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# taz.de -- Strategien zur Rohstoffsicherung: Eins plus eins macht nur zwei
> Die Bundesregierung hat zwei Strategien beschlossen, um die Versorgung
> mit Rohstoffen sicherzustellen. Dabei arbeitet sie streng nach
> Ressortgrenzen.
Bild: Ein Elektroauto an einer Ladesäule wirft auch aus Rohstoffsicht Fragen a…
Berlin taz | Woraus bauen wir künftig Autos oder Häuser? Woraus werden
Kleidung, Möbel oder Medikamente bestehen – und werden wir im Wettbewerb
etwa mit China noch an die Rohstoffe für Zukunftstechnologien wie Lithium
und Kobalt herankommen? Fragen auf diese Antworten versucht die
Bundesregierung mit zwei Strategien zu geben, die sie am Mittwoch im
Kabinett verabschiedet hat.
Die Rohstoffstrategie des Wirtschaftsministeriums befasst sich mit
Metallen, Erzen, Steinen und Energierohstoffen wie Kohle; die
Bioökonomiestrategie von Agrar- und Bundesforschungsministerium hingegen
nimmt nachwachsende Rohstoffe in den Blick: Holz und Hanf, Bakterien und
Pilze. Forschungsministerin Anja Karliczek und Agrarministerin Julia
Klöckner (beide CDU) präsentierten bei der Vorstellung ihrer Strategie
Schuhe aus Spinnenseide, die von genmanipulierten Bakterien erzeugt wurde,
und einen Fahrradhelm aus Holz.
Die Ministerinnen setzen auf solch innovative Produkte und Verfahren und
fordern nachdrücklich Offenheit gegenüber neuen gentechnischen Methoden wie
Crispr/CAS ein. Die Bioökonomie- und die Rohstoffstrategie griffen
ineinander, sagte Agrarministerin Klöckner am Mittwoch in Berlin, ließ aber
offen, an welchen Stellen. In den Texten jedenfalls sind keine Bezüge
dargelegt.
Die nach zehn Jahren überarbeitete Rohstoffstrategie von
Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier soll für eine verlässliche
Rohstoffversorgung der Industrie sorgen. Sie befasst sich mit heimischen
Rohstoffen wie Braunkohle oder Sanden, Sekundärrohstoffen aus Recycling
sowie Rohstoffimporten. Diesen räumt die Bundesregierung einen besonderen
Stellenwert ein.
## Die Recyclingbranche ist sauer
Deutlich wird das auch in den neuen Aufgaben, die das Papier der
Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe zuweist: Unter anderem
soll sie in ihrem für die Industrie wichtigen Rohstoffmonitoring künftig
auch verarbeitete Rohstoffe beobachten, also etwa Stähle, Pulver oder
Legierungen, aber auch Sekundärrohstoffe einbeziehen – beispielsweise
Schrott.
Die Recyclingbranche, die sich selbst als Schlüsselindustrie für die
Rohstoffversorgung begreift, kritisiert das Papier allerdings grundlegend.
„Um Rohstoffe nachhaltiger zu sichern und so lange wie möglich
wiederzuverwenden, hätte die Rohstoffstrategie das Recycling erheblich
fördern müssen“, sagt Gerd Hähne, Geschäftsführer von Scholz Recycling a…
dem baden-württembergischen Essingen. „Leider hat die Politik diese
Gestaltungsmöglichkeit für eine umweltschonendere Zukunft scheinbar
ausgelassen.“
Jörg Lacher vom Bundesverband Sekundärrohstoffe und Entsorgung (bvse) sagt:
„Wir erkennen hier keinen überzeugenden strategischen Ansatz, nicht für die
nähere Zukunft, aber auch nicht mittel- oder langfristig.“ Man hoffe, dass
vor allem die Bereiche Recyclingfähigkeit, Einsatz von Recyclingprodukten
und nachhaltige öffentliche Beschaffungsmaßnahmen bei der Novellierung des
Kreislaufwirtschaftsgesetzes verbindlicher als bisher geregelt werde.
## Den Rohstoffbedarf in den Blick nehmen
Die Umwelt- und Entwicklungsorganisationen, die sich im „Arbeitskreis
Rohstoffe“ zusammengeschlossen haben, kritisieren den Fokus der Strategie
auf den Zugang zu primären Rohstoffen ebenfalls. Die Organisationen
fordern, den Verbrauch stärker in den Blick zu nehmen: „Um den hohen
Rohstoffbedarf der deutschen Industrie zu reduzieren, geht es um längere
Nutzung, Reparatur, Wiedernutzung und Recycling auf dem Weg zu der im
European Green Deal angekündigten Kreislaufwirtschaft“, sagt Cornelia
Heydenreich, Teamleiterin Unternehmensverantwortung von Germanwatch.
Deutschland dürfe sich bei Fragen der Rohstoffgewinnung nicht aus der
Verantwortung stehlen, sagt Tobias Kind, Programmleiter für Bergbau und
Metalle beim WWF, „sondern muss dem anhaltenden Verlust biologischer
Vielfalt durch den Abbau und die Verarbeitung von Eisenerz, Bauxit und Co
Einhalt gebieten“.
Das wäre dann auch im Sinne der Bioökonomiestrategie: Denn eine biobasierte
Wirtschaft ist auf biologische Vielfalt unbedingt angewiesen.
15 Jan 2020
## AUTOREN
Heike Holdinghausen
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