| # taz.de -- Nachruf auf Dramatiker Rolf Hochhuth: Den Vorhang zerrissen | |
| > Vom wichtigen Theateraufklärer in der Nachkriegszeit wurde Rolf Hochhuth | |
| > zum starrsinnigen Wutbürger. Nun ist er in Berlin gestorben. | |
| Bild: Der Dramatiker Rolf Hochhuth 2009 in der Berliner Akademie der Künste. | |
| Am Ende war sein Ruhm der eines Starrkopfs und Querulanten. Regelmäßig | |
| legte sich [1][Rolf Hochhuth mit Claus Peymann] an, Intendant des Berliner | |
| Ensembles, das Hochhuth über die Ilse-Holzapfel-Stiftung gehörte. Er | |
| wollte, dass sein Stück „Der Stellvertreter“ auf den Spielplan gesetzt | |
| werde. Das Landgericht Berlin wies ihn zurück. Der Streit wiederholte sich, | |
| Hochhuth war schon über 80 Jahre alt. | |
| Schmunzelnd nahm die Theateröffentlichkeit dies wahr, gerieten hier doch | |
| zwei aneinander, die sich in nichts nachstanden im Festhalten an einem | |
| heroischen und widerständigen Selbstbild. Auf den Barrikaden sahen sich | |
| beide auch Jahrzehnte, nachdem sie dort wirklich agiert hatten. Aber | |
| eigentlich war diese Komödie eine Tragödie. | |
| ## Er löste Debatten aus | |
| Wie meine älteren Schwestern und ihre Freunde über Rolf Hochhuth mit | |
| Anerkennung, Bewunderung und Respekt redeten, in den 60er Jahren, erinnere | |
| ich noch. Er zerriss den Vorhang, der in Deutschland gern vor die | |
| faschistische Vergangenheit gehängt wurde. Sein Stück „Der Stellvertreter�… | |
| 1963 von Erwin Piscator in Berlin uraufgeführt, führte mitten hinein in die | |
| Vernichtung der Juden, mit Monologen von Frauen, Männern und Kindern, die | |
| in einem Zug sitzen, der ins Todeslager rollt. | |
| Das Stück kritisierte die Rolle der katholischen Kirche, ihren mangelnden | |
| Widerstand gegen den Nationalsozialismus. Die Premiere in Berlin war eine | |
| Sensation und löste eine Debatte über die Vergangenheit aus, nicht nur in | |
| Deutschland, auch international. | |
| Hochhuth, 1931 geboren und in der NS-Zeit aufgewachsen, schrieb den | |
| „Stellvertreter“ mit 26. Das Thema des Umgangs mit der deutschen Geschichte | |
| verfolgte er weiter in dokumentarischen Stücken. Seine Recherchen zum Drama | |
| „Die Juristen“ über die Rolle von Hans Filbinger als früherer Nazi-Richter | |
| führten 1978 zu dessen Rücktritt als Ministerpräsident von | |
| Baden-Württemberg. Vom CSU-Chef Franz Josef Strauß wurde er deshalb zu den | |
| „Ratten und Schmeißfliegen“ gezählt. | |
| Allein sein Gespür für die kritischen Stoffe bedeutete nicht immer gut | |
| geschriebene Stücke. Dass größere Theater ihn nicht mehr spielen wollten, | |
| kränkte ihn. [2][Er selbst ging unkalkulierbare Allianzen] ein, als er etwa | |
| in Interviews den britischen Publizisten und Holocaust-Leugner David Irving | |
| zu verteidigen begann. Seinem politischen Instinkt war nicht mehr zu | |
| trauen. Mit 89 Jahren ist er nun in Berlin gestorben. | |
| 14 May 2020 | |
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| ## AUTOREN | |
| Katrin Bettina Müller | |
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