# taz.de -- Neue Regierung in Österreich: Hintertürchen im Koalitionsvertrag | |
> ÖVP und Grüne dürfen bei asylpolitischen Fragen auch außerhalb der | |
> Koalition Mehrheiten suchen. Allerdings nur bei „besonderen | |
> Herausforderungen“. | |
Bild: Sebastian Kurz (ÖVP, links) und Werner Kogler (Grüne) bei einer Pressek… | |
WIEN taz | Nicht auf den kleinsten gemeinsamen Nenner habe man sich | |
geeinigt, sondern auf große Projekte aus beiden Parteien. [1][„Das Beste | |
aus beiden Welten“], verkündete Sebastian Kurz (ÖVP) am Donnerstag bei der | |
Präsentation des Koalitionsabkommens mit den Grünen. Beim Thema Asyl und | |
Flüchtlinge will man sich auf die vermeintliche Harmonie allerdings nicht | |
verlassen müssen. | |
So findet sich auf Seite 200 des [2][Koalitionspaktes] unter der | |
Überschrift „Modus zur Lösung von Krisen im Bereich Migration und Asyl“ d… | |
Möglichkeit eines koalitionsfreien Raums, sollten „besondere | |
Herausforderungen im Bereich Migration und Asyl entstehen“. | |
Für den Fall, dass es der Bundesregierung nicht gelingt, „diesen | |
Herausforderungen gemeinsam und zeitgerecht zu begegnen und proaktiv die | |
erforderlichen Maßnahmen (inkl. gesetzgeberische Maßnahmen) zu setzen“ und | |
weder der Koordinierungsausschuss noch ein Gespräch zwischen Kanzler und | |
Vizekanzler das nötige Einvernehmen herstellen kann, dann ist jeder der | |
Partner berechtigt, einen eigenen Antrag ins Parlament zu bringen. Und sich | |
dafür – außerhalb der Koalition – eine Mehrheit zu suchen. | |
Das heißt aber auch, dass ÖVP und FPÖ gemeinsam Gesetze durchbringen | |
könnten, die sich an Viktor Orbáns Flüchtlingspolitik in Ungarn | |
orientieren. „Echtes Novum im Koalitionsabkommen“, [3][twitterte | |
ORF-Anchorman Armin Wolf.] | |
Für die Grünen bietet dieses Hintertürchen die Möglichkeit, aus ihrer Sicht | |
bedenkliche Maßnahmen nicht mittragen zu müssen, ohne die Koalition platzen | |
zu lassen. Auch Bundeskanzler Sebastian Kurz will für ein etwaiges | |
Scheitern der neuen Regierung gewiss nicht verantwortlich sein. Es wäre | |
(nach SPÖ und FPÖ) seine dritte Koalition, die vorzeitig beendet würde. | |
ÖVP-Hauptverhandler August Wöginger antwortete im Ö1 Morgenjournal am | |
Freitag ausweichend: „Das ist sozusagen vorgesehen für absolute | |
Notsituationen, vergleichbar mit der Flüchtlingssituation 2015.“ Er hoffe | |
aber nicht, dass so ein Fall eintrete. | |
Für die Bekämpfung der Klimakrise oder andere Hauptanliegen der Grünen ist | |
eine solche Lösung übrigens nicht vorgesehen. Dass dieser Passus beim | |
Grünen Bundeskongress, der den Koalitionspakt am Samstag absegnen soll, für | |
Diskussionen sorgen wird, ist wahrscheinlich. | |
3 Jan 2020 | |
## LINKS | |
[1] /Neue-Koalition-in-Oesterreich/!5653270 | |
[2] /Gruene-koalieren-mit-OeVP/!5650056 | |
[3] https://twitter.com/ArminWolf/status/1212763275466825730 | |
## AUTOREN | |
Ralf Leonhard | |
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