# taz.de -- Kampf gegen Corona: Stillstand für Europa | |
> So schnell wie möglich muss das öffentliche Leben noch weiter | |
> eingeschränkt werden. In gut einer Woche hat Deutschland italienische | |
> Zustände. | |
Bild: Die Autobahn in Brandenburg ist komplett leer, nachdem Polen die Grenzen … | |
Kneipen müssen schließen, Veranstaltungen sind abgesagt, bundesweit werden | |
in den nächsten zwei Tagen so gut wie alle Schulen und Kitas ihre Pforten | |
schließen. Wer gestern noch dachte, die Ausbreitung des [1][Coronavirus] | |
betreffe vor allem das ferne China mit seinem fragwürdigem Regime oder ein | |
so chaotisch geführtes Land wie Italien, dürfte jetzt eines Besseren | |
belehrt werden. Deutschland erlebt die drastischsten Einschnitte seit der | |
Ölkrise von 1973. Trotzdem reicht es noch immer nicht. | |
Alle jetzt getroffenen Maßnahmen werden sich in den Fallzahlen frühestens | |
in neun Tagen widerspiegeln. So lange dauert es, bis jemand, der sich heute | |
ansteckt, krank wird und ein positives Laborergebnis zurückbekommt. | |
Vorläufig werden wir also weiter einen steilen Anstieg der Fallzahlen | |
sehen. Bislang zählten wir alle zwei bis drei Tage eine Verdopplung. | |
Bei aktuell rund 5.000 bestätigten Corona-Fällen in Deutschland wird die | |
Zahl dann auf über 40.000* steigen, was ziemlich genau italienischen | |
Verhältnissen entspricht. Deutschland mag zwar über einige Tausend | |
[2][Intensivpflegebetten] mehr verfügen als Italien, doch schon beim | |
medizinischen Personal könnte es ähnlich eng werden. Denn Ärzte und | |
Pflegekräfte gab es schon vor dieser Krise zu wenig. Auch das deutsche | |
Gesundheitssystem wird in den nächsten Wochen dramatisch an seine Grenzen | |
stoßen. | |
Um es nicht noch weiter zu überfordern, bedarf es daher dringend weiterer | |
drastischer Maßnahmen. Der private Reiseverkehr sollte komplett | |
eingestellt, der Nahverkehr auf ein Minimum reduziert werden. Fabriken und | |
Betriebe, die für die Grundversorgung in den kommenden Wochen nicht | |
dringend benötigt werden, sowie Geschäfte sollten schließen, Restaurants | |
nur noch der Außerhausverkauf erlaubt werden. | |
Damit die Versorgung nicht zusammenbricht, müssen Lebensmittelgeschäfte, | |
Apotheken und Arztpraxen weiter geöffnet bleiben. Ansonsten muss eine | |
weitgehende Ausgangssperre, wie es jetzt schon in [3][Italien und Spanien] | |
der Fall ist, verhängt werden. Vielleicht brauchen wir nicht gleich | |
chinesische Verhältnisse, wo Ordnungskräfte Menschen auf der Straße | |
regelrecht gejagt haben. Trotzdem stellen derartige Maßnahmen einen | |
massiven Eingriff in unsere Persönlichkeitsrechte dar. | |
So oder so werden wir in den nächsten Wochen wirtschaftliche Einbußen | |
erleben, und wir werden auf liebgewonnene Gewohnheiten verzichten müssen. | |
All das dient keineswegs nur dazu, alte und kranke Menschen, zu schützen, | |
sondern uns alle. Wird die Ausbreitung des Virus in den kommenden Wochen | |
nicht erheblich verlangsamt, gerät jeder von uns, der auf medizinische | |
Hilfe angewiesen ist, in Lebensgefahr. | |
Auf die nächsten Tage kommt es an. Je länger wir zögern, desto dramatischer | |
wird es für unser Gesundheitssystem und damit für uns. Deswegen: Shutdown | |
Europa, jetzt sofort! | |
* In einer früheren Version stand dort 15.000, wir bitten den Rechenfehler | |
zu entschuldigen. | |
16 Mar 2020 | |
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## AUTOREN | |
Felix Lee | |
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