# taz.de -- Grassierender Anti-Hoppismus: Keine Ultra-Geschmacklosigkeiten | |
> Hoffenheims Mäzen wird wieder mal beleidigt. Das Spiel wird unterbrochen. | |
> Steht der Milliardär etwa unter besonderem Schutz? | |
Bild: Feindbild: Gladbacher Fans nehmen Dietmar Hopp ins textile Fadenkreuz | |
Glaubt man den Beteiligten, dann stand das Bundesligaspiel zwischen der TSG | |
Hoffenheim und Borussia Mönchengladbach kurz vorm Abbruch. Nach der Pause | |
ruhte der Ball ein paar Momente lang. In der Kurve der Gäste vom | |
Niederrhein wurde ein Transparent gezeigt, dass Dietmar Hopp, den Mäzen der | |
Hoffenheimer, in einem Fadenkreuz zeigt. | |
Schiedsrichter Felix Brych unterbrach die Partie so lange, bis das Stück | |
Stoff verschwunden war. Der Vizepräsident des DFB, Rainer Koch, gratulierte | |
dem Schiedsrichter zu dem Schritt, das Spiel unterbrochen zu haben. [1][Via | |
Facebook] äußerte er „Dank und Respekt“ und forderte „Schluss mit | |
menschenverachtenden Gewaltaufrufen“. | |
Gladbachs Manager Max Eberl hatte da schon einen Moralcocktail | |
zusammengemixt, der ihm einen veritablen Shitstorm im Netz eingebracht hat: | |
„Ausgrenzung und Rassismus haben keinen Platz im Stadion“, hatte er gesagt. | |
Nicht wenige fragten sich da, ob es schon einmal ein derart konsequentes | |
Einschreiten von Seiten eines Schiedsrichters oder von Funktionären gegeben | |
hat, wenn rassistische Parolen in einem Stadion gegrölt worden sind. | |
Schon länger drängt sich der Eindruck auf, dass der Milliardär Diemar Hopp, | |
der dem Kraichgau einen Bundesligisten geschenkt hat, einfach weil er es | |
sich leisten kann, ein besonders schützenswertes Lebewesen ist. Hoffenheims | |
Trainer Alfred Schreuder brachte das wohl eher unfreiwillig, aber deutlich | |
zum Ausdruck. „Herr Hopp hat unglaublich viel Bedeutung für Hoffenheim“, | |
sagte er. Wer weniger Bedeutung hat, wäre demnach weniger schützenswert. | |
## Sozialromantiker versus Investorenfußball | |
Der Kontext der Schmähungen gegen Hopp wurde bei all der Empörung über die | |
Gladbacher Ultra-Geschmacklosigkeiten, zu denen auch ein Transparent mit | |
der Aufschrift „Hurensöhne beleidigen einen Hurensohn und werden von | |
Hurensöhnen bestraft“ gehörte, gewiss nicht ganz zufällig ausgeblendet. Die | |
Gladbacher Ultras reagierten mit ihrer Aktion auf ein Urteil der | |
DFB-Gerichtsbarkeit, das den Fans von Borussia Dortmund in den kommenden | |
beiden Spielzeiten eine Auswärtsreise nach Sinsheim verbietet. | |
Auch Dortmunder Fans hatten Hopp ins textile Fadenkreuz genommen und ihn | |
als Sohn einer Hure betitelt. Der Milliardär beschwerte sich bei seinen | |
Freunden vom DFB, mit denen er gute geschäftliche Beziehungen unterhält, | |
und stellte auch Strafantrag wegen Beleidigung. Bei der erstinstanzlichen | |
Verurteilung dreier Fans zu einer Geldstrafe wurden deren Argumente, es | |
habe sich um keine Beleidigung gehandelt, sondern um eine zugespitzte Form | |
der Kritik an dem, was [2][Sozialromantiker] unter den Stadiongängern als | |
[3][Investorenfußball] geißeln, nicht gewürdigt. | |
Nebenbei bemerkt sei hier, dass zwei Pöbler, die Nationalspieler in | |
Wolfsburg als „Neger“ und „Bimbo“ bezeichnet hatten, nicht wegen | |
Volksverhetzung verurteilt worden sind, weil das Gericht wohl ihrer | |
Einlassung Glauben schenkte, dies sei „ohne rassistischen Hintergrund | |
geschehen“. | |
Die Auseinandersetzung Hopp vs. Ultras liefert zudem Hinweise darauf, wie | |
es im Fußballstadion der Zukunft zugehen könnte: gesittet. Die laufende | |
Anstandsdebatte könnte zur Folge haben, dass bald jeglicher Schmähruf | |
bestraft wird. Auch „Schieber“-Rufe nach einem umstrittenen Pfiff dürfte es | |
dann nicht mehr geben. Und wenn einem das Investorengehabe eines | |
Milliardärs nicht gefällt? Wie wäre es da mit einem Kummerkasten am | |
Stadionausgang. Auch hier müsste sich zusammenreißen, wer seine Meinung | |
vortragen will: „Sehr geehrter Herr Hopp…“ | |
23 Feb 2020 | |
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## AUTOREN | |
Andreas Rüttenauer | |
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