| # taz.de -- Der Vatikan und der Holocaust: Akteneinsicht zu Pius XII. | |
| > Historiker dürfen erstmals das päpstliche Archiv aus der Zeit des | |
| > Holocaust einsehen. Hat Papst Pius XII. alles getan, um Italiens Juden zu | |
| > retten? | |
| Bild: Bald wissen wir mehr über seinen Haltung zur Judenverfolgung: Undatierte… | |
| ROM taz | War er nun ein stiller Gegner der Nazis oder aber einer, der sich | |
| öffentlich nicht positionieren mochte, weil ihm allein das Wohl der | |
| katholischen Kirche am Herzen lag? Am Montag öffnete der Vatikan die Akten | |
| Pius XII., des Papstes, der akkurat vor 81 Jahren, am 2. März 1939, in sein | |
| Amt gewählt wurde. | |
| Der Papst, der vor der [1][Judenverfolgung] die Augen schloss: Diese Sicht | |
| verbreitete 1963 Rolf Hochhuth mit seinem Theaterstück „Der | |
| Stellvertreter“. Durfte man Hochhuth glauben, so zog es Pius XII. im | |
| Angesicht der Deportation von mehr als 1.000 Juden aus Rom vor, | |
| wegzuschauen und das Verbrechen schweigend hinzunehmen. Wie Pontius Pilatus | |
| habe der Pontifex maximus seine Hände in Unschuld gewaschen, geleitet von | |
| dem Ansinnen, Hitler durch Protest oder auch durch eine diplomatische | |
| Intervention bloß nicht zu provozieren. | |
| Quer durch Europa sorgte das Stück für Streit, in Italien wurde es gar nur | |
| einen Tag nach der Erstaufführung polizeilich verboten. Doch gegen die | |
| Sicht Hochhuths steht die These, vertreten von Vatikan-nahen Historikern, | |
| der Papst habe ebenso wenig wie die alliierten Mächte der | |
| Anti-Hitler-Koalition gesicherte Informationen über die Judenvernichtung | |
| gehabt. | |
| Erst Weihnachten 1942 äußerte er sich öffentlich, sprach von seiner Sorge | |
| um die „Hunderttausenden, die ohne eigenes Verschulden, bisweilen nur | |
| aufgrund ihrer Nationalität oder Rasse dem Tod oder der Vernichtung | |
| preisgegeben sind“. Er vermied es, die Täter – Nazi-Deutschland – oder d… | |
| Opfer, die Juden, zu benennen. | |
| ## Zwei divergierende Darstellungen | |
| Mehr als verhalten reagierte Pius XII. auch am 16. Oktober 1943, als 1.023 | |
| Juden aus Rom in die Vernichtungslager verschleppt wurden. Öffentlich erhob | |
| er seine Stimme nicht, er ließ nur seinen Kardinalstaatssekretär beim | |
| Vatikanbotschafter Deutschlands, Ernst von Weizsäcker, Protest einlegen. | |
| Pius’ Befürworter verweisen dagegen darauf, dass er selbst wenige Tage nach | |
| der Razzia in Rom angeordnet habe, alle Juden in Italien in Klöstern und | |
| anderen Einrichtungen zu verstecken. Tausende Juden seien so gerettet | |
| worden. Der Rabbi David Dalin wünscht sich sogar, Pius XII. möge als | |
| „Gerechter unter den Völkern“ in Israel gewürdigt werden. | |
| Klarheit erhoffen sich nun die Historiker, die in den nächsten Monaten und | |
| Jahren auf Anmeldung ins Vatikanarchiv dürfen, aus den Akten der | |
| Kriegsjahre. Es wird sich herauskristallisieren, was die Kurie effektiv | |
| über die Judenverfolgung wusste und wie sie ihr Vorgehen festlegte. | |
| Interessant dürften jedoch auch Akten aus der unmittelbaren Nachkriegszeit | |
| sein, als wichtige Vertreter des Vatikans eine zentrale Rolle bei der | |
| Evakuierung von Nazi-Verbrechern Richtung Lateinamerika spielten. | |
| Auch hier stellt sich die Frage: Was wusste Pius XII. von dem Wirken | |
| hochrangiger Geistlicher wie des österreichischen Bischofs Alois Hudal, der | |
| in Rom das deutsche Priesterkolleg leitete und nach 1945 die „Rattenlinie“ | |
| Richtung Südamerika organisierte? | |
| 2 Mar 2020 | |
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| ## AUTOREN | |
| Michael Braun | |
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