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# taz.de -- Vaterfiguren im Fußball: Hopp und der Joker
> Die Spaltung der Gesellschaft kommt im Stadion an: „Wir im Fußball sind
> da vorne mit dabei“, so ein Schalke-Funktionär. Welcher Film läuft da?
Bild: Joaquin Phoenix als „Joker“: Vergleiche verbieten sich
Im Kino gewesen. Gelacht. Ich habe es endlich geschafft, „Joker“ zu sehen,
mit dem Oscar-prämierten Joaquin Phoenix als eben dem, und das an einem
Samstag, der nicht eben viel Freude produzierte, so weltpolitisch, sozial
und fußballerisch betrachtet. Da war zunächst das todtraurige 0:3 meines
Herzensvereins in der tiefsächsischen Provinz, deren Fans den HSV am
Schluss sogar mit „St. Pauli! St. Pauli!“-Rufen verhöhnten; da waren dann
die Kopfschmerzen, die mich im Anschluss befielen und so einen
privathypochondrischen Anfall auslösten (natürlich auch narzisstischer
Natur: ich, der erste Corona-Fall Berlins!) – das Thermometer wollte dann
aber partout nicht über die 36,5°-Marke springen; und schließlich die
Ergebnisse des Fußball-Oberhauses, insbesondere des unfassbaren 6:0 des so
ruhmreichen wie keine Konkurrenz duldenden FC Bayern München.
Im „Joker“ geht es grob gesagt um einen psychisch kranken Menschen mit
ziemlich harter Fallgeschichte: Alles Elend fängt in der Familie an, und
wenn die Gesellschaft eineN dann nicht auffängt, sondern stattdessen weiter
fallen lässt und beruflich wie sexuell als „Loser“ markiert, kann der Weg
von der Kränkung bis zum Gegenschlag kürzer sein als für alle gut ist. Grob
gesprochen. Als Gegenpol zu dieser Disposition des Losers, des Clowns steht
der streitbare Erfolgsmensch, reich und mächtig, dessen Leichen schön
unsichtbar im Keller bleiben – freudianisch als nicht erreichbare,
gewalttätige Vaterfigur markiert.
Solche Vaterfiguren gibt es im männlich dominierten Fußball natürlich auch.
Uli Hoeneß, 68, war so eine Figur, der mithin gar paterhafte Züge hatte;
Lemke, Calmund, Tönnies, Assauer, Kühne waren und sind solche, wenn auch
gebrochenere „Väter des Erfolgs“ in der männlich dominierten
Bundesligawelt; Dietmar Hopp, 79, und Dietrich Mateschitz, 75, Chef von Red
Bull, sind Väter neuerer Prägung – Männer, die sich im Verständnis der
alten Basis, der Ultras und Traditionsfans in den Fußball bloß eingekauft
und sich nicht irgendwie natürlich hineinentwickelt haben. Sie sind
gewissermaßen die Thomas Waynes (Vater von Bruce) aus Gotham City, die
reichen Bösen und bösen Reichen, Väter allen Unbills, Personifizierungen
des Bösen schlechthin, gegen die jedes Mittel recht zu sein scheint.
Die Sache ist nur die: Wer die Welt in Gut und Böse einteilt, macht es sich
auf Dauer zu einfach. „Versöhnen statt spalten“ lautete mal der politische
Leitspruch eines ehemaligen Landesvaters; kommt vielleicht etwas pastoral
daher, der Spruch, klingt aber immer besser, je gespaltener unsere
Gesellschaft zu werden droht. „Ich weiß nicht, auf was für einem Weg unsere
Gesellschaft ist“, sagt ja auch Schalke-Funktionär Jochen Schneider im
Bericht zum Samstagabendspiel auf dieser Seite: „Aber wir im Fußball sind
da vorne mit dabei.“
## JedeR will gewinnen
Der Wunsch, den Vater zu töten, muss also überwunden werden, sonst ist
zivilisiertes Leben nicht möglich; und der Vater muss ein Zeichen setzen,
dass er als Vorbild anerkannt, aber auch überwunden werden kann. Der
Fußball ist ein hochkorruptes Subsystem eines hochkorrupten Supersystems,
so ehrlich sollten sich alle Seiten machen. Auch die Borussia Dortmund AG
oder der Weltkonzern FC Bayern, zudem von den Großen der deutschen
Industrie und dem bayerischen Freistaat gepäppelt, sind alles andere als
unschuldige Bastionen mit großer Tradition; bezahlt, gefüttert, unterstützt
werden sie auch von genau den Ultras, die das Spiel der Großen ansonsten
nur allzu gern mitspielen – schließlich gibt es auch hier wie überall kein
Außerhalb. Und gewinnen will halt jedeR.
Was halt bislang noch irgendwie fehlt in dieser Konstruktion, ist die Figur
der Mutter. Im „Joker“ ist sie ein psychotisches Wrack, das Lügenmärchen
erzählt und den Sohn fortwährend gängelt. Muss man hier automatisch an den
DFB denken?
1 Mar 2020
## AUTOREN
René Hamann
## TAGS
Joker
Fußball-Bundesliga
Kolumne Press-Schlag
Dietmar Hopp
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Schwerpunkt Rassismus
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