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# taz.de -- Klimawandel im Fernsehen: Jenseits von Ökoschlappen
> „Grünes Storytelling“ heißt der Versuch, das Thema Klimawandel
> zugänglicher zu machen. Das deutsche Fernsehen hat hier noch
> Nachholbedarf.
Bild: Weil's so schön ist: ein Klischee
Wenn ein prominenter Schauspieler wie neulich [1][Russell Crowe bei der
Verleihung der Golden Globes] über die [2][katastrophalen Auswirkungen des
Klimawandels] spricht, dann ist das mittlerweile keine Ausnahme mehr.
Tatsächlich ist das Klima aktuell eines der wichtigsten Themen in
Hollywood: Ob vor oder hinter der Kamera – seit einigen Monaten setzen
Produzenten, Stars, Studios und Sender das Thema ganz oben auf ihre Agenda.
Und in Deutschland? Wie nähert sich die Film- und Fernsehbranche
hierzulande dem Thema? Sie diskutiert es natürlich, wie man es hier so tut,
in den einschlägigen Talkshows und produziert dazu teilweise sehr gut
gemachte, aber natürlich auch recht anspruchsvolle Dokumentationen. Reicht
das? Wie ist es mit Fiktion und Unterhaltung? Warum gibt es in diesen
Sparten des Fernsehens nur so wenig über Klima?
Das fragt sich zum Beispiel Regisseur und Produzent Philip Gassmann, der
sich seit Jahren in diesem Bereich engagiert und inzwischen zu einer Art
Experten für „grünes“ TV geworden ist. „Das Thema ist über die Jahre in
Ungnade gefallen“, sagt er, insofern herrsche bei den Sendern eine gewisse
Zurückhaltung: „Wen interessiert das überhaupt? Gab es das nicht schon
alles?“
Das liege aber vor allem daran, dass dieser Bereich bisher falsch erzählt
werde, kritisiert Gassmann. „Entweder als Katastrophenszenario, in dem das
Ende der Welt droht, oder über eine moralisiernde Erzählweise mit dem
erhobenen Zeigefinger.“ Auch der seit Jahrzehnten in diversen Medien
etablierte Charakter des Öko-Spießers mit selbst gestricktem Norwegerpulli
und Jutetasche tauge allenfalls zur Witzfigur.
## BBC mit breitem Angebot
In Großbritannien zum Beispiel ist das schon ganz anders. Die BBC etwa
fordert nicht nur nachhaltige Produktionsstandards ein, sondern hat alle
Sektionen im Sender dazu aufgerufen, sich Gedanken zu machen, wie
„environmental sustainability“, also Nachhaltigkeit auch inhaltlich eine
Rolle spielen kann – und zwar in allen Genres, über das ganze BBC-Programm
hinweg. Angefangen bei der Sportberichterstattung über Comedy bis hin zu
Datingshows. Inzwischen kann der öffentlich-rechtliche Sender auf eine
ganze Reihe von entsprechenden Sendungen verweisen.
Schon 2017, also noch vor Fridays for Future, zeigte die BBC mit der von
ihr produzierten schwarzhumorigen Mockumentary „Carnage“, dass „öko“ a…
unterhaltsam sein kann. Die fiktive Doku erzählt von einer Welt in einer
nicht allzu fernen Zukunft, in der der Fleischkonsum verboten ist.
Oder auf Fußballübertragungen, bei denen die BBC mittlerweile über den
CO2-Ausstoß der entsprechenden Mannschaftsstädte informiert. Was die
deutsche Medienbranche angeht, ist zumindest Produzent Gassmann noch kein
besonderer Einsatz der Regisseure und Produzenten zum Thema aufgefallen:
„Beim ‚Green Storytelling‘ ist im deutschen Fernsehen noch viel Luft nach
oben“, sagt er.
Einige Initiativen versuchen jetzt auch Deutschland mit dem Thema
voranzubringen. Zum Beispiel der [3][Online-Video-Wettbewerb „Take 17“]
initiiert unter anderem von der Hochschule Trier, bei dem junge Menschen
dazu aufgerufen sind, sich mit eigenen Inhalten zum Komplex Nachhaltigkeit
einzubringen. Der Wissenschaftler Peter Heck, der den Wettbewerb mit
angestoßen hat, beanstandet die Art, wie bisher Klima vor allem in den
Talkshows problematisiert wird. „Dort werden nur konträre Positionen
unreflektiert gegenübergestellt, was beim Publikum lediglich Ratlosigkeit
und Resignation hinterlässt.“
Der Kölner TV-Produzent Wolfgang Link glaubt, dass es möglich ist, mit
unterhaltsamen Formaten, die zugleich auch Informationen transportieren,
Zuschauer für Klimathemen zu begeistern. Link bereitet unter anderem
zurzeit eine große Publikumsveranstaltung für das Frühjahr vor, die auch im
Fernsehen übertragen wird: Bei „Comedy for Future“ sollen sich zahlreiche
bekannte deutsche Comedians, darunter beispielsweise Atze Schröder oder
Michael Mittermeier, mit den Nachhaltigkeitszielen der Vereinten Nationen
befassen. Das ist dann hoffentlich nicht nur „grün“, sondern auch
unterhaltsam.
5 Feb 2020
## LINKS
[1] /Russell-Crowes-Rede-bei-Golden-Globes/!5653807
[2] /!t5008262/
[3] https://take17.de/
## AUTOREN
Wilfried Urbe
## TAGS
Schwerpunkt Klimawandel
TV-Dokumentation
BBC
Ökologischer Fußabdruck
Tierschutz
Schwerpunkt Fridays For Future
Extinction Rebellion
Jair Bolsonaro
Schwerpunkt Tom Buhrow
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