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# taz.de -- Streit zwischen EU und Deutschland: Naturschutz? Mangelhaft!
> Deutschland droht eine neue Klage vor dem Europäischen Gerichtshof.
> Brüssel wirft den Bundesländern vor, Schutzgebiete schlecht zu managen.
Bild: Im Vogelschutzgebiet „Großes Moor“ in Niedersachsen leben seltene V�…
Berlin taz | Während Umweltstaatssekretär Jochen Flasbarth in Indien mit
der dortigen Regierung und Zivilgesellschaft über den Schutz der globalen
Biodiversität berät, kassiert Deutschland zu Hause blaue Briefe aus
Brüssel. Die EU-Kommission kritisiert, wie die Bundesrepublik die Vorgaben
zum Naturschutz umsetzt.
In einer „begründeten Stellungnahme“ heißt es, für die Naturschutzgebiete
Natura 2000 fehlten ausreichend detaillierte und messbare Schutzziele.
Außerdem verstießen sechs Länder gegen die Transparenzpflichten; demnach
informieren sie die Öffentlichkeit nicht ausreichend darüber, was in den
Natura-2000-Gebieten erlaubt ist, was nicht, und wie sie sich entwickeln
sollen. Die Kommission kritisiert grundsätzlich, wie die 4.606 deutschen
Schutzgebiete gemanagt werden und sieht schwerwiegende Auswirkungen auf
Qualität und Wirksamkeit der Schutzmaßnahmen.
Natura-2000-Gebiete bilden in Europa ein Netz von Lebensräumen für
gefährdete Wildtiere und -pflanzen. Rechtsgrundlage ist die FFH-Richtlinie
(Flora-Fauna-Habitat).
Auf eine „begründete Stellungnahme“ der Kommission muss die Bundesregierung
innerhalb der nächsten zwei Monate reagieren und darlegen, wie sie die
Missstände beseitigen will. Überzeugt sie die Kommission nicht, droht ihr
ein weiteres Verfahren vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH), ähnlich wie
im Fall der zu hohen Nitratbelastungen im Grundwasser, in dem Deutschland
verurteilt wurde und noch immer nach Lösungen sucht.
## Einige Bundesländer sind erfolgreich
„Dass Deutschland bei Natura 2000 seit Jahren schlampt, ist bekannt“, sagt
der agrarpolitische Sprecher der Grünen im Europaparlament, Regierung und
Länder versuchten, das Thema auszusitzen, weil sie Ärger mit Landwirten und
Waldbesitzern vermeiden wollten.
Laut Magnus Wessel, Leiter Naturschutzpolitik beim Bund für Umwelt und
Naturschutz (BUND), setzen die für die Schutzgebiete zuständigen
Bundesländer die EU-Vorgaben ganz unterschiedlich um. „Überall dort, wo
Personal für Natura 2000 aufgebaut wurde und es im Land klare und
ausreichend finanziell unterlegte Verantwortlichkeiten gibt, läuft es
besser als früher, so etwa in Thüringen oder Baden-Württemberg“, sagt
Wessel. „Wo die Länder die Zuständigkeiten ohne Unterstützung an die
Kommunen delegiert haben, geht der Naturschutz oft den Bach runter“, so
Wessel.
Nach einem Bericht des Bundesumweltministeriums vom Sommer 2019 über den
Zustand von Arten und -Lebensräumen, die nach der FFH-Richtlinie der EU
geschützt sind, gibt es Probleme vor allem in den landwirtschaftlich
genutzten Gebieten. Sie seien „überwiegend in einem schlechten Zustand“,
schrieb das Ministerium.
Diana Pretzell, bei der Naturschutzorganisation WWF zuständig für
Biodiversitätspolitik, fordert: Wir brauchen einen Aktionsplan für unsere
Schutzgebiete: „Sie sind das Tafelsilber unserer Natur, für sie tragen wir
die Verantwortung.“ In Nationalparks und in den Kernzonen von
Biosphärenreservaten müsse die wirtschaftliche Nutzung aufhören, in anderen
FFH-Gebieten, etwa Heidelandschaften, eine für das Schutzziel notwendige
Bewirtschaftung erfolgen, etwa die Beweidung durch Schafe. Wichtig sei,
dass Pestizide in Schutzgebieten künftig nicht mehr eingesetzt würden, so
Pretzell.
Unterdessen erwartet Berlin in Sachen Naturschutz schon neuer Ärger. Das
besonders schützenswerte „artenreiche Grünland“ ist hierzulande derart
bedroht, dass die EU-Kommission die Bundesregierung in einem alarmierten
Brief um Klärung gebeten hat, wie der Zustand von „mageren Mähwiesen und
Berg-Mähwiesen“ verbessert werden soll; das ist die Eskalationsstufe vor
der „begründeten Stellungnahme“.
14 Feb 2020
## AUTOREN
Heike Holdinghausen
## TAGS
Naturschutz
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