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# taz.de -- Bundestagsabgeordnete tritt aus: AfD-Fraktion schrumpft weiter
> Die sächsische Bundestagsabgeordnete Verena Hartmann verlässt Partei und
> Fraktion. Und kritisiert den rechtsextremen „Flügel“ scharf.
Bild: Ab jetzt ohne Partei und Fraktion: Verena Hartmann bei einer Rede im Bund…
Jetzt sind es schon fünf fraktionslose Abgeordnete, die ihre Plätze in der
letzten Reihe im Bundestag hinter der AfD haben, zu der sie zuvor gehörten.
Hier wird künftig auch Verena Hartmann Platz nehmen. Die sächsische
Abgeordnete trat am Montag mit sofortiger Wirkung aus der AfD-Fraktion und
auch aus der Partei aus. Ihre Begründung: der immer größer werdende
Einfluss des „Flügels“, der extrem rechten Parteiströmung um Björn Höcke
und Andreas Kalbitz.
„Da ist auch der rechte Flügel, der um jeden Preis nur nach Macht und
Einflussnahme strebt und die ganze Fraktion mit seinen Grabenkämpfen
vereinnahmt“, heißt es in einer Erklärung, die Hartmann am
Dienstagvormittag auf ihrer Facebook-Seite veröffentlichte. „Diejenigen,
die sich gegen diese rechtsextreme Strömung wehren, werden gnadenlos aus
der Partei gedrängt.“ Der Flügel wolle die AfD voll und ganz übernehmen, da
sich mit diesem ‚Etikett‘ mehr erreichen lasse „als mit dem adäquateren
NPD-Label“. Damit habe die Partei eine Richtung eingeschlagen, die Hartmann
nicht mittragen könne.
Auf dem AfD-Bundesparteitag seien die schlimmsten Befürchtungen wahr
geworden: „Der Flügel mit seinen rechtsextremen Gebaren nach innen und
außen hat es bis an die Spitze der Partei geschafft. Durch neue Bündnisse,
die vor einem Jahr unvorstellbar waren.“ Namen nennt Hartmann nicht. Sie
dürfte aber unter anderem Fraktionschefin Alice Weidel meinen, die zuletzt
beim neurechten Institut für Staatspolitik von „Flügel“-Vordenker [1][Gö…
Kubitschek] gesprochen hatte – und ohne Gegenkandidat zur stellvertretenden
Bundesvorsitzenden gewählt worden war.
Weidels Co-Chef Alexander Gauland kritisiert sie offen, weil dieser Höcke
zur „Mitte der Partei“ erklärt habe. Damit verschiebe er die Mitte nach
rechts „und zwingt die gesamte Partei mitzugehen“.
Hartmann will als fraktionsloses Mitglied im Bundestag bleiben. Sie hatte
im vergangenen Sommer den „Appell der Hundert“ unterschrieben, in dem
Parteimitglieder den „exzessiven Personenkult“ um Höcke kritisierten – u…
sich damit offen gegen den „Flügel“ positioniert.
## „Wir machen dich fertig!“
Schon zuvor war Hartmann mit dem Bundestagsabgeordneten Jens Maier, einem
Vertreter des „Flügels“ und wie Hartmann aus Sachsen, aneinandergeraten.
Der frühere Richter hatte ihr in einer Fraktionssitzung gedroht: „Wir
machen dich fertig!“ Nach diesem Streit wollte die Fraktionsführung einen
internen Sanktionskatalog einführen, konnte sich damit aber nicht
durchsetzen.
Schon vor Monaten war aus dem sächsischen Umfeld der Partei zu hören,
Hartmann sei aus Sachsen nach Berlin umgezogen, weil ihr der „Flügel“ das
Leben schwer gemacht habe.
„Das ist sehr unschön, wir bedauern das sehr“, sagte der Parlamentarische
Geschäftsführer der AfD-Fraktion, Bernd Baumann, am Dienstag zu Hartmanns
Austritt. „Ich muss mit Verena Hartmann auch noch mal sprechen.“
Über die Parteigrenzen hinaus war Hartmann wenig aufgefallen. Allein ein
Tweet von ihr sorgte für Furore. Nach dem Tod eines achtjährigen Jungen am
Frankfurter Hauptbahnhof schrieb sie: „Frau Merkel, ich verfluche den Tag
Ihrer Geburt.“ Nachdem sie dafür scharf kritisiert wurde, löschte sie den
Tweet irgendwann.
Die AfD-Fraktion hat nach Hartmanns Austritt nur noch 89
Bundestagsabgeordnete, fünf weniger als 2017. Die Erste, die die Fraktion
verließ, war Ex-Parteichefin Frauke Petry. Im Dezember erst hatte [2][Lars
Herrmann], ein Bundespolizist, seinen Austritt erklärt – auch er hatte
Kritik am „Flügel“ geübt, auch er stammt aus Sachsen. Allerdings hatte wo…
auch eine mögliche Beobachtung der AfD durch den Verfassungsschutz für ihn
als Beamten eine Rolle gespielt.
Auch Hartmann war früher Polizistin. Vor ihrem Einzug in den Bundestag aber
arbeite sie bei einer Unternehmensberatung. Angst um den eigenen
Beamtenstatus dürfte – anders als bei Herrmann – also keine Rolle gespielt
haben.
Schon länger gehen BeobachterInnen der AfD davon aus, dass der zunehmende
Einfluss des Flügels auf die Gesamtpartei nicht zu einer weiteren
Abspaltung führen werde – dazu sind die anderen Strömungen nicht
organisiert genug –, sondern es eher zu stillen Abgängen kommen werde.
Hartmanns Austritt ist dafür ein weiterer Beleg.
28 Jan 2020
## LINKS
[1] /Neurechte-Verlage-auf-der-Buchmesse/!5542376
[2] /Austritt-aus-AfD-Bundestagsfraktion/!5647292
## AUTOREN
Sabine am Orde
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Andreas Kalbitz
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Bundestagswahl2017
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