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# taz.de -- Corona-Bußgeldkatalog: Politik ohne Grundlage
> Immer mehr Länder wollen Corona-Regeln mit Bußgeldern durchsetzen – auch
> Berlin. Doch das ist überflüssig und trifft die Falschen.
Bild: Kommt die Berliner Polizei mit dem Maßband? Der Görlitzer Park bei gute…
Bei der Kindererziehung ist es fast eine Binsenweisheit: Strafen bewirken
nichts. In der Regel führen sie nicht dazu, dass ein Kind einsieht, dass es
falsch gehandelt hat. Stattdessen beschäftigt es sich vor allem damit, was
die Strafe für es selbst bedeutet. Eltern greifen deswegen kaum noch zu
Stubenarrest und Taschengeldentzug.
Im Umgang mit Erwachsenen ist die Gesellschaft längst nicht so weit. Nach
dem Vorpreschen von Nordrhein-Westfalen hat sich nun – neben weiteren
Landesregierungen – auch der Berliner Senat auf die Einführung eines
[1][Bußgeldkatalogs] geeinigt, in der Hoffnung, dass sich Ausgangssperre
und Kontaktbeschränkungen damit noch besser umsetzen ließen. Am Donnerstag
soll er beschlossen werden. Es ist eine dumme Idee.
Das fängt schon damit an, dass die zu anscheinend mit bis zu 500 Euro zu
bestrafenden Sachverhalte, etwa das Nicht-Einhalten des Mindestabstands
oder der Verstoß gegen eine Ausweis-Mitführpflicht, massive
Grundrechtseingriffe darstellen. Vergleichbare Bestimmungen hat es zuvor in
einer demokratisch verfassten Gesellschaft niemals gegeben, JuristInnen
bezweifeln deren rechtmäßige Regelung durch die notdürftig beschlossenen
Verordnungen.
Dazu kommt: Selten waren Verbote unpräziser formuliert. Oder hat schon
jemand final beantwortet, ob es inzwischen erlaubt ist, allein auf einer
Parkbank zu sitzen? Und wer soll beurteilen, ob ein Abstand von 1,5 Metern
eingehalten wurde? Polizisten mit Maßband? Polizeistaat, ick hör dir
trapsen.
## Strafmöglichkeiten gibt es bereits
Statt zu erklären, warum diese oder jene Maßnahme geeignet sein soll, die
Ausbreitung des Coronavirus zu bekämpfen, greifen die Regierenden zu
Strafen. Wieso eigentlich? Weil die Vorgaben bislang nicht eingehalten
wurden? Wirklich? Die vollen Parks am Wochenende sind dafür jedenfalls kein
Indiz. Oder weil es bislang keine Strafmöglichkeiten gab, etwa für
Restaurants, die trotzdem ihre Türen öffneten? Dem ist nicht so.
Ein Indiz, dass die kontaktbeschränkenden Maßnahmen sehr wohl eingehalten
werden, ist dagegen die abflachende Kurve der Neuinfektionen. In der
vergangenen Woche sank der tägliche Anstieg bundesweit auf durchschnittlich
12,4 Prozent, nach 21,4 Prozent in der Vorwoche. Dass jetzt Bußgeldkataloge
in Kraft treten, ist Politik ohne Grundlage – besonders in der Innenpolitik
ein bekanntes Muster.
Während die gehorsamen Besserwisser sich zu Hause die Hände reiben, werden
die Strafen vor allem Benachteiligte treffen. Menschen, die kein Zuhause
haben, in dem sie sich die Hände reiben könnten, Flüchtlinge ohne Ausweis.
Bestraft wird, wer nicht ausreichend informiert ist – weil ihm der Zugang
zu Informationen oder Deutschkenntnisse fehlen. Die Bestraften werden sich
dann vor allem fragen, was die Strafe für sie selbst bedeutet. Für die
wenig Privilegierten steht die Antwort schon fest: eine Verschlimmerung des
finanzielles Desasters, das die Krise jetzt schon ist.
Die einzigen, die Taschengeldentzug verdient haben, sind jene, die uns
Bußgelder als Lösung verkaufen.
31 Mar 2020
## LINKS
[1] /-Corona-News-vom-3103-/!5675699&s=Bu%C3%9Fgeldkatalog/
## AUTOREN
Erik Peter
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