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# taz.de -- Erdgasförderung in Niedersachsen: Druck von unten
> Als das Erdgasfeld in Völkersen entdeckt wird, wird der Gas- und
> Ölkonzern Dea mit offenen Armen empfangen – bis die Erbe plötzlich bebt.
Bild: Erdgasförderung unerwünscht: So sieht Protest im niedersächsischen Vö…
Als die Erde bebt, ist Martin Busch gerade im dritten Stock eines
Mehrfamilienhauses in Verden zu Besuch. „Es war wie eine Welle, die durch
den Boden läuft“, schildert der 62-Jährige. „Das Haus hat sich einmal
angehoben, da hab ich schon Angst gekriegt.“
Busch – sportlich-drahtige Figur, kurze graue Haare, energisches Auftreten
– ist nicht gerade der ängstliche Typ. Er arbeitet schon lange in der
stationären Jugendhilfe in der niedersächsischen Stadt Verden, ist
Therapeut, kommt aus der Anti-Atomkraft-Bewegung, scheut sich nicht, bei
Versammlungen mit über 100 Leute laut das Wort zu ergreifen.
Als am 20. November die Erde bebt, ist ihm mulmig zumute – da oben im
dritten Stock. Das stärkste Beben hat an diesem späten Abend des 20.
November eine Magnitude von 3,2 auf der Richterskala. Die Erschütterung
lässt Gläser im Schrank klirren, schüttelt Anwohner in ihren Betten durch
und treibt feine Risse in Hauswände.
[1][Es ist nicht das erste Beben] rund um das Erdgasfeld Völkersen, das mit
einer Ausdehnung von 76 Quadratkilometern eines der größten und zugleich
ergiebigsten Erdgasfelder Deutschlands ist. Dabei ist diese Region in
Niedersachsen wahrlich kein Erdbebengebiet. Im vergangenen Jahrtausend gab
es hier gar keine Erdbeben. Zwischen 1977 und Ende 2019 wurden dann
insgesamt 40 „seismische Ereignisse“ registriert, alle im Umfeld der
Erdgasförderung.
Das stärkste Beben ereignete sich am 20. Oktober 2004 in der Nähe von
Rotenburg an der Wümme: Magnitude 4,5. Dieses Beben ist bis ins über 60
Kilometer entfernte Hamburg zu spüren. Obwohl alles darauf hindeutet, dass
die Erdgasförderung die Beben auslöst, weist das [2][zuständige Gas- und
Ölunternehmen Dea], heute Wintershall Dea, lange jede Verantwortung zurück.
Durch diese Haltung des Konzerns verloren die Menschen in der Region, die
die Erdbeben miterlebten und deren Häuser teilweise Schaden genommen haben,
das Vertrauen in die Technik und auch das Vertrauen in die
Verantwortlichen. Viele fühlen sich nicht ausreichend informiert, fühlen
sich für dumm verkauft. Denn was, wenn nicht die Erdgasförderung, sollte
hier sonst die Erbeben verursachen? Das ebnete letztlich dem Widerstand
gegen die Erdgasförderung den Weg.
## Anfangs war Begeisterung
Martin Busch ist im Laufe der Jahre zu einem aktiven Gegner dieser Technik
geworden, mit jedem Erdbeben ein wenig mehr. Als Dea Anfang der 1990er
anrückt und die ersten Testbohrungen im da frisch entdeckten Erdgasfeld
Völkersen durchführt, ist die Technologiebegeisterung noch groß – auch bei
Busch. „Mich haben damals die riesigen Fackeln fasziniert, die überall im
Landkreis aus dem Boden schossen und brannten“, erinnert er sich.
Wird ein Erdgasfeld neu erschlossen, werden Testbohrungen durchgeführt und
das ausströmende Gas wird oben an den Fördertürmen abgefackelt. Tatsächlich
leuchten in den 90ern ständig irgendwo rote Erdgas-Feuer am Nachthimmel.
Als Dea anfing, in dem Dreieck zwischen Bremen, Rotenburg und Verden Erdgas
aus dem Feld in Völkersen in rund 4.800 Metern Tiefe zu fördern, gab es
keinen nennenswerten Protest. „Es kamen kaum Fragen, wir wurden Anfang der
1990er-Jahre hier in der Region mit offenen Armen empfangen“, sagt Heinz
Oberlach, Sprecher der Wintershall Dea. „Heute fragen viele, ob das denn
wirklich sein muss. Aber“, rechnet Oberlach vor, „70 Prozent aller
niedersächsischen Haushalte werden mit Gas versorgt.“ Das müsse doch
irgendwo herkommen.
