# taz.de -- Diskussion um Fleischpreis: Das Märchen von den Dinkelmullahs | |
> Der Spin der Union in der Fleisch-Debatte: Widersteh den grünen | |
> Ideologen, indem du in grellen Farben mariniertes Steak brätst. Was für | |
> ein Unsinn! | |
Bild: Den Grünen wird unterstellt, den braven Steuerzahlern das Steak vom Tell… | |
Interessant an der aktuellen Debatte über Fleischkonsum ist die Erzählung | |
vom dräuenden Verbot. Die Unionsparteien schrauben dabei munter an ihrer | |
Rolle der Möglichmacher, während sie versuchen, die erstarkenden Grünen wie | |
Dinkelmullahs ausschauen zu lassen, die dem braven Steuerzahler das fleißig | |
erarbeitete Nackensteak vom Teller fegen wollen. | |
Das ist als persönliche Freiheit getarnte Geringschätzung von Bürgern, | |
denen nahegelegt wird, Billigfleisch zu essen sei ein staatsbürgerlicher | |
Akt. Der Spin: Widersteh den grünen Ideologen, indem du in grellen Farben | |
mariniertes Nackensteak brätst. | |
Was für ein Unsinn. Wahr ist, dass längst auch Facharbeiter oder | |
Auszubildende keine Lust mehr haben auf Discounterfleisch, das der | |
pfennigfuchsende Handel ihnen zugedenkt. Auch Menschen ohne | |
Hochschulabschluss wissen, [1][wie die Landwirte von der | |
Lebensmittelindustrie geknebelt werden]. Und auch Arbeitslose lieben ihre | |
Kinder und möchten, dass sie gesund essen. | |
Ungesunde Ernährung zum Distinktionsgewinn zu verklären ist eine perverse | |
Logik. Aber genau das scheint die Intention der Bundesregierung zu sein. | |
Nach dem [2][Treffen der Handelsriesen mit der Kanzlerin und ihrer | |
Bundesagrarministerin] war außer „Du, du!“-Rhetorik nichts zu vernehmen. | |
## De Grünen lassen sich nicht festnageln | |
Butterweich fabulierte Angela Merkel von „fairen Beziehungen“ zwischen den | |
Akteuren am Markt. Sie verwies auf eine „gewachsene Sensibilität“ bei den | |
Verbrauchern. Und, nein, natürlich werde es keine staatlich verordneten | |
Mindestpreise geben. | |
Damit schloss Angela Merkel rhetorisch den Kreis zu den scheinbar | |
restriktiven Grünen, als ob die außer Tofubratlingen und Hafermilch nichts | |
kennen würden. Die Grünen sind aber bislang schlau genug, sich nicht auf | |
die ihnen zugedachte Rolle der Spaßverderber festnageln zu lassen. Gerade | |
hat Parteichef Robert Habeck in einem BamS-Interview erklärt, für ihn sei | |
Politik keine „Lebensstil-Frage“. Die Leute sollten ruhig Nackensteaks | |
essen; wirklich dringend sei die [3][Verbesserung des Tierschutzes] durch | |
die Politik. Habeck schlägt dafür einen „Tierschutz-Cent“ vor. | |
Es ist kein abwegiger Gedanke, die Grünen könnten Teil der nächsten | |
Bundesregierung sein. Insofern ist es gut, zu wissen, wofür sie ernährungs- | |
und agrarpolitisch stehen. CDU und CSU täten gut daran, sich das genau | |
anzuschauen und gegebenenfalls daraus zu lernen | |
Dass Nackensteak-Esser „das Rückgrat der Gesellschaft“ sind, mag auf weite | |
Teile zutreffen. Dass die allerdings weiter die inkonsequenten | |
Unionsparteien wählen, ist damit nicht gesagt. Fleisch zu essen bedeutet | |
nicht, der Politik jeden Quatsch durchgehen zu lassen. | |
4 Feb 2020 | |
## LINKS | |
[1] /Bauernverbandschef-ueber-Proteste/!5655549 | |
[2] /Gipfel-zu-Lebensmittelpreisen-bei-Merkel/!5657811 | |
[3] /Ex-Fleischer-ueber-das-Schlachten/!5646975 | |
## AUTOREN | |
Anja Maier | |
## TAGS | |
Tierschutz | |
Fleischkonsum | |
Veganismus | |
Fleisch | |
Agrarpolitik | |
Schwerpunkt Bio-Landwirtschaft | |
Schwerpunkt Klimawandel | |
Pflanzen essen | |
Küchengerät | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Mehrkosten für Verbraucher*innen: Bund erwägt Fleischsteuer | |
40 Cent pro Kilo Fleisch als Zusatzabgabe? Warum nicht, meint ein von | |
Bundesagrarministerin Julia Klöckner eingesetztes Gremium. | |
Klimawandel im Fernsehen: Jenseits von Ökoschlappen | |
„Grünes Storytelling“ heißt der Versuch, das Thema Klimawandel zugänglic… | |
zu machen. Das deutsche Fernsehen hat hier noch Nachholbedarf. | |
Post von Sommer: Lieber Franz Josef Wagner … | |
„Nichts ist mehr echt“ – der „Bild“-Kolumnist schreibt wirre Dinge ü… | |
veganes Essen. Unsere Vegan-Kolumnistin antwortet ihm. Und lädt ihn ein. | |
Ernährung in den neuen 20ern: 20 Euro für die Bratwurst | |
Wie ernähren wir uns im Jahr 2028? Küchen braucht man nicht mehr und | |
Fleischfans proben den Aufstand. Zwei Berichte aus der Zukunft. |