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# taz.de -- Bewegung gegen Rechts in Finnland: Heringe eifern Sardinen nach
> Nach Hetze gegen Flüchtlingswaisen in Finnland organisiert sich die
> „Herings-Bewegung“ gegen rechten Hass. Ihr Vorbild sind Italiens
> Salvini-Kritiker.
Bild: Die Masse macht's: Am 1. Februar gibt es den ersten „Fishmob“ gegen r…
Stockholm taz | Frauen aus Skandinavien und ihre Kinder, die [1][im
ehemaligen „Kalifat“ des IS] gelebt haben und sich jetzt im syrischen
Flüchtlingslager al-Hol aufhalten, sind im Norden ein heißes Eisen. In
Norwegen zerbrach darüber etwa vergangene Woche die Koalitionsregierung.
Auch Finnlands Regierung will mit den Frauen nichts zu tun haben – aber
immerhin hatte das Außenministerium in Helsinki zumindest kurz vor
Weihnachten mitgeteilt, man habe in al-Hol zwei Kinder in Obhut genommen,
sie würden nach Finnland zurückgebracht. Die Behörden hatten wohl gehofft,
den Transport über die Weihnachtstage recht unbemerkt über die Bühne
bringen zu können. Doch das war ein Irrtum.
Den Kindern wurde am Flughafen aufgelauert, sie wurden gefilmt,
fotografiert, Bilder und Videoclips ins Netz gestellt. Rechte verbreiteten
Namen und Adressen der verantwortlichen Behördenangestellten mit der
Aufforderung, „denen den E-Mail-Briefkasten zu fluten“. Und es wurde
gehetzt, diese Kinder solle man „jagen“, „sich schnappen“.
Für Johannes Koski brachte es das Fass zum Überlaufen. „Hunderte Kommentare
mit kränkendem Inhalt“, empörte er sich in einem Blog-Post. Dagegen müsse
man endlich ein Zeichen setzen, „Hass fördert immer neuen Hass“. Koski,
Manager bei einer finnischen Videogame-Firma, entwickelte zusammen mit
einem Dutzend KollegInnen aus der IT- und Kommunikationsbranche die Idee
einer überparteilichen Bewegung gegen Rassismus, Faschismus,
Ethnonationalismus und aggressiven Populismus.
## Am ersten Februar „Fischmob“ in Helsinki
Ein Aufruf wurde gestartet, man wolle sich „als menschlicher, friedlicher
Schwarm zusammen gegen Hass und Diskriminierung“ und „für unteilbare und
unveräusserliche Menschenrechte engagieren“: „Oder wollen wir es wirklich
einfach hinnehmen, dass Finnland ein Land ist, in dem erwachsene Menschen
Kinder unter sieben Jahren hetzen und verfolgen? Wollen wir mit den
Neonazis mitmarschieren?“
Beim Namen „[2][Silakkaliike]“ („Herings-Bewegung“, vom finnischen Wort
„Silakka“ für den kleinen Ostseehering), ließen sie sich von der
italienischen „[3][Sardinen-Bewegung]“ inspirieren. Das Motto der Heringe
ähnelt dem der Sardinen: „Als kleiner Fisch kannst du zwar etwas bewirken,
aber erst als Schwarm kann man unüberwindbare und fast unmögliche
Hindernisse überwinden.“ Binnen weniger Tage fand der „Schwarm“ auf
Facebook über 27.000 Follower. Am 1. Februar will die Bewegung im Rahmen
eines „Fischmob“ erstmals in Helsinki demonstrieren.
Auch wenn der Aufruf mit keinem Wort die rechtspopulistischen „Wahren
Finnen“ erwähnt, fühlten die sich sofort angesprochen. Die Bewegung ziele
ja eindeutig auf ihre Partei, beschwerte sich deren EU-Parlamentarierin
Laura Huhtasaari. Und der Parteivorsitzende Jussi Halla-aho sah gleich die
Demokratie in Frage gestellt: Eine Bürgerbewegung gegen eine Partei sei ein
Unding. Wolle man sich gegen deren Politik wenden, gebe es dafür ja den
Stimmzettel.
Es sei nicht verwunderlich, dass Parteien so reagierten, sagt die
Politikwissenschaftlerin Emilia Palonen. In Bewegungen wie den Sardinen
oder den Heringen sieht sie ein deutliches Zeichen für die Unzufriedenheit
vieler BürgerInnen mit den traditionellen Parteien: „Diese losen
Organisationsformen können schnell populär werden. Es ist leichter für
Menschen sich mit Bürgerbewegungen zu identifizieren, als mit politischen
Parteien.“
Es sei kein Zufall, dass solche Bewegungen gerade angesichts des
zunehmenden Rechtspopulismus in Europa wachsen würden und sie seien wichtig
für die Demokratie: „Obwohl sie die Säulen der traditionellen
parlamentarischen Demokratie herausfordern, nämlich die Parteien, ist
solches bürgerschaftliche Engagement erforderlich, um die Parteien und
deren Kontakt zu den Bürgern zu erneuern.“
31 Jan 2020
## LINKS
[1] /Rueckkehr-von-IS-Frauen-aus-Finnland/!5650539
[2] https://silakkaliike.fi/
[3] /Sardinen-Gruender-ueber-neuen-Protest/!5640590
## AUTOREN
Reinhard Wolff
## TAGS
Finnland
Wahre Finnen
Sardinen-Bewegung
Matteo Salvini
Rechtspopulismus
Antirassismus
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