# taz.de -- Schäuble zur Anonymität im Netz: Klarnamenpflicht hilft nicht | |
> Mord- und Vergewaltigungsdrohungen im Netz braucht niemand – außer Nazis. | |
> Was dagegen zu tun ist, glaubt Wolfgang Schäuble zu wissen. | |
Bild: Wolfgang Schäuble, er selbst, in echt | |
Wie wird man des ganzen Hasses im Netz, vor allem in den sozialen | |
Netzwerken Herr? Da werden Mord- und Vergewaltigungsdrohungen abgesondert, | |
gezielt gegen Einzelpersonen oder auch als allgemeiner Ausdruck | |
gruppenbezogenen Menschenhasses. Immer wieder schwimmt die Forderung nach | |
einer Klarnamenpflicht an die Oberfläche der Debatte, gerade erst durch | |
Wolfgang Schäuble, der schon seit Jahren immer wieder mal für ein | |
„digitales Vermummungsverbot“ eintritt. | |
Lassen wir mal beiseite, dass es für den Bundestagspräsidenten und früheren | |
kreativen Finanzjongleur der CDU vielleicht Dringlicheres zu tun gibt – die | |
Durchsetzung einer Klarnamenpflicht für Großspender*innen an Parteien zum | |
Beispiel. Nehmen wir stattdessen an, dass die wiederholte Forderung nach | |
Einschränkung von Anonymität beziehungsweise Pseudonymität im Netz der | |
ehrlichen Sorge um den Stand der Debattenkultur entspringt. | |
Dann darf aber doch verlangt werden, dass die Verfechter*innen der | |
[1][Klarnamenpflicht], jener kleinen Schwester des anderen | |
Internet-Allheilmittels, der Vorratsdatenspeicherung, wenigsten einmal die | |
bisherigen Versuche mit dieser Methode unter die Lupe nähmen [2][und sich | |
über den Stand der Forschung informierten.] | |
Dann nämlich wüsste auch Wolfgang Schäuble, dass ein entsprechendes | |
[3][Gesetz in Südkorea fünf Jahre nach seiner Einführung wieder kassiert | |
wurde]. Und zwar wegen unbilliger Einschränkung von Bürgerrechten und, kein | |
Witz, wegen Wirkungslosigkeit. Die Bürger*innen des asiatischen Landes | |
sollten sich mit ihrer Einwohnernummer registrieren, bevor sie auf großen | |
Plattformen kommentierten. | |
## Dann halt Hackerangriffe | |
Statt dem rauen Debattenton die Kanten zu nehmen, wurden die User*innen | |
lediglich etwas kreativer mit ihren Invektiven. Das Schlimmste aber war, | |
dass die Provider mehrfach Hackerangriffen ausgesetzt waren und die | |
gesetzeskonform gespeicherten Daten dabei gestohlen wurden. | |
Übrigens lässt sich auch für den deutschsprachigen Raum belegen, dass | |
Hassposts unter Klarnamen sogar häufiger als unter Pseudonymen abgegeben | |
werden. Eine konsequente Strafverfolgung, die schon heute möglich ist, wäre | |
hier vielleicht angebrachter. So ließe sich eventuell ein | |
Unrechtsbewusstsein schärfen, das tatsächlich gegen Hassrede, Mobbing und | |
dergleichen Wirkung entfalten könnte. | |
13 Jan 2020 | |
## LINKS | |
[1] /Kommentar-ueber-Klarnamenpflicht/!5599091 | |
[2] https://www.heise.de/newsticker/meldung/Schaeuble-Anonymitaet-ist-Versuchun… | |
[3] /Internetforen-in-Suedkorea/!5085786 | |
## AUTOREN | |
Daniél Kretschmar | |
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