# taz.de -- Neues Berliner Polizeigesetz kommt: Das Beste daraus gemacht | |
> Regierungskoalition findet Kompromiss. Das Berliner werde „das | |
> liberalste Polizeigesetz“ aller Länder werden, so die Grünen. Das stimmt | |
> nur bedingt. | |
Bild: Wenn die Polizei mithört … | |
Drei Jahre ist der islamistische Anschlag auf den Weihnachtsmarkt am | |
Breitscheidplatz jetzt her. 12 Tote und über 70 Verletzte waren die Folge. | |
Diverse Untersuchungsausschüsse sind immer noch mit der Aufarbeitung | |
beschäftigt – die meisten Bundesländer indes haben längst Konsequenzen | |
gezogen und ihre Polizeigesetze verschärft. Berlin allerdings wird bei der | |
Reform seines [1][Polizeigesetzes ASOG (Allgemeines Sicherheits- und | |
Ordnungsgesetz)] andere Wege gehen. | |
Die Verhandlungen über das ASOG waren lange und zäh. Nun haben sich die | |
Innenpolitiker der rot-rot-grünen Regierungskoalition zu einem Kompromiss | |
durchgerungen. Zwar haben die Fraktionen noch nicht zugestimmt, und auch | |
über die Formulierungen wird noch gestritten werden, aber die Richtung ist | |
klar: Das Berliner ASOG werde „das liberalste Polizeigesetz“ aller Länder | |
werden, sagte Benedikt Lux, innenpolitischer Sprecher der Grünen diese | |
Woche zur taz. „Wir bewegen uns damit eindeutig gegen den Bundestrend“, | |
bestätigte auch der Innenpolitiker der Linken, Niklas Schrader. | |
Die Bayern haben das repressivste Polizeigesetz der Bundesrepublik. | |
Fortschrittlicher zu sein, ist da keine Kunst. Aber auch im Vergleich zu | |
Brandenburg schneidet Berlin deutlich besser ab. Auch in Brandenburg saßen | |
die Linken in der rot-roten Landesregierung, als das Polizeigesetz im | |
Frühjahr 2019 verabschiedet wurde. | |
Auch in Brandenburg haben SPD und Linke hart gestritten. Die SPD wollte die | |
Polizei mit Befugnissen ausstatten, die an Bayern erinnern. Der Einsatz des | |
Staatstrojaner etwa war vorgesehen. Den haben die Linken dann zwar | |
verhindert. Erlaubt haben sie aber, dass ein Terrorverdächtiger in | |
Brandenburg bis zu vier Wochen inhaftiert werden kann und das eine | |
Schleierfahndung möglich ist. | |
## Die Kröte der SPD | |
Auch die Berliner Linken und Grünen – genau gesagt deren Innenpolitiker – | |
haben einen Schwenk vollzogen: Der Telefonüberwachung (TKÜ) zur | |
Gefahrenabwehr haben sie nun zugestimmt. Und auch den IMSI-Catcher (Geräte, | |
mit denen u. a. der Standort eines Mobiltelefons innerhalb einer Funkzelle | |
eingegrenzt werden kann) soll die Polizei beim Abhören verwenden dürfen. In | |
der Vergangenheit hatten beide Parteien das als Grundrechtseingriff | |
bezeichnet und abgelehnt. Offenbar hatten sie keine andere Wahl, als die | |
Kröte der SPD zu schlucken. | |
Die SPD wollte die TKÜ unbedingt. Auch um den Preis, mehr dafür zu geben | |
als zu bekommen. Wie es scheint, haben Grüne und Linke das Beste daraus | |
gemacht. Berufsgeheimnisträger wie Anwälte und Journalisten sollen von der | |
TKÜ ausgenommen, also abhörfrei, bleiben. Und: Nach vier Jahren läuft der | |
Paragraf über die TKÜ automatisch aus. | |
Die elektronische Fußfessel ist genauso vom Tisch wie der sogenannte finale | |
Rettungsschuss. Auch die vom Innensenator favorisierte Videoüberwachung an | |
ausgewählten kriminalitätsbelasteten Orten scheint kein Thema mehr zu sein. | |
Und auch das haben Grüne und Linke durchgesetzt: Künftig wird es die | |
Polizei durch Streichungen im ASOG schwerer haben, unter einem Vorwand | |
rassistisch motivierte Kontrollen – „Racial Profiling“ – durchzuführen. | |
Auch der Unterbindungsgewahrsam wird von jetzt vier Tagen auf zwei Tage | |
verkürzt. | |
Aber reicht das aus, um von einem liberalen Polizeigesetz zu sprechen? Das | |
klingt ja fast so, als würde die Berliner Polizei in Zukunft Blümchen | |
pflücken. Eine Nummer kleiner wäre gut, auch wenn der Blick über den | |
Berliner Tellerrand zeigt: Es geht auch härter. | |
21 Dec 2019 | |
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[1] /Polizeigesetz-Berlin/!5646170&s=ASOG/ | |
## AUTOREN | |
Plutonia Plarre | |
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