„Lieber ‚not in my backyard‘, also aus Regionen, die weit von uns entfernt
liegen? Ich sage gern, auch wenn es sich etwas abgedroschen anhört:
Niedersächsisches Erdgas ist nun mal Energie aus der Region für die
Region“, sagt Oberlach. Das Erdgas aus dem Förderfeld Völkersen versorgt
rund 15 Prozent der niedersächsischen Haushalte mit Gas.
Bei den Gegnern und Gegnerinnen verfängt das Argument mit der regionalen
Versorgung nicht, oder besser: nicht mehr. „Ich habe damals einfach nicht
drüber nachgedacht, was die Erdgasförderung bedeuten kann, haben wir alle
nicht“, sagt Busch. „Es schien mir eher eine spannende Möglichkeit der
Energieversorgung und verhieß ja vor allem auch Unabhängigkeit von der
Atomenergie.“
Heute sieht er zumindest einige Parallelen zur Atomkraft. „Natürlich ist
Erdgas nicht so schlimm wie Atomenergie, aber: Wir können heute auch bei
der Erdgasförderung die Folgen nicht absehen. Wir machen etwas kaputt, was
wir nicht wieder heilen können.“
Ihm sei schon klar, dass es nicht möglich sei, die Förderung von jetzt auf
gleich abzubrechen. Schließlich heize er selbst auch mit Gas und vor dem
Ende der Erdgasförderung müssten die erneuerbaren Energien besser
aufgestellt sein. Busch schwebt zum Beispiel vor, die dezentrale Versorgung
mit Solarenergie staatlich viel mehr zu fördern. Die nach dem bisher
letzten Erdbeben erfolgte Ankündigung von Wintershall Dea, die Förderung im
Feld Völkersen im Jahr 2036 einzustellen, reicht ihm nicht. „Wir müssen
früher raus“, sagt Busch. „Wir brauchen sofort den Einstieg in den
Ausstieg.“
## Initiative gegründet
Richtig aktiv wird Busch im Jahr 2016, als in Verden-Walle, wo Busch sich
mit seiner Frau ein Haus gebaut hat, eine Erdgasförderanlage am Rand eines
Wasserschutzgebietes gebaut werden soll. [3][Er gründet eine
Bürgerinitiative]. Er und seine Mitstreitenden recherchieren, besorgen sich
Karten vom Katasteramt, lassen nicht locker, bis sie die Besitzer ausfindig
machen, auf deren Grundstücken die neue Förderanlageanlage hätte stehen
sollen. Sie sprechen mit den Grundstücksbesitzern, mit jedem Einzelnen.
„Manche werfen mir vor, wir hätten die Leute unter Druck gesetzt“, sagt
Busch. „Aber wir haben sie ja nur informiert.“
Informiert zum Beispiel darüber, dass Wintershall Dea, wenn die
Förderstelle „ausgelutscht“ ist, wie Busch es nennt, alles verfüllt, wied…
abrauscht und sich um mögliche langfristige Folgen eventuell nicht kümmert.
Informiert aber auch darüber, dass viele Menschen in Walle die Förderanlage
nicht wollen. Im Verdener Ortsteil Walle leben nur rund 1.600 Menschen – da
ist die Frage, ob man es sich da mit seinen Nachbarn verscherzen will. Die
Initiative von Busch verhinderte letztlich den Bau der neuen Anlage, weil
die Besitzer der nötigen Grundstücke nicht an das Förderunternehmen
verkauften.
## Protest formiert sich
Insgesamt gibt es heute rund um das Erdgasfeld Völkersen sieben
Initiativen, die gegen die Förderung mobil machen. Wer hier über die Dörfer
fährt, passiert regelmäßig rote X an Häusern, Zäunen, Bushaltestellen, an
Laternenmasten und auf Wiesen. In dem kleinen Ort Völkersen, dem
Namensgeber des Erdgasfeldes, sind an beiden Ortseingängen Protestanhänger
mit „Kein Gift in unsere Erde“-Schildern aufgebaut. Die stehen da schon
etwas länger herum. Einige Schilder mit Totenkopf oder roter Hand und dem
Wort „Stopp“ in der Handfläche hängen etwas windschief oder sind gleich
ganz auf die Seite gekippt.
Auf den roten X etwa an der Bushaltestelle steht hier: „No Fracking“.
