| # taz.de -- Heinz Bude über neue SPD-Spitze: „Solidarität ist das große Th… | |
| > Der Soziologe Heinz Bude warnt die SPD vor einem Aus der Großen | |
| > Koalition. Die künftige Spitze müsse eine andere solidarische Erzählung | |
| > anbieten. | |
| Bild: Der Soziologe Heinz Bude | |
| taz: Herr Bude, gibt es mit [1][Norbert Walter-Borjans und Saskia Esken] | |
| für die SPD jetzt die Chance für einen Neuanfang? | |
| Heinz Bude: Die Themen dafür liegen ja auf den Hand: die Revitalisierung | |
| einer Politik öffentlicher Güter – Stichwort Deutsche Bahn. Die Rückkehr | |
| des investierenden Staates – Stichwort digitale Grundversorgung. Und | |
| natürlich eine ernsthafte und nachhaltige Politik des Klimawandels. | |
| Glauben Sie wirklich, dass die SPD dafür gerüstet ist? | |
| Nein. Aber sie könnte jetzt die Themen mit eigenen Ideen besetzen, wenn sie | |
| sich dafür einen intellektuellen Hintergrund beschaffen würde. Dazu müssten | |
| die beiden neuen designierten Vorsitzenden sich von ihrem Königsmacher | |
| [2][Kevin Kühnert] emanzipieren. | |
| Wollen die das denn? | |
| Im Augenblick sieht das nicht danach aus. Aber das ist ihre Chance, sonst | |
| sind sie jetzt schon zwei Figuren, die den Untergang der SPD besiegelt | |
| haben. | |
| Das [3][mediale Echo auf die Wahl der neuen Spitze] ist, bis auf Ausnahmen, | |
| vernichtend. Hilft das dem Duo vielleicht sogar – weil sie damit einen | |
| Außenseiterbonus haben? | |
| Bei Bernie Sanders hat das funktioniert. Hier bin ich skeptisch. Sanders | |
| hatte Anschluss an die Bewegung der jüngeren Akademiker. Sanders stand für | |
| diese soziale Gruppe, die akademische Jugend, die von Schulden für | |
| Studiengebühren geplagt ist und das Spiel der „Winner takes it all“ vor | |
| sich sieht. Welche Gruppe repräsentieren Esken und Walter-Borjans? Da | |
| müssen die sich was überlegen. | |
| Gibt es nicht, nach dem Neoliberalismus, eine neue Sehnsucht nach | |
| Solidarität – und ist die Wende nach links der SPD nicht ein Ausdruck | |
| dafür? | |
| Solidarität ist das große Thema des Augenblicks. Es wird in allen | |
| westlichen Gesellschaften nur von rechts bewirtschaftet, als exklusive | |
| Solidarität nach dem Motto „Wir sind das Volk“. Die aufgeklärte Linke hat | |
| dagegen nur einen Liberalismus des schlechten Gewissens zu bieten. | |
| Warum ist das so? | |
| Solidarität lässt sich heute nicht mehr aus der gemeinsamen Erfahrung von | |
| Ausbeutung und Unterdrückung gewinnen. Angesichts der Pluralisierung der | |
| Beschäftigungsformen, der Einforderung von Ich-Leistungen und der Zumutung | |
| von Selbstverantwortung versteht sich Solidarität nicht mehr von selbst. | |
| Die Gesellschaft der Ähnlichen hat sich in eine Gesellschaft der | |
| Verschiedenen verwandelt. Das ist der Weg von den Helmut-Schmidt- zu den | |
| Robert-Habeck-Deutschen. Da kommt man mit dem Erbe von Johannes Rau nicht | |
| weiter. Die SPD darf nicht nur „Schutzmacht der kleinen Leute“ sein. Sie | |
| hat als führende Partei des linken Lagers nur Sinn, wenn sie Debatten | |
| vorgibt, die von anderen aufgenommen werden müssen. | |
| Wen soll die SPD fragen? | |
| Es gibt auch hierzulande ein paar jüngere Leute, die sich mit dem | |
| Neokeynesianismus auskennen. Ottmar Edenhofer ist die beste Adresse für | |
| eine vernünftige Politik des Klimawandels. Die Debatte über öffentliche | |
| Güter ist in vollem Gange, wir beide könnten in einer halben Stunde eine | |
| schöne Liste zusammenstellen. Dann müsste die SPD nicht nur kalten Kaffee | |
| rühren. | |
| Soll die SPD die Groko verlassen? | |
| Wenn sie das tut, verliert sie auf absehbare Zeit jeden Einfluss. | |
| 4 Dec 2019 | |
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| ## AUTOREN | |
| Stefan Reinecke | |
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