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# taz.de -- Wohnboxen für Obdachlose in Hannover: Zurück auf Anfang
> „Little Homes“ passen auf vier Europaletten und sollen Obdachlosen auf
> die Beine helfen. In Hannover hat das Konzept Startschwierigkeiten.
Bild: Idee mit Verbreitung: Initiator Sven Lüdecke (links) stellt ein Little H…
Hannover taz | Die Idee klingt erst mal gut. Eine simple kleine Holzhütte,
transportierbar, auf vier Europaletten montiert. Drinnen ein Schlafplatz
und ein Campingklo und damit etwas, was auf der Straße vielen fehlt: Ein
bisschen Privatsphäre und eine Möglichkeit, den eigenen Kram zu verstauen
und wegzuschließen.
Ausgedacht hat sich das Ganze der Fotograf Sven Lüdecke, nachdem er einen
Fernsehbericht über ein ähnliches Projekt in den USA gesehen hatte.
[1][Mittlerweile ist er mit seinem Verein „Little Home Köln“ in 16 Städten
vertreten – auch in Hamburg und Hannover.]
In den meisten Städten funktioniere das ausgezeichnet, versichert Lüdecke.
Er habe zahlreiche Beispiele von ehemaligen Obdachlosen, denen die Wohnbox
geholfen habe, sich soweit zu stabilisieren, dass sie am Ende den Sprung zu
einer ganz normalen Wohnung oder in einen Job geschafft hätten. Er ist fest
davon überzeugt, so Menschen erreichen zu können, die Notunterkünfte und
andere Hilfsangebote eher meiden.
Allerdings kann so ein Mini-Haus eben auch immer nur eine Übergangslösung
sein – schon deswegen, weil eine dauerhafte Aufstellung entweder am Bau-
oder Ordnungsrecht scheitert. Das Grundproblem – obdachlose Menschen
langfristig in Wohnungen zu vermitteln – löst eine Holzhütte allein eben
nicht.
In Hannover stehen die Little Homes allerdings unter einem unglücklichen
Stern. Von vier Wohnboxen, die hier gestiftet wurden, stehen mittlerweile
drei ungenutzt auf dem Gelände des städtischen Bauhofes.
[2][Schuld daran ist nach Lüdeckes Ansicht die zähe gerichtliche
Auseinandersetzung mit Hannovers erster Little-Home-Bewohnerin Erika H.]
Ihr Mini-Haus hatte auf dem Gelände einer Kirchengemeinde in Ricklingen
gestanden. Weil es aber immer wieder Konflikte gab – nach Aussagen der
Nachbarn und Gemeindemitglieder hielt sich Erika H. nicht an verschiedene
Vereinbarungen –, sollte die Wohnbox von dort verschwinden.
Erika H. weigerte sich zu gehen, ließ sich nicht auf Vermittlungsgespräche
ein, schlug Angebote zu alternativen Stellplätzen aus – und leistete auch
dann noch Widerstand, als die Polizei zur Räumung anrückte. Ihre Wohnbox
wurde daraufhin in eine Parkbucht verschoben. Und einige Monate später
durch die Stadt von dort geräumt. Dagegen klagte Erika H. gleich mehrfach,
zunächst in einem Eilverfahren durch zwei Instanzen, dann noch einmal im
ordentlichen Verfahren vor dem Verwaltungsgericht. Jedes Mal vergeblich.
Zwei weitere Mini-Häuser unter einer Schnellstraßenbrücke räumte die Stadt
ebenfalls ab, weil sie ohne Genehmigung im öffentlichen Raum standen. Die
Bewohner waren allerdings vorher schon anderswo untergekommen und hätten
sie kaum noch genutzt, heißt es.
Theoretisch könnten sie ihre Little Homes vom Bauhof abholen – dazu müssten
sie allerdings einen alternativen Stellplatz haben und Geld für den
Transport. Das zu organisieren hat bisher nur einer der ursprünglich vier
Bewohner geschafft. Der habe nicht nur einen privaten Stellplatz im
Stadtteil Linden gefunden, sondern mittlerweile auch einen Job, verkündet
Lüdecke stolz.
Grund zum Aufgeben oder Umsteuern sieht er in dem Hannover-Fiasko nicht.
„[3][Natürlich gibt es auch in anderen Städten und mit anderen Bewohnern
immer mal wieder Konfliktsituationen]“, sagt Lüdecke, „aber bisher ist es
uns immer gelungen, eine Lösung zu finden.“
Auch in Hannover will er noch einmal einen neuen Anlauf nehmen. Wenn ein
wenig Gras über die Sache mit Erika H. gewachsen ist.
2 Mar 2020
## LINKS
[1] /Kein-Grundstueck-fuer-Lesshomes/!5647560&s=Little+Home/
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[3] /Obdachlosigkeit/!5589552&s=Little+Home/
## AUTOREN
Nadine Conti
## TAGS
Obdachlosigkeit
Wohnen
Niedersachsen
Hannover
Obdachlosigkeit
Tiny Houses
Schwerpunkt Obdachlosigkeit in Berlin
Soziales Engagement
Obdachlosigkeit
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