# taz.de -- Europäischen Gerichtshof und Ungarn: Klare Rechtsverletzung | |
> Budapest hat gegen die Wissenschaftsfreiheit verstoßen, als es gegen die | |
> Central European University vorging. Das besagt ein Gutachten. | |
Bild: Plakatkampagne Fidesz-Regierung gegen die EU und George Soros 2019 | |
LUXEMBURG taz | Ungarn hat Europa- und Völkerrecht verletzt, als es die | |
Central European University (CEU) von [1][Mäzen George Soros] mit | |
unverhältnismäßigen Vorgaben aus Ungarn vertrieb. Zu diesem Schluss kam nun | |
die unabhängige Generalanwältin Juliane Kokott in einem Verfahren vor dem | |
Europäischen Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg. | |
Die [2][CEU] wurde 1991 gegründet, in New York registriert und maßgeblich | |
vom US-Investor und Mäzen George Soros finanziert. Sie soll den Aufbau | |
demokratischer und offener Gesellschaften in Osteuropa fördern. Die rund | |
1200 Masterstudierenden und Doktoranden kamen zu je einem Drittel aus | |
Ungarn, dem ehemaligen Ostblock und dem Rest der Welt. Der Lehrbetrieb in | |
Budapest fand in englischer Sprache statt. | |
Soros wird in Ungarn allerdings als eine Art Staatsfeind betrachtet. | |
Ministerpräsident Victor Orban unterstellt ihm alle möglichen finsteren | |
Pläne, insbesondere die „Überflutung“ der EU mit Flüchtlingen. Als Ungarn | |
im April 2017 sein Hochschulgesetz verschärfte, war klar, dass damit vor | |
allem die CEU von Soros drangsaliert werden sollte. Kritiker sprachen | |
deshalb von einer „Lex CEU“. | |
Ausländische Universitäten sollten nur dann weiter einen Lehrbetrieb in | |
Ungarn unterhalten können, so das Gesetz, wenn sie zwei neue Bedingungen | |
erfüllen. Zum einen müsse die Uni auch in ihrem Heimatland einen | |
Lehrbetrieb anbieten. zum anderen müsse ein Vertrag zwischen Ungarn und dem | |
Heimatstaat der Uni geschlossen werden. So sollen unsolide oder gar | |
betrügerische ausländische Lehr-Angebote verhindert werden, lautete die | |
offizielle Begründung. | |
## Verlegung nach Wien | |
Von sechs ausländischen Unis in Ungarn konnte nur die CEU diese Bedingungen | |
nicht erfüllen. Zwar schloss die CEU einen Kooperationsvertrag mit dem Bard | |
College in New York, so dass sie nun auch einen Lehrbetrieb in den USA | |
vorweisen kann. Außerdem hat der Staat New York nach Darstellung der CEU | |
ein Abkommen mit Ungarn ausgehandelt. | |
Orban weigere sich aber, das Abkommen zu unterzeichnen. Die CEU hat daher | |
beschlossen, bis 2025 ihren Betrieb vollständig von Budapest nach Wien zu | |
verlegen. 2019 begann in Wien-Favoriten der Studienbetrieb. | |
Die EU-Kommission hat wegen der Lex CEU allerdings ein | |
Vertragsverletzungsverfahren gegen Ungarn eingeleitet. Die Schlussanträge | |
von Generalanwältin Kokott – eine Art Gutachten – bereiten das Urteil des | |
EuGH vor. | |
Kokott sieht durch das ungarische Gesetz unter anderem die Europäische | |
Grundrechtecharta verletzt. Die neuen Anforderungen an ausländische | |
Hochschulen seien unverhältnismäßige Eingriffe in die Wissenschaftsfreiheit | |
sowie in das Recht, Hochschulen zu gründen und zu betreiben. | |
## Handelsabkommen verletzt | |
Eine solide Ausbildung könne auch anders als durch einen Campus im | |
Herkunftsstaat nachgewiesen werden. Außerdem gebe das Erfordernis eines | |
Vertrags mit dem Herkunftsstaat Ungarn letztlich freie Hand, über den | |
Betrieb einer Universität zu entscheiden. Schließlich könne Ungarn ganz | |
frei entscheiden, ob es einen derartigen Vertrag unterzeichnet oder nicht. | |
Die Generalanwältin stützte ihr Votum auch auf eine Verletzung des | |
GATS-Handelsbkommens (General Agreement on Trade in Services). Daraus | |
folge, dass inländische und ausländische Universitäten gleich behandelt | |
werden müssen. | |
Ungarn hatte zwar reklamiert, dass die Kommission ein | |
Vertragsverletzungsverfahren nur zur Durchsetzung von EU-Recht nutzen kann, | |
nicht zur Durchsetzung von Völkerrecht. Laut Kokott ist das GATS-Abkommen | |
durch Beitritt der EU aber auch zu EU-Recht geworden. Das Urteil des EuGH | |
wird in einigen Wochen oder Monaten verkündet. (Az.: C-66/18) | |
5 Mar 2020 | |
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## AUTOREN | |
Christian Rath | |
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