| # taz.de -- Album von Move D + Benjamin Brunn: Zwei Hirne, ein Klanguniversum | |
| > Das Elektronik-Album „Let's Call It a Day“ von Move D und Benjamin Brunn | |
| > wird vom Hamburger Label Smallville erneut veröffentlicht. | |
| Bild: Dinos sind ausgestorben, die Musik lebt weiter: das von Stefan Marx gesta… | |
| Als Julius Steinhoff seinen Lebensmittelpunkt Anfang der nuller Jahre von | |
| Freiburg nach Hamburg verlegte, lag die Musikindustrie am Boden. Steinhoff, | |
| damals Anfang 20, wollte dem Abwärtstrend etwas entgegensetzen und | |
| eröffnete einen Plattenladen. Eine wichtige Rolle dabei spielte das | |
| Dancefloor-Album „Let’s Call It a Day“. Produziert von David Moufang (Move | |
| D) und Benjamin Brunn. Zuerst 2006 veröffentlicht, lief dessen Musik in dem | |
| gerade von [1][Steinhoff] zusammen mit Peter Kersten und Stella Plazonja | |
| eröffneten „Smallville Records“ auf St. Pauli rauf und runter. | |
| Als Reminiszenz an diese stilbildende Zeit wird „Let’s Call It a Day“ nun | |
| erneut veröffentlicht, neugemastert und mit einem neuen, von dem Grafiker | |
| Stefan Marx versehenen Artwork, erscheint es erstmals auf Vinyl. So | |
| schließt sich ein Kreis, denn das Werk von Moufang und Brunn lief damals | |
| nicht nur in Dauerschleife, es stammt auch aus der gleichen Session wie | |
| „Songs from the Beehive“, die allererste Veröffentlichung des Labels | |
| Smallville Records, was kurze Zeit später von Steinhoff gestartet wurde. | |
| Da hatten sich [2][Kersten] (alias Lawrence, Mitgründer von Dial Records) | |
| und Plazonja, die ebenfalls auf Erfahrung in der Musikindustrie (bei den | |
| Indielabels Lado und Yo! Mama) bauen konnte, schon verabschiedet. Seither | |
| führt Steinhoff Smallville Laden und Label mit Just von Ahlefeld in | |
| Eigenregie. Damals wie heute bleibt eines gleich: Die Musik von „Let’s Call | |
| It a Day“ von Move D und Benjamin Brunn ist genauso inspirierend. | |
| Luftig und freundlich klingt diese elektronische Tanzmusik, lädt ein zum | |
| genauen Zuhören – ein Aspekt, der ein gutes Album groß macht und ein | |
| bereits veröffentlichtes Werk zeitlos erscheinen lässt. Man hört die Musik, | |
| die sich zwischen den Koordinaten Ambient, Dub und House bewegt, als | |
| Ganzes einmal und vergisst sie nie mehr. Darüber hinaus kann jeder der | |
| sieben Tracks auch für sich bestehen. Jede Frequenz, jeder Rhythmus, jeder | |
| Richtungswechsel von Moufang und Brunn ist mit Bedacht gesetzt, ergibt | |
| Sinn. | |
| ## Luftig und freundlich | |
| Der Klangkosmos auf „Let’s Call It a Day“ ist so weltumarmend wie der | |
| inzwischen legendäre Monolog des im Apfelhain stehenden [3][Moufang] in | |
| dem Dokumentarfilm „Denk ich an Deutschland in der Nacht“ (2017) von | |
| Romuald Karmakar. In jener Szene erklärt der Heidelberger Künstler aus dem | |
| Stegreif, wie elektronische Musik mit dem Universum zusammenhängt. Und so | |
| funktioniert auch „Let’s Call It a Day“, die Musik ist mit dem Blick fürs | |
| Detail entwickelt und doch fürs große Ganze steht. | |
| Wie sich Moufang bei „Let’s Call It a Day“ einbringt, so hat er es immer | |
| schon in seinem fast drei Jahrzehnte umspannenden Œuvre gemacht. Das | |
| Duo-Album mit dem Hamburger Porduzentenkollegen Benjamin Brunn ist ein | |
| Universum für sich, in dem es viel Klang zu entdecken gibt, es sich darin | |
| zu verlieren gilt. In der Summe, aber auch den einzelnen Teilen. | |
| Wie etwa in dem fröhlichen Geplucker des Auftakts „On the Magic Bus“ und in | |
| dem mit bizarren Drone-Sounds beladenen „Grains“ und vor allem in dem | |
| Moment, in dem man überraschend feststellt, dass diese beiden so | |
| unterschiedlichen Stücke direkt aufeinanderfolgen. Brunn und Moufang | |
| laufen auf dieser ersten von mehreren Zusammenarbeiten zur Höchstform auf, | |
| sie packen die Hörer:Innen immer wieder aufs Neue, sie entwickeln mit | |
| „Let’s Call It a Day“ einen unwiderstehlichen Sog, das gelingt jedem Track | |
| immer aufs Neue. Das Album blieb bei seiner Erstveröffentlichung 2006 eher | |
| unter dem Radar, seine Wiederveröffentlichung auf Smallville sollte nun für | |
| späte, aber verdiente Aufmerksamkeit sorgen. | |
| 2 Mar 2020 | |
| ## LINKS | |
| [1] /Debuet-von-House-Produzent-Steinhoff/!5037433 | |
| [2] /Neues-Album-von-DJ-Lawrence/!5056966 | |
| [3] /Musikdoku-im-Kino/!5405978 | |
| ## AUTOREN | |
| Kevin Goonewardena | |
| ## TAGS | |
| Hamburg | |
| St. Pauli | |
| Plattenladen | |
| Generalstreik | |
| Arbeit | |
| House | |
| House | |
| ## ARTIKEL ZUM THEMA | |
| Französisch-Deutsche Experimentalmusik: Weiter an der Seele feilen | |
| „Jours de Grève“ heißt das Album des Produzenten Detlef Weinrich und der | |
| Folkkünstlerin Emmanuelle Parrenin. Es besticht durch Willen zum | |
| Experiment. | |
| Debütalbum von Die Arbeit: Orientierung gesucht | |
| Grober Klotz: „Material“, das Debütalbum der jungen Dresdner | |
| Post-Punk-Noiseniks Die Arbeit, besticht durch Stilwillen und Textdetails. | |
| Musikdoku im Kino: Geist in der Maschine | |
| Fünf DJs und eine ideale Tonspur: Davon handelt Romuald Karmakars filmische | |
| Dokumentation „Denk ich an Deutschland in der Nacht“. | |
| Debüt von House-Produzent Steinhoff: Schwarmverhalten im Club | |
| Julius Steinhoff betreibt den Hamburger Plattenladen Smallville. Jetzt | |
| veröffentlicht er mit „Flocking Behaviour“ ein großartiges Debütalbum. |