Gefrackt wird im Erdgasfeld Völkersen seit 2011 nicht mehr. Damals kochte
die politische Debatte über diese umstrittene Fördermethode hoch und der
[4][damalige Bundesumweltminister Peter Altmaier (CDU) verhängte ein
Moratorium], um in der Zwischenzeit neue Regeln für die Erdgasförderung zu
verabschieden. Dieses Moratorium lief 2016 aus und [5][jetzt dürfte unter
gewissen Auflagen wieder gefrackt werden]. Wurde hier bisher aber nicht
wieder gemacht. Wintershall Dea fördert hier konventionell.
## Verschlafener Ort
Das in einem Ort wie Völkersen überhaupt protestiert wird, ist allein schon
recht bemerkenswert. Denn hier passiert nichts, friedlich ist es,
beschaulich, öde. Der Mini-Supermarkt ist schon seit Jahren dicht, es gibt
einen Hofladen und genau eine Ampel an der Hauptstraße. Für Unmut sorgen
hier Dinge wie vermeintlich falsch beschnittene Bäume am Straßenrand oder
ein großes Güllefass mit hoher Betonwand, das ohne vorher mit dem
Ortsbürgermeister gesprochen zu haben, plötzlich dastand.
Gerade wird über die Einführung eines Bürgerbusses diskutiert, denn der
öffentliche Nahverkehr ist mehr als mau. Und für Diskussionen sorgt ein
geplantes Neugebiet am Rand des Ortes. Die größte Sorge ist, dass die
Lastwagen und Baufahrzeuge eine Straße demolieren könnten.
Im August 2010 schaffte es der kleine Ort mal in die Schlagzeilen. Damals
kam David Hasselhoff zu Besuch, auf den Spuren seiner Familiengeschichte.
Denn er ist mit dem Völkser Landwirt Hermann Heimsoth verwandt. Auf dessen
Hof fuhr Hasselhoff damals Trecker, erntete Haselnüsse von dem Strauch
hinter dem Haus und taufte ein Fohlen auf den Namen „Baywatch“.
## „Dynamischer Player“ zwischen Büschen
Mit der Erdgasförderung ging es hier 1992 los, damals wurde die
Erdgaslagerstätte Völkersen entdeckt. 1994 wurden die obertägigen
Betriebsanlagen in dem winzigen Nachbarort Schülingen in Betrieb genommen.
Von der Hauptstraße weist ein weißes Schild etwa auf Wadenhöhe den Weg.
Wintershall Dea steht drauf, in ziemlich kleinen blauen Lettern. Als wollte
Europas führender Gas- und Ölkonzern, den Ex-Außenminister Sigmar Gabriel
(SPD) in seiner [6][Ansprache zur 125-Jahr-Feier des Unternehmens] in
Kassel im vergangenen Jahr einen „dynamischen internationalen Player, der
Brücken bauen kann“ genannt hat, hier zwischen Koppeln, Büschen, Friedhof
und Feldern lieber nicht zu sehr auffallen.
Durch die Gänge und Büros der Wintershall-Dea-Betriebsstätte in dem noch
viel kleineren Ort Schülingen weht noch heute der Hauch der 90er. Der
L-förmige Schreibtisch von Heinz Oberlach liegt übervoll mit Zettelhaufen –
Artikel über die Erdgasförderung, Tabellen, in denen zum Beispiel
festgehalten ist, wann und wo im Landkreis gefrackt wurde, an der Wand
hinter seinem Schreibtisch hängen Landkarten, auf denen die Förderstationen
eingezeichnet sind.
Insgesamt sind es hier in der Region 18 Förderbohrungen, 16 davon allein im
Feld Völkersen/Völkersen Nord. Seit 1992 fördern sie hier jedes Jahr im
Schnitt etwa 800 Million Kubikmeter Gas, mal etwas mehr, mal etwas weniger.
Damit gehört dieses Erdgasfeld zu den ergiebigsten Feldern in Deutschland –
und Niedersachsen ist mit 95 Prozent der heimischen Produktion größtes
Förderland.
Oberlachs Oberkörper verschwindet unter seinem Tisch, er holt von irgendwo
da unten ein Stück eines Bohrkerns hervor. Durchmesser etwa zehn
Zentimeter, grau-rosa, leicht geriffelt, raue Oberfläche, erinnert ganz
entfernt an einen feinporigen Bimsstein. „So sieht die Sandstein-Formation
aus, aus der wir hier das Erdgas fördern“, sagt er. Das Gas sitzt in den
feinen Poren des Sandsteins, genannt „Rotliegendes“. Diese
Gesteinsformation liegt hier im Landkreis Verden in 4.700 bis 5.200 Meter
Tiefe.
