| # taz.de -- Plastik zum Kompostieren: Zum Beispiel Hundekotbeutel | |
| > Abbaubare Kunststoffe haben ein schlechtes Image. Zu Unrecht, finden | |
| > Abfallexperten. Und suchen nach sinnvollen Anwendungen. | |
| Bild: Hundekotbeutel zum Recyceln | |
| Berlin taz | Den Plastikteller nach der Grillparty gleich mit dem Ketchup | |
| in die Biotonne, den Pflanztopf der neuen Stauden – schwuppdiwupp – auf den | |
| Kompost im Garten werfen, das klingt gut. Doch die für viele [1][wunderbare | |
| Vision vom biologisch abbaubaren Plastik] verliert schon länger an Glanz. | |
| Umweltverbände beziehen mittlerweile auch abbaubare Kunststoffe in ihre | |
| Grundsatzkritik am Plastikkonsum ein. Sie stellten für Kompostieranlagen | |
| „Störstoffe dar, werden meist nicht normgerecht abgebaut und in den meisten | |
| Fällen aufwendig aussortiert und teuer entsorgt“, formulierte etwa die | |
| Deutsche Umwelthilfe in einer Untersuchung. | |
| Auch Branchenverbände der Abfallwirtschaft stehen biologisch abbaubaren | |
| Kunststoffen ablehnend gegenüber. Ihre Kompostierung sei „keine hochwertige | |
| Verwertung und auch kein Recycling“, heißt es in einem gemeinsamen | |
| Positionspapier der Organisationen. In der Kompostierung entfalteten sie | |
| keinen stofflichen Nutzen, auch ihr energetischer Wert bleibe ungenutzt, | |
| heißt es weiter. | |
| Michael Carus, Chef des auf biobasierte Rohstoffe spezialisierten | |
| Forschungs- und Beratungsunternehmens Nova-Institut ärgert das schlechte | |
| Image von bioabbaubaren Kunststoffen. Daher hat er [2][das Projekt | |
| „BioSinn“] gestartet, in dem er zusammen mit dem Institut für | |
| Kunststofftechnik der Universität Stuttgart „Steckbriefe sinnvoller | |
| biologisch abbaubarer Produkte“ erstellen möchte. Gefördert wird das | |
| Projekt vom Bundeslandwirtschaftsministerium. | |
| ## Liste mit 25 Anwendungen | |
| Am Ende soll eine Liste mit genauen Beschreibungen von 25 Anwendungen | |
| herauskommen, bei denen Kunststoffe „weder eingesammelt noch verwertet | |
| werden können“, so Carus, „und die sich deshalb sinnvollerweise in der | |
| Natur abbauen“. | |
| Auf einer Liste mit Vorschlägen finden sich Beispiele wie Schutzhüllen für | |
| junge Bäume, Leichensäcke und [3][Hundekotsammelbeutel], Pflanztöpfe oder | |
| Bodennetze für Fischnetze. Die Rohstoffbasis dieser Plastikartikel könne | |
| dabei Erdöl oder auch pflanzlich sein, sagt Carus. In der Regel handele es | |
| sich aber um Biokunststoffe, etwa aus Mais oder Gräsern. | |
| „Zwar schneiden Kunststoffe, die sich jeweils im Boden, in Süß- oder | |
| Salzwasser abbauen, bei Ökobilanzen schlecht ab“, sagt Carus, „weil man | |
| ihnen keine Gutschriften etwa für eingesparte Energierohstoffe anrechnen | |
| kann“. Doch in der Realität würden viele recycelbare Kunststoffe eben nicht | |
| recycelt, kritisiert Carus, „sie landen in Gewässern oder Böden und richten | |
| dort für Jahrhunderte Schaden an“. | |
| Henning Wilts, Experte für Kreislaufwirtschaft am Wuppertal-Institut, teilt | |
| zwar grundsätzlich die Skepsis gegenüber biologisch abbaubaren | |
| Kunststoffen, die sich etwa bislang auch in der EU-Richtlinie für | |
| Einwegplastik findet. Man dürfe niemandem ein Alibi geben, „Konsum- oder | |
| Produktionsgewohnheiten beizubehalten, weil es ja den angeblich technischen | |
| Ausweg Bioplastik aus der Abfallmisere gibt“, sagt Wilts. | |
| Gezielt sinnvolle Anwendungen für abbaubare Kunststoffe zu suchen sei aber | |
| „sehr sinnvoll“. Das Projekt ziele ja speziell auf solche | |
| Kunststoffprodukte ab, die häufig nicht oder schlecht erfasst würden. | |
| ## „Unvermeidbares Plastik recyceln“ | |
| Auch für den Fraktionschef der Grünen im Bundestag sind abbaubare | |
| Kunststoffe „Teil einer modernen Plastikstrategie“. Plastik müsse vermieden | |
| werden, „wo immer es geht“, sagt Anton Hofreiter. Daher sei das Verbot von | |
| Einwegplastik ein richtiger erster Schritt, reiche aber bei Weitem nicht | |
| aus. „Unvermeidbares Plastik muss recycelt werden, denn ein wertvoller | |
| Rohstoff darf nicht leichtfertig verbrannt werden“, so Hofreiter. Zudem | |
| müssten Kunststoffe, die nicht vermieden werden können und die oft in der | |
| Natur landen, abbaubar sein. | |
| Konferenzen, auf denen konkrete Vorschläge diskutiert werden, sollen laut | |
| Carus im Januar stattfinden, eine Liste mit den Produktsteckbriefen im | |
| Frühling vorliegen – rechtzeitig für die Diskussion über die Ausgestaltung | |
| der Richtlinie zum Einweg-Plastikverbot der EU. | |
| 22 Dec 2019 | |
| ## LINKS | |
| [1] /Verbot-von-Plastikmuell/!5508915 | |
| [2] http://xn--nova-institute-ktacdcdc.xn--eu-6da/%C2%ADbio%C2%ADsin%C2%ADn-bei… | |
| [3] /Oekoversion-von-Hundekotbeuteln/!5634674 | |
| ## AUTOREN | |
| Heike Holdinghausen | |
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