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# taz.de -- Konflikt um rechtes Tattoo-Studio: Die Nerven liegen blank
> Die Auseinandersetzung um ein Neumünsteraner Tattoo-Studio im Umfeld
> rechtsextremer Rocker eskaliert: Nun gab es einen Messerangriff.
Bild: Hat wohl ein Rockerproblem: die Holsten-Galerie in Neumünster
Hamburg taz | Es geht um eine Schnittwunde, mehrere stumpfe Verletzungen
und einen lange schwelenden Konflikt um die Etablierung einer gemischten
Szene aus Rockern und Rechtsextremen in Neumünster. Dieser Konflikt ist nun
offenbar eskaliert. Der Chef des umstrittenen „Famous Tattoo & Lifestyle
Studio“, Matthias Stutz, soll einen Tag vor Heiligabend im Einkaufszentrum
„Holsten Galerie“ in Neumünster einen Mann und eine Frau angegriffen und
verletzt haben. So berichtet es jedenfalls das Paar. Stutz’ Lebenspartnerin
soll involviert gewesen sein.
Die Betreiber des besagten Tattoo-Studios kommen aus dem Rockermilieu der
Bandidos und einige haben rechtsextreme Biographien. Stutz selbst wurde
2017 mit zwei weiteren Bandidos wegen eines Messerangriffes auf einen
feindlichen Rocker in Dägeling (Kreis Steinburg) verurteilt.
Die Betroffene schildert den Vorfall am 23. Dezember im Gespräch mit der
taz nun so: Gegen 16.40 Uhr habe sie mit ihrem Freund an der Kasse einer
Filiale einer Bekleidungskette im Obergeschoss angestanden. Da sei Stutz
auf sie zugekommen und habe sie und ihren Partner angepöbelt. Vor dem Laden
soll Stutz ihren Freund auch körperlich angegangen haben. „Er hatte meinen
Freund im Würgegriff und das Messer gezogen“, sagt sie. Sie wundere sich
noch immer, warum die Sicherheitskräfte des Einkaufszentrums nicht
einschritten. „Mein Freund erlitt eine Schnittwunde, ich wurde unter
anderem am Halswirbel verletzt“, sagt sie.
„Ich habe die Menschen, es waren circa 40 Gaffer, um ein Einschreiten
gebeten“, sagt sie. „Aber es kam keiner der im Halbkreis stehenden Menschen
zu Hilfe. Ich bin selber dazwischengegangen und wurde dann von der Freundin
des Studio-Inhabers angegriffen.“ Ihre Verletzungen und die ihres Freundes
mussten laut ihrer Aussage im Krankenhaus behandelt werden, weitere
Untersuchungen seien nötig. „Ich habe Anzeige erstattet“, sagt sie.
Die Staatsanwaltschaft Kiel leitete eine Ermittlung wegen gefährlicher
Körperverletzung ein und bestätigte einen Rocker-Hintergrund. Auch ein
Messer sei zum Einsatz gekommen.
Die Betroffene vermutet als Motiv, dass dem Tattoo-Studio der Mietvertrag
für die Räume im Einkaufszentrum [1][gekündigt wurde]. Denn „der
Studio-Chef hat uns bei seinen verbalen Ausfällen vorgehalten, für die
Kündigung verantwortlich zu sein“, erzählt sie.
Auf seiner Facebook-Seite veröffentlichte besagtes Tattoo-Studio, dessen
Geschäftsführer offiziell Christian Franz ist, nun den Namen des männlichen
Opfers. Die Angegriffenen sehen darin eine Form der direkten Bedrohung.
Seit das „Famous Tattoo & Lifestyle Studio“ im Juni in das Einkaufszentrum
einzog, warnt die Kampagne „Kein Fame für Famous“ davor, dass sich in
Neumünster die Mischszene aus Rechtsextremen und Rockern weiter etabliere.
Durchaus mit Erfolg: Dass dem Studio mittlerweile der Mietvertrag gekündigt
wurde, dürfte die Kampagne zumindest forciert haben. Es läuft ein
Rechtsstreit.
„Die Nerven bei den Betreibern scheinen nun blank zu liegen“, sagt ein
Aktivist der Kampagne. Der Angriff im Einkaufszentrum habe ihn dennoch
„sehr erschreckt“. Dass der Inhaber des Tattoo-Studios frustriert sei, sei
ja klar. „Dass er am helllichten Tag vor Passanten auf Menschen in einem
Einkaufszentrum losgeht“, bestätige jedoch die Befürchtungen der
Aktivisten, dass es sich bei den Betreibern um gewaltbereite Rocker mit
Kontakten in die rechte Szene handele.
Die Betreiber des Studios wiederum streiten ab, einschlägige Kontakte zu
haben und mit Peter Borchert – einem führenden Bandido und langjährigem
Rechtsextremist – in geschäftlicher Beziehung zu stehen. Aufnahmen jedoch
belegen diese Beziehungen. Für den Miet-Rechtsstreit haben sich die
Betreiber zudem einen Anwalt genommen, der auch Borchert bereits mehrfach
vertreten hat.
Beste Beziehungen hat Stutz nicht nur zu Borchert, sondern auch zu
Alexander Hardt. Auf seinem Instagram-Account hat der langjährige
Mitstreiter von Borchert in der rechtsextremen Szene und im
Bandidos-Spektrum im Oktober [2][ein Video veröffentlicht]. Im Vorspann
des Clips spricht er ausdrücklich Personen an, die das „Famous Tattoo &
Lifestyle Studio“ kritisieren. Eine kurze Geste mit deutlicher Botschaft
folgte: Die rechte Hand auf Kopfhöhe gehalten, lässt Hardt ein imaginäres
Messer aufklappen, runter zum Hals wandern, um dort eine schnelle
Schnittbewegung zu vollziehen. Das Video haben die Aktivisten der Kampagne
„Kein Fame für Famous“ der Polizei übergeben.
## Bedauern beim Management des Einkaufszentrums
Auf Facebook stellen die Betreiber des Tattoo-Studios auch den Angriff ganz
anders dar: Stutz sei nicht der Täter, sondern das Opfer. Vor einem
„hinterhältigen Angriff“ habe er sich mit zwei Schlägen wehren müssen,
wobei er leicht verletzt worden sei. In dem Post wird der vermeintliche
Angreifer mit vollem Namen, Spitznamen und Arbeitsstelle genannt. Diese
Stellungnahme überrascht, denn in der Rocker-Szene gilt es als No-Go, sich
in der Öffentlichkeit zu erklären, es verstößt gegen den Ehrenkodex.
Dass die Männer, die aneinandergerieten, sich kennen, läge daran, dass ihr
Freund mal in der Rocker-Szene gewesen sei, sagt die Freundin des
Angegriffenen. „Er ist seit zweieinhalb Jahren aber raus.“
In einer Stellungnahme zum Angriff betont Marcus Eggers vom Management der
„Holsten Galerie“, „als Vermieter“ keinen Einfluss auf die Mieter zu ha…
In einer weiteren Stellungnahme hebt Eggers jedoch hervor, dass das
Management des Einkaufszentrums den Vorfall sehr ernst nehme und
ausdrücklich bedauere.
3 Jan 2020
## LINKS
[1] /Rechtes-Tatoo-Studio-unter-Druck/!5645828
[2] /Rechstextremisten-in-Neumuenster/!5636444
## AUTOREN
Andreas Speit
## TAGS
Rechtsextremismus
Rocker
Neumünster
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