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# taz.de -- Austritt aus AfD-Bundestagsfraktion: Demokratie oder AfD
> Der AfD-Abgeordnete Lars Herrmann verlässt Partei und Fraktion. Wenn der
> demokratische Staat will, kann er Rechtsextreme erfolgreich bekämpfen.
Bild: Lars Herrmann verlässt die AfD
Sie kennen den Song von den 10 kleinen Jägermeistern? Das etwas
unsympathische Sauflied der Toten Hosen [1][handelt von einer Truppe
deutscher Hirsche], die nach und nach das Zeitliche segnen oder sich
anderweitig verabschieden. Im Refrain heißt es „Einer für alle, alle für
einen / Wenn einer fort ist, wer wird denn gleich weinen?“ Ob dieser
deutsche Schunkel-Klassiker auf den Weihnachtsfeiern der AfD-Fraktion im
Bundestag gespielt wird, ist nicht überliefert. Passen würde er allerdings.
Derzeitiger Stand: Da waren’s „nur“ noch 90.
Nachdem Bundesinnenminister Seehofer gemeinsam mit dem Verfassungsschutz
(BfV) und dem Bundeskriminalamt (BKA) auf einer Pressekonferenz [2][am
vergangenen Dienstag] eine angebliche härtere Gangart gegenüber
Rechtsextremen (auch in der AfD) ankündigte, beschloss der AfD-Abgeordnete
und Bundespolizist Lars Herrmann sowohl die Fraktion als auch die Partei zu
verlassen: BfV-Präsident Thomas Haldenwang verwies bei dem gemeinsamen
Auftritt mit Seehofer nämlich ganz gezielt auf die jüngst eingerichtete
Zentralstelle für Fälle von Rechtsextremismus im öffentlichen Dienst.
Dies zumindest die offizielle Version der AfD. AfD-Fraktionspressesprecher
Christian Lüth sagte, man gehe davon aus, „dass der Druck von Horst
Seehofer auf Beamte – in seinem Fall Polizeibeamte – Wirkung gezeigt hat“.
Es handele sich um eine „rechtswidrige Schikane“. Das Ganze sei äußerst
bedauerlich, „zumal die AfD alle Beamten, die sich Schikanen ausgesetzt
sehen, nach Kräften unterstützt“. Bis hierhin ist es der übliche
Opfer-Mythos der AfD. Nach Frauke Petry, Mario Mieruch und Uwe Kamann
braucht man in der Fraktion offenbar keinen vierten Abgeordneten der
„Gemäßigten in der AfD“, der sich davonschleicht.
Herrmann selbst hatte allerdings auch noch etwas anderes zu sagen. So
erklärte er gegenüber dpa und Spiegel, dass er wegen seiner Kritik an Björn
Höcke aus der Landesgruppe Sachsen im Bundestag ausgeschlossen worden sei.
Und zwar ohne auch nur angehört zur werden. „Das war für mich der
Zeitpunkt, um zu sagen, dass mich hier nichts mehr hält. Mit ihrer
Entscheidung haben sie es mir leicht gemacht, adieu zu sagen“, so Herrmann.
Die Arbeit als Bundespolizist sei mit dem aktuellen Kurs der Partei nicht
mehr vereinbar. Ja, was denn nun?
Herrmann fällt den ehemaligen Fraktionskameraden nicht komplett in den
Rücken. Ausschlaggebend sei für ihn ebenfalls die Pressekonferenz von
Seehofer gewesen, auf welcher der „Flügel“ der AfD als rechtsextremistisch
eingestuft wurde, erklärt er. „Als Beamter habe ich auch Pflichten. Diesen
werde ich gerecht.“
Warum auch immer der Polizist nun aus der Partei ausgetreten ist,
vermeintliche Schikane, verspätete Gewissensbisse oder die Angst, nun
endlich von seinem Arbeitgeber damit konfrontiert zur werden, dass ein
Bundespolizist nichts in einer rechtsextremen Partei zu suchen hat – eines
zeigt der Vorgang mehr als deutlich: Wenn der Staat seine Instrumente
nutzt, könnte man der wachsenden Verrohung in- und außerhalb der Parlamente
etwas entgegensetzen. Man muss nur wollen. Und das ganz ohne die üblichen
Unkenrufe nach einem repressiven Staat. Es reicht, sich an das Grundgesetz
zu halten.
## Nährboden schon immer vorhanden
Der Nährboden für rechtsextreme Positionen war in Deutschland schon immer
vorhanden. Durch das konsequente Ausschließen und Ächten der Fraktionen von
DVU, NPD oder REPs, konnten Neonazis jedoch nie wirklich maßgebliche
parlamentarische Erfolge erzielen, auch wenn sie gerne mal vom VS gepampert
beziehungsweise unterwandert wurden.
Der aktuelle Höhenflug der AFD liegt vor allem daran, dass die Partei von
Medien, Politikern und eben auch Staatsorganen in den Diskurs geholt wurde.
Sie wurde konsequent salonfähig gemacht, hofiert, eingeladen. Nicht zuletzt
durch unfassbare Personen wie Hans-Georg Maaßen.
Das Verbotsverfahren der NPD scheiterte damals übrigens an der
richterlichen Begründung, die Partei habe nicht genug Potenzial. Inzwischen
gibt es erneut eine Partei, die NPD-Inhalte verbreitet. Ihr Potenzial ist
bekannt.
19 Dec 2019
## LINKS
[1] https://xn--www-hfa.xn--youtube-lkac.xn--com-ffa/watch?v=%C2%ADtR4vam%C2%AD…
[2] /Kampf-gegen-Rechtsextremismus/!5650896
## AUTOREN
Juri Sternburg
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