# taz.de -- U-Ausschuss zur Berateraffäre: Kein Anschluss unter 0163 4064003 | |
> Das Verteidigungsministerium ließ Dienst-SMS von Ursula von der Leyen | |
> löschen und vernichtete offenbar Beweise. Die Opposition ist empört. | |
Bild: Ups, Handy verloren: von der Leyen in dieser Woche in Straßburg | |
Berlin taz | Für ein paar Tage war ein Nachwuchs-Hacker mit dem Pseudonym | |
„0rbit“ das große Thema in Deutschland: Im Dezember 2018 hatte ein | |
20-Jähriger aus Mittelhessen private Daten von Prominenten und | |
Politiker*innen [1][im Internet veröffentlicht] und es damit bis auf die | |
Titelseite des Spiegel geschafft. | |
Robert Habeck war von dem Datenleck besonders stark betroffen und schaltete | |
kurz darauf sein Twitter-Konto ab. Zahlreiche Bundestagsabgeordnete mussten | |
sich neue Handynummern zulegen, weil ihre alten frei verfügbar im Netz | |
kursierten. Anfang Januar konnten die Behörden den Täter schließlich | |
identifizieren und festnehmen. Dann wurde es um die Angelegenheit schnell | |
wieder ruhig. | |
Ein knappes Jahr später sorgen die Folgen des Hacks jetzt aber wieder für | |
Aufregung: Unter den veröffentlichen Daten befand sich auch die | |
Handy-Nummer 0163 4064003 – die Nummer der damaligen | |
Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen. Aus Sicherheitsgründen musste | |
die CDU-Politikerin und heutige EU-Kommissionschefin damals ihr Diensthandy | |
austauschen. Und deswegen fehlen dem Bundestags-Untersuchungsausschuss zur | |
Berateraffäre jetzt womöglich wichtige Beweismittel. | |
## U-Ausschuss wollte SMS lesen | |
Aber der Reihe nach: Seit Februar 2019 [2][beschäftigt sich ein | |
Untersuchungsausschuss] mit den Beraterverträgen, die das | |
Verteidigungsministerium unter von der Leyen im großen Stil abgeschlossen | |
hat. Private Consultingfirmen haben in den letzten Jahren gutes Geld mit | |
dem Ministerium gemacht. Bei der Auftragsvergabe wurden Vergaberichtlinien | |
offenbar nicht immer eingehalten, der Verdacht der Vetternwirtschaft steht | |
im Raum. Besonders relevant ist die Frage, was die Ministerin wusste. | |
Schon in seiner ersten Sitzung beschloss der Ausschuss deshalb einen | |
Beweisantrag, der nach Angaben aus Oppositionskreisen auch von der Leyens | |
SMS-Nachrichten umfasst. In den folgenden Monaten fragten die Abgeordneten | |
den Angaben zufolge immer wieder bei der Regierung nach, wann sie die | |
Textnachrichten zu sehen bekommen werden. Das Ministerium habe sie lange | |
vertröstet: Erst sei das Handy nicht auffindbar gewesen, dann habe die | |
PIN-Nummer gefehlt. Am Donnerstag dieser Woche hieß es dann plötzlich, die | |
Daten seien nicht mehr verfügbar. | |
Hinter verschlossenen Türen habe ein Regierungsvertreter im Ausschuss | |
berichtet: Nach dem Datenleck musste von der Leyen ihr | |
verschlüsselungsfähiges Diensthandy abgeben. Das Ministerium schickte das | |
Gerät, wie in solchen Fällen üblich, zurück an den Betreiber und dieser hat | |
alle darauf befindlichen Informationen gelöscht. Diese sogenannte | |
„Sicherheitslöschung“ soll aber erst im August erfolgt sein – also sieben | |
Monate, nachdem das Handy ausgetauscht worden war und sechs Monate, nachdem | |
die Abgeordneten Einsicht in den SMS-Verkehr gefordert hatten. | |
## Zweites Handy „unter Verschluss“ | |
Warum das Ministerium das halbe Jahr nicht nutzte, um die Beweismittel zu | |
sichern? Ein Sprecher des Verteidigungsministerium wollte darauf am Freitag | |
nicht eingehen und bestätigte nur den grundsätzlichen Vorgang: Nachdem die | |
Nummer der Ministerin öffentlich wurde, „musste sie ihr Diensthandy | |
zurückgeben und die Regularien sind, dass die Daten dann | |
sicherheitsgelöscht werden“. | |
Es gibt auch noch ein zweites Diensthandy, dass von der Leyen nach dem | |
Datenleck ab Januar genutzt hat. Dieses liegt dem Sprecher zufolge „unter | |
Verschluss“ im Ministerium. Ob auch darauf Daten gelöscht worden seien, | |
wisse er nicht. Viel könnten die Abgeordneten damit aber so oder so nicht | |
anfangen: Ihr offizieller Untersuchungsauftrag umfasst ohnehin nur die Zeit | |
bis Januar. | |
„Skandalös“, nennt der Linken-Abgeordnete Matthias Höhn den Vorgang. Es | |
„scheint doch sehr viel zu verbergen zu geben“, twitterte Marie-Agnes | |
Strack-Zimmermann (FDP). Spätestens im neuen Jahr will die Opposition der | |
Sache weiter nachgehen – und dann auch bei von der Leyen selbst nachfragen: | |
Voraussichtlich am 13. Februar muss die EU-Kommissionspräsidentin als | |
Zeugin im Ausschuss aussagen. Ein einfacher Termin wird es für sie sicher | |
nicht. | |
20 Dec 2019 | |
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## AUTOREN | |
Tobias Schulze | |
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