeiten | |
erörtert worden, wie die Zusammenarbeit fortgesetzt werden kann – „ohne | |
positives Ergebnis“. | |
Den bundesweiten Trend, „Beratungen für Betroffene rechter, rassistischer | |
und antisemitischer Gewalt aufzulösen hin zu Beratungen für Betroffene | |
jeglicher politischer Gewalt“, vermutet eine Mitarbeiterin als möglichen | |
Grund für die Schließung. „Wir haben schon lange deutlich gemacht: Mit uns | |
nicht.“ | |
Die Sozialwissenschaftlerin, psychosoziale Beraterin und psychosoziale | |
Prozessbegleiterin möchte aufgrund zunehmender Hassnachrichten anonym | |
bleiben. „Ein weiterer Grund für die Schließung könnte darin liegen, dass | |
dem seit 2018 tätigen Vereinsvorstand als auch der Mitarbeitendenschaft | |
schon länger überwiegend Misstrauen in ihrer Arbeit entgegengebracht wird.“ | |
„Ich habe den Eindruck, dass nicht verstanden wurde, dass der Verein keine | |
migrantische Selbstorganisation ist, sondern einer Tätigkeit innerhalb der | |
Mehrheitsgesellschaft nachgeht“, sagt dazu [4][Tsepo Bollwinkel, Initiator | |
der Petition]. Er war zwei Jahre lang als Supervisor für die Mitarbeitenden | |
der Beratungsstelle tätig. Bollwinkel begrüßt, dass die Beratung künftig | |
regionaler aufgestellt werden soll. „RespAct wurde aber in den letzten | |
Jahren permanent daran gehindert, dies zu tun, es gab zu wenig Personal.“ | |
Dass in der Ausschreibung für einen neuen Träger von mehr Geld und drei | |
statt bisher zwei Büros die Rede ist, nahm die Mitarbeiterin ebenso „mit | |
Erstaunen“ zur Kenntnis. „Dafür haben wir immer plädiert.“ Ein weiterer | |
Diskussionspunkt zwischen RespAct und Ministerium war die Unabhängigkeit | |
der Beratungsstelle. Es sei versucht worden, diese aufzuweichen. „Wir | |
wurden angehalten, Herkunft und Geschlecht der Klient:innen zu | |
dokumentieren und das ans Ministerium weiterzuleiten.“ | |
Dabei wollte man so wenig Infos wie möglich sammeln. „Wir haben | |
wissenschaftlich fundiert ans Ministerium zurückgemeldet, warum wir | |
bestimmte Kategorien nicht dokumentieren beziehungsweise weiterleiten.“ | |
Statt auf diese inhaltlichen Stellungnahmen einzugehen, habe das | |
Ministerium dann im nächsten Zuwendungsbescheid die Pflicht | |
festgeschrieben, dies zu tun. „Da waren wir natürlich unbequem, aber aus | |
Schutz für unsere Klient:innen.“ Die Abwicklung sei eine Folge des | |
grundsätzlichen Misstrauens gegenüber der Beratungsstelle, so die | |
Mitarbeiterin weiter. | |
Lauenstein nennt als mögliche Alternative zu RespAct die Stiftung | |
Opferhilfe, angesiedelt beim Justizministerium. Die Mitarbeiterin der | |
Beratungsstelle hält dies für unpassend. „Die haben ein ganz anderes | |
Konzept.“ Die Opferhilfe sei nicht unabhängig und auch nicht aufsuchend. | |
Auch Bullwinkel sagt: „Ich als schwarze Person würde mich im Falle eines | |
Übergriffs niemals an eine Stelle wenden, [5][die Justizministerium in der | |
Mailadresse stehen hat].“ | |
Seit 2017 bietet RespAct kostenlose Beratung, Unterstützung und | |
Empowerment-Angebote für Betroffene von Gewalttaten sowie deren | |
Freund:innen, Angehörige und Zeug:innen. Auch zu juristischem Vorgehen und | |
Möglichkeiten finanzieller Unterstützung informiert die Beratungsstelle. | |
7 Apr 2020 | |
## LINKS | |
[1] http://www.respact-nds.de/ | |
[2] https://www.openpetition.de/petition/online/respact-muss-weiter-arbeiten-ko… | |
[3] https://lpr.niedersachsen.de/nano.cms/news/?XA=details&XID=199 | |
[4] http://tsepo-bollwinkel-empowerment.de/ | |
[5] https://www.opferhilfe.niedersachsen.de/nano.cms/kontakt | |
## AUTOREN | |
Alina Götz | |
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