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# taz.de -- Getöteter Feuerwehrmann in Augsburg: Bloße Anwesenheit nicht stra…
> Das Verfassungsgericht hat die Untersuchungshaft für einen Augsburger
> beanstandet. Er war 2019 beim tödlichen Angriff auf einen Feuerwehrmann
> dabei.
Bild: Grablichter als Zeichen der Solidarität
Karlsruhe taz | Rüffel für die bayerische Justiz: Der 17-jährige Augsburger
Alessio L. saß zu Unrecht in Untersuchungshaft. Das entschied jetzt eine
Kammer des Bundesverfassungsgerichts und gab L.s Verfassungsbeschwerde
statt.
Alessio L., der eine Lehre als Speditionskaufmann macht, war anwesend, als
im Dezember ein Augsburger Feuerwehrmann aus einer Gruppe junger Männer
heraus [1][mit tödlicher Wucht geschlagen wurde]. Ob L. sich dabei strafbar
gemacht hat, war und ist hoch umstritten.
Der 49-jährige Roland S., Mitglied der Augsburger Berufsfeuerwehr, war mit
seiner Frau und einem befreundeten Paar auf dem Rückweg vom Augsburger
Weihnachtsmarkt, als er auf die Gruppe der sieben jungen Männer traf. Nach
kurzem Geplänkel schlug der mutmaßliche Haupttäter Halid S. den
Feuerwehrmann mit so großer Wucht gegen den Kopf, dass eine Ader riss und
der Mann sofort starb.
Die Tat hat damals für große Aufregung gesorgt. „Ein friedfertiger Bürger
wurde totgeschlagen, schlichtweg totgeschlagen“, erklärte
Bundesinnenminister Horst Seehofer empört. Als Täter ermittelte die
Staatsanwaltschaft sieben junge Männer, alle mit Migrationshintergrund, die
meisten aber mit deutscher Staatsbürgerschaft.
## Der Entscheidung des OLG fehle „Begründungstiefe“
Die Staatsanwaltschaft erwirkte Haftbefehle gegen alle sieben Männer. Die
Tat von Halid S. wurde als Totschlag eingestuft, die anderen sollen
Beihilfe geleistet haben.
Das Landgericht Augsburg hob kurz darauf sechs Haftbefehle wieder auf, nur
Halid S. musste in Haft bleiben. Eine weitere Woche später setzte das
Oberlandesgericht (OLG) München alle Haftbefehle wieder in Kraft.
Das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe stützte sich nun stark auf die
Schilderung des Landgerichts, die auf Zeugenaussagen und Videoaufnahmen
beruhte. Danach habe Alessio L. den Feuerwehrmann nach einer Zigarette
gefragt. Dieser hatte brüsk „Schnauze“ geantwortet, Entgegnung von L.:
„Was, wieso Schnauze?“ Dann fragte der Feuerwehrmann, ob L. ihn anpöbeln
wolle und schubste L. von sich fort. In diesem Moment traf ihn der tödliche
Faustschlag von Halid S. Gegen L. liege demnach kein dringender Tatverdacht
einer strafbaren Handlung vor, so das Landgericht.
Das OLG warf dem Landgericht daraufhin vor, es zerlege den Sachverhalt in
individuelle Handlungen und berücksichtige nicht den gruppendynamischen
Charakter der Situation. Die Gruppe sei provozierend und bedrohlich
aufgetreten.
Das Bundesverfassungsgericht rügte nun das OLG. Seinem Beschluss fehle die
erforderliche „Begründungstiefe“. Es werde weder deutlich, welchen
Tatbeitrag Alessio L. geleistet haben soll, noch woraus sich ein Vorsatz
bezüglich des tödlichen Faustschlags ergeben könnte. Die bloße körperliche
Anwesenheit am Tatort sei nicht strafbar. Dass das Landgericht den
Sachverhalt in individuelle Handlungen der Beschuldigten „zerlegt“ hat, sei
nicht verfehlt, sondern sogar rechtlich geboten.
Alessio L. wurde noch am Dienstag aus der U-Haft entlassen. Die Karlsruher
Entscheidung beschäftigt sich zwar nur mit Fall von Alessio L., sein Anwalt
Felix Dimpfl geht aber davon aus, dass nun auch Haftbeschwerden anderer
Beteiligter Erfolg haben könnten.
11 Mar 2020
## LINKS
[1] /Videoueberwachung-im-Alltag/!5661434/
## AUTOREN
Christian Rath
## TAGS
Augsburg
Feuerwehr
Tötungsdelikte
Verfassungsgericht
Augsburg
Schwerpunkt Flucht
Dietmar Hopp
Central European University
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