# taz.de -- Ausstellung in Berlin: Eine Spielutopie für Arbeiterkinder | |
> Eine Ausstellung in der nGbK erinnert an die linke Spielebewegung in den | |
> 1970'er Jahren. Auch eine Spielstadt wurde dafür nachgebaut. | |
Bild: Konsumunkritisches Daddeln an einer Spielkonsole | |
Die Spieletage in einer großen Halle in der Kulmer Straße 20 a in Schönberg | |
existierte nur zwischen 1970 und 1971. Doch sie hat viele Spuren | |
hinterlassen, die noch bis Mitte Januar in einer Ausstellung in den Räumen | |
der Neuen Gesellschaft für bildende Kunst (nGbK) zu sehen sind. | |
Laut Ausstellungsankündigung errichteten damals KünstlerInnen zusammen mit | |
Kindern aus dem Kiez eine Spielstadt. Sie beinhaltete eine Bank, eine | |
Bühne, ein Hotel, einen Großhandel, einen Kindergarten, einen Waffelstand, | |
einen Fotoladen und einen Boxring. | |
„Wir könnten die Welt einrichten, wenn wie wir nicht nur davon träumen, | |
sondern auch überlegen, wie wir es zusammen tun werden“. Das war das Motto | |
eines Plakats, mit den die AG Spielumwelt der nGbK für seine Arbeit mit | |
Kindern aus proletarischen Kiezen warb. | |
Im vorderen Teil der Ausstellung, ist die Spielstadt erneut aufgebaut. Im | |
hinteren Teil finden sich zahlreiche Dokumente und Filme der linken | |
Spielebewegung vor fast 50 Jahren. Neben der Kulmer Straße war das | |
Märkische Viertel Ort der Aktivitäten des Spielclubs. Höhepunkt war ein | |
zehntägiges Spielfest im Juni 1971 im Märkischen Viertel, von dem in der | |
Ausstellung neben Artikeln in Büchern und Zeitschriften auch ein Film zu | |
sehen ist. In beiden Kiezen gab es damals eine rege Arbeit von Stadtteil- | |
initiativen. | |
## Kritik an der Spielzeugindustrie | |
Das der Spielclub ein so schnelles Ende fand, lag an der fehlenden | |
Finanzierung. „Innerhalb der nGbK kritisierte man das fehlende | |
künstlerische Konzept, andere vermissten ein pädagogisches Konzept“, | |
beschreibt Valeria Fahrenkrog,eine der Kuratorinnen, die Kritik von | |
verschiedenen Seiten. | |
Claudia Hummel hat als Teil der Arbeitsgruppe Spielclub in der nGbK die | |
Ausstellung kuratiert. „Diese Arbeit ist heute weitgehend vergessen. Noch | |
unbekannter ist die linke Spielearbeit aus den 1920 Jahren“, begründet | |
Hummel im Gespräch mit der taz ihre Motivation. „Die Kinder waren für die | |
1968er eine Vision der Zukunft. Wenn es uns gelingt die Kinder zu | |
erreichen, gelingt es uns die Gesellschaft gestalten“, benennt Hummel den | |
Impetus, der die AktivistInnen im AG Spielclub motivierte. Einen zentralen | |
Stellenwert nahm die Kritik an der Spielzeugindustrie ein, der vorgeworfen | |
wurde, die Kinder für ihre gesellschaftlichen Rollen zu konditionieren. | |
Die von den beiden KuratorInnen gesammelten Bücher und Zeitschriften, die | |
in der Ausstellung eingesehen werden können, zeigen, dass die kurze Zeit | |
des Spielclubs Niederschlag in Kunst und Literatur gefunden hat. Auch die | |
Kinder erinnern sich noch gerne an die Spiele. Aber dass Erwachsene dabei | |
waren, sei laut Hummel, den damaligen ProtagonistInnen nicht bewusst | |
gewesen. Zumindest erzählten sie in den Gesprächen mit den beiden | |
Kuratorinnen nichts darüber. | |
## Proteste fielen mau aus | |
Schon gar nichts ahnten sie von den linken Konzepten hinter dem Spielclub. | |
Die Eltern waren froh, dass die Kinder in den betreuten Spielclub gingen | |
und nicht mehr auf der Straße spielten. Als allerdings die | |
Spielclub-AktivistInnen wegen der ausstehenden Finanzierung Proteste | |
organisieren und dazu eine Elterngruppe gründen wollten, sei die Resonanz | |
gering gewesen, so Hummel. | |
Die Ausstellung erinnert auch an zwei Personen, die den Spielclub damals | |
stark prägten. Neben der 2013 verstorbenen Göta Tellesch handelt es sich um | |
den Maler Gernot Bubenik, der auch nach dem Ende des Spielclubs weiterhin | |
mit Kindern gearbeitet hat. Bubenik wird am 18. Januar in der nGbK zwischen | |
15 und 17 Uhr unter dem Motto Walk und Talk an einem Gespräch teilnehmen. | |
19 Dec 2019 | |
## AUTOREN | |
Peter Nowak | |
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