## Sechs Förderanlagen auf einem Haufen
Heute gibt es auf dem Gelände in Schülingen sechs Gasförderanlagen auf
einem Haufen. Das ist ungewöhnlich, in der Regel kommt eine Anlage immer
allein. Jede dieser Anlagen ist tatsächlich insgesamt ziemlich genauso groß
wie ein Fußballfeld – etwa 90 mal 45 Meter. Über jeder Anlage hängt ein
ausgeblichener rot-weiß geringelter Windsack.
Steht man mit Sicherheitshelm, Sicherheitsjacke und Schutzbrille (ohne all
das, darf man nicht auf die Anlage) neben einem der Förderrohre, die aus
der Erde kommen, zischt das Gas leise hörbar vorbei, durch das Rohr in eine
Trocknungsanlage, wo die Feuchtigkeit, das sogenannte Lagerstättenwasser,
herausgefiltert und das Erdgas getrocknet wird.
Dieses Lagerstättenwasser sorgte hier in der Region vor ein paar Jahren für
Aufregung. Aus vermutlich undichten Kunststoffrohren, in denen das
Lagerstättenwasser abtransportiert wurde, um es andernorts wieder im Boden
zu verpressen, [7][trat Benzol aus]. Das war 2012. Ein Jahr später wurde im
Boden Quecksilber nachgewiesen. Benzol gilt als krebserregend, das
Schwermetall Quecksilber ist hochgiftig.
Das zuständige [8][Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie (LBEG)]
beschwichtigte damals und schrieb unter anderem an die Bürgerinitiative in
Völkersen, dass „eine Gefahr für Mensch und Umwelt aufgrund von Quecksilber
aus den Untersuchungsergebnissen nicht abgeleitet werden“ könne. Aber das
konnte die Sache auch nicht mehr wieder gut machen. Das war ein weiterer
Knacks im Vertrauensverhältnis zwischen dem Gas- und Ölkonzern und den
Anwohnerinnen und Anwohnern.
## Symbol des Widerstandes
Zwei Wochen nach den Beben am 20. November 2019, dessen Epizentren südlich
des Örtchens Kirchlinteln am Rande des Erdgasfeldes Völkersen lagen,
organisierten die Gemeinde Kirchlinteln und das LBEG einen
Informationsabend im „Lintler Krug“. Es soll vor allem um die
Antragsverfahren zur Regulierung etwaiger Schäden gehen. So steht es schon
in der Einladung, die in den Lokalzeitungen abgedruckt wurde. Man wolle an
diesem Abend keine grundsätzlichen Debatten über die Erdgasförderung.
Ein hehrer Wunsch, aber das Thema Erdgasförderung und die Folgen
polarisieren und ohne emotionale Ausbrüche gehen solche Veranstaltungen in
der Regel nicht über die Bühne. Wenig verwunderlich, wenn das eigene
Zuhause ins Wanken gebracht wird. Wenn dann noch Vertreter des Verursachers
der ganzen Misere anreisen, wie an diesem Abend in Kirchlinteln, um sich
den Fragen der Anwohnerinnen und Anwohner zu stellen, ist grundsätzliche
Kritik zu erwarten.
Daher verwundert es nicht, dass gegenüber des Gasthauses ein nicht zu
übersehendes Symbol des Widerstandes abgestellt wird: ein Trecker mit rotem
X am Frontlader. Im Eingang lehnen weitere rote X und im bis zum letzten
Platz gefüllten Saal sitzen auch Vertreter und Vertreterinnen verschiedener
Initiativen. Busch ist auch da. „Dea versucht jetzt, die Schäden schnell zu
erfassen und schnell zu regulieren, damit der Protest im Sande verläuft“,
sagt er nach der Veranstaltung.
## Verantwortung lange abgestritten
Auf der anderen Seite ist es ein Fortschritt, dass der Konzern für die
Schäden überhaupt aufkommt und das sogar recht schnell und unbürokratisch.
Dass das schnell geschieht, loben viele, deren Häuser Schaden genommen
haben. Bei den Beben in den Jahren 2008 und 2012 hat der Konzern noch
abgestritten, dass die Erdgasförderung etwas mit den Beben zu tun hat.
