# taz.de -- Opfer rechter Gewalt in Niedersachsen: Neues Beratungsnetzwerk | |
> Niedersachsen hat ein neues Beratungsnetzwerk für Betroffene rechter | |
> Gewalt. Der Start war nicht problemlos, kritisiert die | |
> Vorgängerinitiative. | |
Bild: Rechte Gewalt in Hannover: Neonazis demonstrieren im November 2019 gegen … | |
BREMEN taz | Niedersachsen stellt seine [1][Beratung für Betroffene rechter | |
Gewalt] neu auf. Zugunsten eines regionalisierten Beratungsnetzwerks – und | |
weil man mit der Arbeit des Vorgängers RespAct in Hannover nicht zufrieden | |
war – werden seit dem 3. Juli drei neue Vereine, verteilt im ganzen | |
Bundesland, gefördert. Insgesamt 150.000 Euro stehen aus Mitteln des Bundes | |
und des Landes für 2020 noch zur Verfügung, 50.000 Euro, und damit rund | |
eineinhalb Stellen, pro Träger. | |
Der [2][Verein Asyl e.V. in Hildesheim] ist zuständig für | |
Süd-Niedersachsen. Weil die beiden Mitarbeiter der Beratung noch anders | |
beschäftigt waren, konnte man sich dort nicht auf die Arbeit vorbereiten, | |
sagt einer der beiden Beschäftigten. Er möchte zum Schutz seiner | |
Privatsphäre anonym bleiben. | |
Zwei weiße Männer mit deutscher Muttersprache beraten in Hildesheim. Das | |
soll sich aber zugunsten von mehr Diversität noch ändern. „Wir wollen eine | |
Frau dabei haben und eine Person, die man sichtbar Migrant*innen zuordnen | |
würde“, sagt der Angestellte, der Sozial- und Religionspädagoge ist. | |
Die ersten Klient*innen seien bereits an das Team herangetragen worden. | |
Hauptsächlich sei man aber damit beschäftigt, Kontakte herzustellen. „Es | |
gibt etliche organisatorische Fragen, auf die wir noch keine Antwort | |
haben.“ Inhaltlich sei die Aufgabe aber klar: den Betroffenen Solidarität | |
vermitteln. | |
Auch der [3][Osnabrücker Verein Exil] e.V. ist noch mit Netzwerkarbeit | |
beschäftigt, plant Auftaktveranstaltungen in allen Landkreisen. Aber auch | |
Fälle werden schon recherchiert. „Wir sind in erster Linie eine aufsuchende | |
Beratung“, sagt Geschäftsführerin Sara Josef. Aus den Medien erfahre man | |
von Betroffenen. „Wir fahren dann hin und fragen die zuständigen Behörden, | |
wie die Polizei, ob sie direkt auf unser Angebot verweisen können“, so | |
Josef. Beide bei Exil beratenden Personen – eine ist weiß, die andere nicht | |
– hätten Erfahrungen mit rechter Gewalt. | |
Den Anfang der Arbeit „hätten sich alle anders gewünscht“, sagt Josef. | |
Unter den gegebenen Umständen klappe es aber bestmöglich. RespAct habe | |
bereits angeboten, die Kontaktdaten der neuen Träger an Betroffene weiter | |
zu tragen. Auch Asyl e.V. beschreibt den Kontakt mit den Ex-Mitarbeitenden | |
von RespAct als unterstützend. | |
In Nienburg, hier sitzt mit dem Christlichen Jugenddorfwerk der dritte | |
Träger, habe man schon einen guten Zugang zum Thema und ein Netzwerk vor | |
Ort, sagt Sven Kühtz. Er ist verantwortlich für den | |
[4][Jugendmigrationsdienst], wo das neue Projekt angebunden ist. Auch er | |
empfindet den Übergang von einer zentralen Beratungsstelle zu drei | |
regionalen Stellen als „holprig“. Um eine gemeinsame Ausrichtung zu finden, | |
treffen sich die Beratenden in dieser Woche erstmals. Man wolle ein Konzept | |
für die Öffentlichkeitsarbeit und für die Falldokumentation entwickeln. | |
Ende Juni hatte RespAct, die bisherige [5][Beratungsstelle für Betroffene | |
rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt in Niedersachsen, dicht] | |
gemacht. Nach drei Jahren Zusammenarbeit habe man „Defizite bei der | |
Bereitstellung und Qualität von Beratungsangeboten sowie bei Standards, | |
Verwaltungsabläufen, Mittelverwendung und Transparenz“ festgestellt, sagt | |
Christian Lauenstein, Sprecher des Justizministeriums. | |
Der ausschlaggebendere Grund sei aber gewesen, die Beratung im Flächenland | |
Niedersachsen künftig breiter aufstellen zu wollen. Lücken in der Beratung | |
oder Kommunikation mit Betroffen habe es beim Übergang in die neue | |
Struktur keine gegeben, sagt er. | |
Das sieht die ehemalige Projektleiterin von RespAct, die anonym bleiben | |
möchte, anders. Man habe Klient*innen nicht weiterverweisen können, sagt | |
sie. Obwohl die Entscheidung über neue Träger erst Ende Juni getroffen | |
wurde, stimme das nicht, entgegnet Lauenstein: Bereits im März habe man die | |
Stiftung Opferhilfe und das Landes-Demokratiezentrum als Übergangsangebote | |
genannt. Mit den Büros der Opferhilfe war man in Kontakt, sagt wiederum | |
die Ex-RespAct-Mitarbeiterin. „Aber nicht alle wollen zu einer Stelle, die | |
beim Justizministerium angegliedert ist.“ | |
Man habe bei der Opferhilfe vergeblich angefragt, ob diese schwarze | |
Berater*innen übernehmen würde, die bei RespAct als Honorarkräfte | |
gearbeitet hatten – für Klient*innen, mit denen kein Beratungsabschluss | |
möglich war, sagt sie. „Es ist traurig, dass wir es nicht geschafft haben, | |
eine Sensibilität dafür aufzubauen, dass die Positionierung von | |
Berater*innen eine Rolle spielt.“ Aufgebautes Wissen und Vertrauen sowie | |
geknüpfte Kontakte gingen so verloren. | |
31 Jul 2020 | |
## LINKS | |
[1] https://www.mj.niedersachsen.de/startseite/aktuelles/presseinformationen/be… | |
[2] http://www.asyl-ev.de/# | |
[3] https://exilverein.de/ | |
[4] https://www.cjd-nienburg.de/unser-angebot/migration/jugendmigrationsdienst-… | |
[5] /Keine-Foerderung-mehr-fuer-Beratungsstelle/!5674546 | |
## AUTOREN | |
Alina Götz | |
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