# taz.de -- Erdoğan stellt „Flüchtlingspakt“ infrage: Dann mach doch! | |
> Von Anfang an war die Vereinbarung zwischen EU und Türkei kritikwürdig. | |
> Käme es wie angedroht zu einem Ende, wäre das auch eine Chance. | |
Bild: Am Freitag auf Lesbos: eine Familie nach der Überquerung des ägäischen… | |
Die Zusammenhänge sind kompliziert, aber das ist im [1][Syrienkrieg] ja | |
schon länger so: Weil [2][türkische Soldaten mutmaßlich durch einen | |
Luftangriff der syrischen Regierungstruppen getötet wurden] und die Nato | |
nicht umgehend Gegenmaßnahmen ergriffen hat, müssen sich Griechenland und | |
Bulgarien auf die Ankunft neuer Flüchtlinge einstellen. | |
Verschiedenen Medienberichten zufolge hat die türkische Regierung als | |
Reaktion auf den Angriff angeordnet, Flüchtlinge nicht mehr davon | |
abzuhalten, sich auf den Weg in Richtung Europa zu machen. Der Schritt | |
könnte ein Bluff sein, die Türkei könnte aber auch Ernst machen. Und | |
vielleicht wäre das gar nicht das Schlechteste. | |
Seit mindestens fünf Jahren, spätestens seit Bestehen des | |
Flüchtlingsabkommens zwischen der EU und Ankara, benutzt die türkische | |
Regierung die im Land befindlichen Flüchtlinge als Druckmittel. Die Drohung | |
gen Westen: Wenn wir nicht bekommen, was wir wollen, lassen wir die nächste | |
Welle auf euch los. | |
Ob die türkische Regierung die halbe Opposition in Gefängnisse sperrt, ob | |
sie deutsche Staatsbürger ohne rechtsstaatliche Verfahren festhält, ob sie | |
kurdische Städte im eigenen Land plattmacht oder ob sie in Syrien | |
einmarschiert und auf die dortige tragische Lage noch einen draufsetzt – | |
die Reaktionen aus Bundesregierung, EU und Nato fielen meist mehr oder | |
weniger verhalten aus. Nicht nur, aber sicherlich auch deshalb, weil die | |
Drohung aus Ankara durchgehend präsent war. | |
Damit könnte es vorbei sein, sollten Erdoğan und seine Regierung jetzt | |
Ernst machen. Ein Druckmittel funktioniert nur, solange Druck drauf ist. | |
Öffnet sich das Ventil, war es das. Wären die EU-Staaten gezwungen, die | |
Fluchtbewegungen selbst oder mit anderen Partnern zu bewältigen, könnten | |
sie sich aus der Abhängigkeit von Ankara lösen. Sie könnten [3][die | |
türkische Regierung freier kritisieren und auch sanktionieren]. So ließe | |
sich auch die Frage klären, welchen Sicherheitsinteressen es dienen soll, | |
wenn eine unberechenbare Türkei weiterhin reguläres Mitglied der Nato | |
bleibt. Danke, Erdoğan! | |
Bleibt nur ein Problem: Dass die EU den Menschen, die sich jetzt auf den | |
Weg machen, geschlossen hilft, ist nicht zu erwarten. Sie könnten bald auf | |
der Balkanroute [4][oder den griechischen Inseln sitzen] – und einmal mehr | |
die größte Last tragen. | |
28 Feb 2020 | |
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## AUTOREN | |
Tobias Schulze | |
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