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# taz.de -- Coronakrise in Brandenburg: Ostprignitz-Ruppin macht zu
> Wie in Mecklenburg-Vorpommern dürfen auch in Neuruppin und Umgebung keine
> Ferienhäuser genutzt werden. Landesregierung schreitet nicht ein.
Bild: Hätte derzeit Probleme mit dem Wandern: Theodor Fontane in Neuruppin
Was in Deutschland Bayern oder Mecklenburg-Vorpommern sind, ist in
Brandenburg der Landkreis Ostprignitz-Ruppin. Am Mittwoch hatte Landrat
Ralf Reinhardt (SPD) die Schotten für seinen Landkreis dicht gemacht. In
einer so genannten [1][„Allgemeinverfügung“] werden ab Samstag sämtliche
touristische Reisen in den Kreis untersagt. „Dazu zählen ausdrücklich auch
nur vorübergehende Kurzaufenthalte zum Beispiel am Wochenende oder
einzelnen Tagen“, heißt es in der Verfügung. Genannt werden unter anderem
Wochenendhäuser, Datschen, Bungalows, Gehöfte, Häuser, Wohnungen sowie
mobile Objekte wie Reisen mit Wohnmobilen, Campinganhängern, Booten und
Hausbooten.
Begründet wird das Verbot, das beliebte Ferienregionen wie Rheinsberg und
Neuruppin betrifft, mit dem Schutz vor dem Coronavirus. „Wir haben im
Vergleich zu anderen Regionen in Brandenburg viele Touristen im Landkreis“,
sagt Britta Avantario, die zuständige Referatsleiterin im Landratsamt in
Neuruppin. „Wir müssen deshalb verhindern, dass über die Ostertage große
Menschenmengen einreisen.“ In der Verfügung selbst heißt es ergänzend, die
Kapazitäten der Intensivmedizin im Landkreis seien sehr gering. Am
Donnerstag gab es in Ostprignitz-Ruppin sieben Coronafälle.
Mit der eigenen Verfügung schert Ostprignitz-Ruppin aus der
[2][landesweiten Verordnung] aus, die die Landesregierung in Potsdam am
Sonntag erlassen hat. Dort wird zwar die Beherbergung von Gästen etwa in
Ferienwohnungen untersagt. Allerdings teilte ein Sprecher des
Coronakrisenstabs des Landes mit, dass diese Regelungen nicht für
Berlinerinnen und Berliner gälten, die in Brandenburg ein eigenes
Ferienhaus bewohnten. Berliner, die in Brandenburg ein Wochenendhaus
besitzen oder pachten, so der Sprecher, dürften es weiterhin aufsuchen.
Auch sei eine Reisebeschränkung nicht vorgesehen, da es in Brandenburg
keine Ausgangssperre gebe.
Doch Landrat Reinhardt orientiert sich lieber an Schwerin als an Potsdam.
In Schwerin hatte die Landesregierung von Mecklenburg-Vorpommern am
vergangenen Donnerstag eine Verordnung erlassen, in der es heißt:
„Touristische Reisen aus privatem Anlass in das Gebiet des Landes
Mecklenburg-Vorpommern sind untersagt. Dies gilt insbesondere für Reisen,
die zu Freizeit- und Urlaubszwecken und zu Fortbildungszwecken unternommen
werden.“ Ausnahmen seien lediglich Personen, die in Mecklenburg-Vorpommern
einen Zweitwohnsitz haben und diesen auch beruflich nutzen. Soll heißen:
Selbst wer in seinem eigenen Wochenendhaus nur ausspannen will, muss
draußen bleiben.
Auch in Ostprignitz-Ruppin gibt es nur wenige Ausnahmen für das
Einreiseverbot. Nicht betroffen seien neben Personen, die ihren ersten
Wohnsitz im Landkreis haben, nur diejenigen mit einem Zweitwohnsitz, die
nachweisen können, „dass dessen Nutzung für die Ausübung einer
erwerbsmäßigen beziehungsweise selbständigen Tätigkeit zwingend
erforderlich ist“. Gleiches gelte für Personen, „die ihrer beruflichen
Tätigkeit im Landkreis nachgehen (erwerbsmäßig bzw. selbständig) und einen
schriftlichen Arbeitsauftrag nachweisen können“.
## „Das ist unverantwortlich“
Unumstritten ist das Vorgehen aus Neuruppin, der Geburtsstadt des Berliners
und Brandenburgers Theodor Fontane, nicht. „Wir beabsichtigen nicht, einen
Alleingang zu machen und Personen mit Zweitwohnsitz nicht mehr in die
Uckermark zu lassen“, sagt eine Sprecherin von Landrätin Karina Dörk (CDU)
in der Uckermark der taz. Noch deutlicher wurde Gernot Schmidt, SPD-Landrat
des Landkreises Märkisch-Oderland. „Dieses Handeln ist unverantwortlich“,
sagte Schmidt den Potsdamer Neuesten Nachrichten. „Wer in einer Krise
verschiedene Menschengruppen aufeinander hetzt, der hat nicht begriffen,
wie eine freiheitlich-demokratische Ordnung funktioniert.“ Auch für den
Landkreis Oberhavel kommt eine Schließung nicht infrage. Das sagte Landrat
Ludger Weskamp dem Inforadio des RBB. Aus dem Landkreis Oder-Spree hieß es,
weitere Maßnahmen als die der Landesregierung seien nicht geplant.
Im Berliner Senat setzt man trotz der neuen Einschränkung weiter auf eine
gemeinsame Regelung mit Brandenburg. „Der Senat ist in kontinuierlicher
Abstimmung mit der Landesregierung Brandenburgs über ein gemeinsames
Vorgehen in der Coronakrise“, sagte Senatssprecherin Melanie Reinsch der
taz. „Entsprechend gibt es in beiden Bundesländern Kontaktbeschränkungen,
aber keine dezidierte Ausgangssperre.“ Die Entscheidung einzelner
Landkreise wolle man aber nicht kommentieren.
Am Donnerstag beschäftigte sich der Coronakrisenstab der Brandenburger
Landesregierung mit dem Alleingang von Ostprignitz-Ruppin. In einer
Pressemitteilung betonte Regierungssprecher Florian Engels dann am
Nachmittag, dass in Brandenburg weiterhin keine Ausgangssperre bestehe.
Auch „im eigenen Besitz befindliche Ferienhäuser oder -wohnungen dürfen
genutzt werden“. Allerdings sollten „nicht notwendige Wege und Fahrten, zum
Beispiel Wochenendausflüge, unterbleiben“.
Gegen den Sonderweg in Ostprignitz-Ruppin wollen Krisenstab und
Landesregierung offenbar nicht vorgehen. Stattdessen teilte
Regierungssprecher Engels mit: „Lokal oder auf Kreisebene können aus
besonderem Anlass anderslautende Festlegungen getroffen werden.“
26 Mar 2020
## LINKS
[1] https://www.ostprignitz-ruppin.de/media/custom/353_8156_1.PDF?1585136071
[2] https://www.landesrecht.brandenburg.de/dislservice/public/gvbldetail.jsp?id…
## AUTOREN
Uwe Rada
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