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# taz.de -- Die Wahrheit: Im Namen der Hodenfee
> Lange wurden Flora und Fauna mit albernen Bezeichnungen verhöhnt. Doch
> nun gilt endlich das Gute-Namens-Gesetz.
Bild: Ständig wurde das bedauernswerte Warzenschwein an seine Geschwulste erin…
Mobbing ist generell eine Schweinerei. Wenn aber die Schwächsten der
Schwachen gemobbt werden, so ist das eine bodenlose Schweinerei. Und die
Schwächsten der Schwachen sind kleine Tiere und hilflose Pflanzen, die sich
nicht gegen die groben und inhumanen Menschen wehren können.
Die Verächtlichmachung unschuldiger Wesen durch den Menschen ist leider
universell und fängt bei der Namensgebung an. Für diese sind „objektive“
Wissenschaftler zuständig, und diese feinen Herrschaften nutzen ihre Macht
ohne Hemmungen aus.
Ihr ätzender Tier- und Pflanzenhass spiegelt sich in der langen „Liste der
Schande“ wider, die die schier endlose Reihe der diskriminierenden Tier-
und Pflanzennamen aufführt.
## Stolz und Selbstbewusstsein
Wovon hier die Rede ist, sollen nur einige besonders widerwärtige Beispiele
belegen: Harmlose Pflanzen werden Wasserpest, Bucklige Wasserlinse und
Knöterich getauft, kleine unschuldige Tier gar Sackspinne, Schnauzenfalter
oder Buckelspinne. Da werden im vermeintlich wertfreien Reich der
Wissenschaft unverhohlen Lebewesen behindertenfeindlich und mit verächtlich
machenden Attributen diskriminiert!
Doch es naht Besserung und Wiedergutmachung durch das Gute-Namens-Gesetz,
das jegliche negative Zuschreibung bei der Namensgebung verbietet. Es wurde
eine verbale Eingreifgruppe ins Leben gerufen, die Glüko
(Glückliche-Namens-Kommission), die sich zur Aufgabe gemacht hat, die Tiere
und Pflanzen mit diskriminierenden Namen umzutaufen. Die neuen
Bezeichnungen sollen die bemitleidenswerten ehemaligen Parias der Flora und
Fauna mit Stolz und Selbstbewusstsein erfüllen.
Die vormalige Wasserpest heißt jetzt Glückselige Wasserfreude, die Bucklige
Wasserlinse wurde in Verwandtschaftslinse umgenannt und der Trughecht in
Listiger Hecht. Die despektierliche Sackspinne wurde zur Hodenfee und der
Palmendieb darf nur noch Mutmaßlicher Palmendieb genannt werden.
## Problem Schweinehund
Grundsätzlich wurden beleidigende Tiernamen wie Ratte, Schwein und Zecke
gestrichen oder positiv aufgeladen. Die Ratte wurde zur Großen Kuschelmaus
und die Zecke zur Schwer-auf-Zacke. Aufgewertet wurde das Schwein zum
Glücksschwein, das Meerschweinchen zum Viel-mehr-Schweinchen und das
Warzenschwein heißt jetzt Glücksschwein mit Hautirritationen. Die gemeine
Schmeißfliege wurde zur Großen Wurffliege und die Fleckenhyäne zur
Steppenhygiene. Die kleine Wanze heißt jetzt Funze (sprich Fanze) und der
problematische Schweinehund wurde zum inneren Rüsselrüden.
Der Grindwal heißt nunmehr Lindwal und sein Vetter, der Buckelwal, schwimmt
jetzt als Imposanter Rückenmuskelwal durch die Weltmeere. Und der weiße
Wal? Wird nicht länger von gewissenlosen Ahabisten als Mobbi Dick gemobbt.
Der weiße Pottwal nennt sich jetzt zufrieden Pokalwal.
In einem besonderen Fall bekam die empfindliche Mimose von der
Namenskommission ihren ursprünglichen Namen zurück: Schamhafte Sinnpflanze.
Was für ein empfindsamer, nachdenklich machender Name für eine Pflanze!
Nur der Lindwurm wurde zum Grindwurm zurückgestuft, er ist aber auch zu
widerwärtig!
14 Mar 2020
## AUTOREN
Kriki
## TAGS
Tiere
Diskriminierung
Pflanzen
Rhetorik
Redakteur
Kinderbücher
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DC Comics
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