„Am Anfang haben wir uns schwer damit getan, das aufzuarbeiten und
anzuerkennen, dass wir das regulieren sollen“, so formuliert es der Leiter
der Wintershall Dea Business Unit Deutschland, Dirk Warzecha, der auch auf
dem Podium im „Lintler Krug“ sitzt. Solch „seismische Events“ seien eine
wirklich „seltene Begleiterscheinung der Erdgasförderung“, sagt Warzecha
und erntet von den rund 130 Frauen und Männern im Publikum, die bereits
mehrere Beben erlebten, höhnisches Lachen und Gemurmel des Unmuts. „Als wir
damals 1992 hier mit der Förderung anfingen, war das nicht zu erwarten.
Heute wissen wir: Es ist anders.“
Was die Menschen eigentlich beruhigen soll, was ihnen signalisieren soll,
dass der Konzern ja lernfähig ist, sich nun kümmert und sie nicht auf ihren
Schäden sitzen bleiben, verfängt nicht wirklich. Wieso sollte man einem
Konzern glauben, der die Erde unter ihren Füßen zum Wackeln bringt und dann
sagt, man habe das nicht wissen können, als man vor bald 30 Jahren mit der
Förderung anfing? Warum sollte man nun ihren Beteuerungen glauben, dass es
nicht noch heftiger wird? So heftig, wie im nur rund 200 Kilometer
entfernten [9][Fördergebiet Groningen, wo die Beben viel größere Schäden
anrichten]? Da sehe man doch, was passieren kann.
Warum sollte man diesem Konzern glauben, dass nicht doch das Grundwasser
verschmutzt wird? Die Antwort von Warzecha auf solche Fragen aus dem
Publikum lautet etwas gebetsmühlenartig: „Wir glauben den Experten und die
sagen, schlimmer wird es nicht.“ Doch das reicht den Leuten hier nicht.
„Na, dann hoffe ich, dass sie sich nicht auf die dieselben Experten
berufen, die Ihnen damals sagten: Es wird keine Erdbeben geben“, ruft ein
Anwohner.
## Emotional aufgeladene Debatte
„Erschütterungen“, nennt Heinz Oberlach die Beben, schließlich bestehe
nicht die Gefahr von strukturellen, also sicherheitsgefährdenden Schäden.
Er spricht auch nicht von Erdbeben, sondern von „Erdstößen“. Es gehe ihm
nicht darum, etwas „zu verniedlichen“, er wolle aber Assoziationen mit
wirklich verheerenden Erdbeben vermeiden.
„Wir behaupten auch nicht, dass es gar keine Risiken gibt, doch wir tun
alles, um diese zu minimieren und um aufgetretene Schäden zügig und
unbürokratisch zu regulieren.“ Ihm ist die Debatte oft viel zu emotional
aufgeladen. „Einige Initiativen lehnen Gespräche mit uns grundsätzlich ab�…
sagt er. „Für die sind wir die Bösen, aber ich denke, jede Kritik muss
einen rationalen Kern haben.“
Busch formuliert diesen eingeforderten rationalen Kern so: „Vier Punkte
bringen die Menschen gegen die Erdgasförderung vor: die Erdstöße, das
anfallende Lagerstättenwasser, [10][Krebsfälle rund um die Förderanlagen]
und Umweltzerstörung allgemein.“ Die Menschen sitzen hier auf dem Gas und
das bereitet ihnen Sorge. Auch wenn Wintershall Dea sich tatsächlich in 16
Jahren aus der Förderung zurückzieht, dürfte es nicht vorbei sein. Denn die
Erde bebt zeitversetzt.
Die Autorin ist in Völkersen aufgewachsen und fuhr in den 90er-Jahren mit
ihrer weinroten Vespa immer an der Förderanlage in Schülingen vorbei zur
Schule nach Verden. Ihre Patentanten und Patenonkel leben in Kirchlinteln
12 Jan 2020
## LINKS
[1] https://www.lbeg.niedersachsen.de/erdbebendienst/erdbebenaktuelles/niedersa…
[2] https://wintershalldea.com/de/wo-wir-sind/deutschland
[3] http://walle-gegen-gasbohren.de/
[4] /Kein-Gesetzentwurf-zu-Fracking/!5066009
[5] /Umstrittene-Erdgasfoerderung/!5314048
[6] https://wintershalldea.com/de/newsroom/125-jahre-wintershall-deutschland-da…
[7] /Undichte-Oelbohranlage-in-Niedersachsen/!5614731
[8] https://www.lbeg.niedersachsen.de/startseite/
[9] /Erdgasfoerderung-in-Groningen/!5649973
[10] /Wie-schaedlich-sind-Erdgasbohrungen/!5035484
## AUTOREN
Ilka Kreutzträger
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