# taz.de -- Berlin will Pflegende unterstützen: Eine andere Form des Elterngel… | |
> Mit zwei Bundesratsinitiativen möchte der Senat die Lage von Pflegenden | |
> und Pflegebedürftigen verbessern. Ob die durchkommen, ist offen. | |
Bild: Für gute Pflege braucht es eine gute Beziehung | |
Berlin taz | Menschen, die ihre Angehörigen pflegen, sollen nach dem Willen | |
des Senats finanziell gestärkt werden. Dilek Kalayci (SPD), Senatorin für | |
Gesundheit und Pflege, stellte dazu am Dienstag eine Bundesratsinitiative | |
vor. Sie sieht ein Familienpflegegeld vor, das nach ähnlichen Kriterien | |
ausgezahlt wird wie das Elterngeld – für bis zu drei Jahre. Damit würde | |
unter anderem verhindert, dass pflegende Angehörige deutlich weniger | |
verdienten und damit auch Gefahr liefen, von Altersarmut betroffen zu sein, | |
begründete Kalayci die geplante Maßnahme. | |
Nach ihren Berechnungen würde diese etwa eine Milliarde Euro kosten, | |
aufkommen müsste dafür der Bund. Bundesweit gebe es rund 3,3 Millionen | |
Menschen, die ihre Angehörigen pflegten, die Hälfte sogar komplett ohne | |
fremde Unterstützung; in Berlin sollen es rund 200.000 Menschen sein. | |
Bisher ist laut Kalayci allerdings unklar, welche anderen Bundesländer die | |
Initiative unterstützen würden. „Die Ausverhandlung folgt noch“, sagte si… | |
Aus Senatskreisen verlautete, dass einige Länder zumindest in Teilen der | |
Position Berlins folgen. | |
Mit der Initiative will Kalayci auch die Pflege insgesamt aufwerten. | |
„Bisher macht der Staat für pflegende Menschen zu wenig“, sagte sie. Analog | |
zum Elterngeld, das nach der Geburt eines Kindes gezahlt wird, soll das vom | |
Staat gezahlte Familienpflegegeld 65 Prozent des entgangenen Nettogehalts | |
abdecken, wenn ein Mensch deswegen seinen Beruf zeitweise aufgibt. | |
Diese Freistellung darf maximal 36 Monate pro pflegebedürftiger Person | |
dauern; davon bis zu einem halben Jahr vollständig. Für den Rest muss die | |
durchschnittliche Mindestarbeitszeit 15 Wochenstunden betragen. Der | |
Rechtsanspruch auf eine Freistellung gilt laut dem Entwurf ab einer | |
Betriebsgröße von mindestens fünf Beschäftigten; zudem besteht ein | |
Rückkehrrecht. „[1][Pflegende Angehörige brauchen] unsere Unterstützung“, | |
betonte die Senatorin. Viele hätten Schwierigkeiten, Beruf und Pflege zu | |
vereinbaren. | |
Der Senat beschloss am Dienstag noch eine weitere Bundesratsinitiative in | |
Sachen Pflege: Sie soll die Leiharbeit in Krankenhäusern und | |
Pflegeeinrichtungen eindämmen. Dafür soll das | |
Arbeitnehmerüberlassungsgesetz geändert werden oder gegebenenfalls das | |
Sozialgesetzbuch. | |
## Erpressbare Branche | |
Laut Kalayci entwickle sich Leiharbeit [2][zu einem eigenen Sektor in der | |
Branche. Frisch ausgebildete PflegerInnen würden von] Leiharbeitsfirmen mit | |
dem Versprechen eines höheren Gehalts und besserer Arbeitszeiten | |
abgeworben; angesichts des Personalmangels wären die Pflegeeinrichtungen | |
auf die LeiharbeiterInnen angewiesen. „Die Branche ist erpressbar“, sagte | |
die Senatorin. „Das ist nicht seriös, was da abläuft.“ | |
Sie betonte zudem die menschliche Komponente: „Es braucht eine verlässliche | |
Teamarbeit und feste Bezugspersonen.“ Dies sei mit dauernd wechselndem | |
Personal nicht zu machen. Kalayci warb auch für allgemeinverbindliche | |
Tarifverträge und eine bessere Bezahlung der Pflegekräfte. Berlin leiste | |
dazu seinen Beitrag. | |
12 Feb 2020 | |
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## AUTOREN | |
Bert Schulz | |
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