# taz.de -- Debütalbum von Die Arbeit: Orientierung gesucht | |
> Grober Klotz: „Material“, das Debütalbum der jungen Dresdner | |
> Post-Punk-Noiseniks Die Arbeit, besticht durch Stilwillen und | |
> Textdetails. | |
Bild: Vier gewinnt: Die Arbeit aus Dresden | |
Wer in der Arbeit sein Glück sucht, der kann sie laut Marx nur da finden, | |
wo die Arbeit schöpferischer Natur ist und dem Menschen zur | |
Selbstverwirklichung dient. Nicht dort, wo sie als Lohnarbeit Teil der | |
kapitalistischen Ordnung ist. | |
Die Selbstverwirklichung der Dresdner Band Die Arbeit auf ihrem Debütalbum | |
„Material“ macht allen LohnarbeiterInnen gerade auch wegen der | |
Post-Punk-bedingten Schwermütigkeit Spaß, die ja stets auch Hoffnung | |
bereithält. Hoffnung in, aber auch zwischen den Zeilen. | |
Die Band Die Arbeit geht sehr kreativ mit der künstlerischen Freiheit um, | |
erst diese lässt ihr Album „Material“ eigenständig klingen. Das schafft | |
nicht nur Platz für Interpretationen, sondern besonders auch für Ästhetik. | |
„Es bleibt nur auf der Strecke, was du sowieso nicht brauchst“, bilanziert | |
Sänger, Texter und Gitarrist Maik Wieden etwa in dem Song „Im Büro“. | |
## Künstlerischer Freiraum | |
„Dieser Freiraum ist für mich das Interessanteste an einem Stück“, erklä… | |
Wieden und lotet ihn aus mit den anderen Bandmitgliedern Uwe Hauptvogel, | |
Benjamin Rottluff und Marius Jurtz beziehungsweise deren Instrumenten. | |
Zwischen „Neue Arbeit für die Arbeit (Gott Generator)“ des Eröffnungsstü… | |
und der mantrahaft wiederholten Absage an die Prinzipien unserer | |
Gesellschaft „Nie wieder Leistung (Lonely Dance)“, liegen zehn Songs. Der | |
Sound von Die Arbeit mutet an wie desillusionierte Rockmusik, ihr | |
aufgetragenes Schwarz klingt dann eher wohlig. | |
Der Song „Nie wieder scheitern“ erweist den Stuttgarter Noisepunks [1][Die | |
Nerven] eine Referenz, und das ist kein Zufall. Das schwäbische Trio um | |
Kevin Kuhn, aber auch die Band [2][Messer] muss man bemühen, wenn man | |
kategorisieren will, was es bei Die Arbeit zu hören gibt. | |
Schließlich stiftet der Bandnamen Orientierung, genau wie es die Arbeit an | |
sich für die Menschen tut. Der Mensch verlangt nach Orientierung. Die | |
Dresdner Band hat sich viel Zeit genommen, um ebenjenen Raum zwischen den | |
Tönen zu definieren. „Wir müssen uns verwandeln, wir haben keine Wahl / Um | |
den Wandel einzuleiten, wandel ich mich radikal“, lässt Wieden uns wissen. | |
Und man merkt, dass die Ausdefinition des Raumes keineswegs abgeschlossen | |
ist. | |
## Fortschreitende Entfremdung | |
„Die Stille ist zu laut / Der Lärm ist zu leise“, wussten schon Die Nerven. | |
Wieden bellt mal Textfragmente, mal schreit er Parolen, dann singt er | |
Zeilen wie „Es bleibt die Konstruktion, auf der wir friedlich ruhn“. Die | |
von [3][Marx] diagnostizierte fortschreitende Entfremdung eines jeden | |
gesellschaftlichen Subjekts durch die Lohnarbeit, schimmert durchaus auch | |
auf „Material“ als Kritikpunkt hervor, mündet jedoch nicht in ein | |
dystopisches Szenario. Auch die rhythmische Monotonie, in die der Vortrag | |
gebetet ist, ändert daran nichts. | |
Wer das Konzept der Arbeit verstehen will, muss es in Gänze betrachten. Das | |
gilt für die Tätigkeit im betriebswirtschaftlichen Sinne ebenso wie für die | |
Band. Bei den Dresdnern muss man also auch ihr visuelles Erscheinungsbild | |
mit einbeziehen. Ihr Album Cover zeigt einen Ziegelstein, der sowohl für | |
schweißtreibende Arbeit als auch für Proteste gegen ebenjene stehen kann – | |
die entfremdete Arbeit, versteht sich. Die Arbeit hingegen darf ganz im | |
Sinne der Marx’schen Selbstverwirklichung weitermachen. | |
3 Jun 2020 | |
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## AUTOREN | |
Kevin Goonewardena | |
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