| # taz.de -- Verleihung des Literaturnobelpreises: Ohne Schwedendemokraten | |
| > Die rechtspopulistischen Schwedendemokraten werden nicht zur Verleihung | |
| > des Nobelpreises eingeladen. Nicht zum ersten Mal. | |
| Bild: Muss draußen bleiben bei der Verleihung des Nobelpreises: Jimmie Åkesso… | |
| Die feierliche Verleihung [1][der Nobelpreise am 10. Dezember] wird auch in | |
| diesem Jahr ohne ihn stattfinden. Fürs Nobelfest im Stockholmer Rathaus, | |
| traditionell ein Höhepunkt des gesellschaftlichen Lebens in Schweden, hat | |
| der Vorsitzende der rechtspopulistischen „Schwedendemokraten“ (SD) von der | |
| Nobelstiftung keine Einladung bekommen. Die bekam Jimmie Åkesson, seit 14 | |
| Jahren Vorsitzender dieser Partei, die seit 2010 im schwedischen Parlament | |
| vertreten ist, noch nie. Im Gegensatz zu den Vorsitzenden aller anderen | |
| Reichstagsparteien. | |
| „Die Schwedendemokraten sind keine Partei wie alle anderen. Der Hintergrund | |
| der Partei im Rechtsextremismus und das Agieren ihrer Vertreter in der | |
| Gegenwart zeigen einen Mangel an Respekt für das grundlegende demokratische | |
| Prinzip des gleichen Wertes aller Menschen – unabhängig von Hautfarbe, | |
| Herkunft oder Religion“, begründet Mikael Östlund, Pressechef der | |
| Nobelstiftung, die erneute Nichteinladung. | |
| Dabei hatten schwedische Medien schon spekuliert, ob sich die Haltung der | |
| Stiftung in diesem Jahr vielleicht ändern könne. Denn in Umfragen haben die | |
| Schwedendemokraten in der Wählermeinung mittlerweile auch die | |
| Sozialdemokraten hinter sich gelassen und sind da stärkste Partei des | |
| Landes. Das ändere nichts, betont Östlund: „Wir analysieren Parteien nicht | |
| aufgrund von Meinungsumfragen.“ | |
| ## Schwedendemokraten beleidigt | |
| Gaben sich die Schwedendemokraten wegen solcher Quarantäne in den Vorjahren | |
| beleidigt, klotzen sie nun zurück: „Es stimmt, dass wir das Menschenbild | |
| der Stiftung nicht teilen“, sagt der Parteipressechef Henrik Gustafsson: | |
| „Wir würden keine Diplomaten von Diktaturstaaten einladen, wie die das Jahr | |
| für Jahr tun.“ – „Gäste, die Journalisten ermorden und zerstückeln sind | |
| willkommen, demokratisch gewählte Repräsentanten des schwedischen Volks | |
| nicht“, schreibt die Parteizeitung „Samtiden“ und ein SD-Abgeordneter | |
| twittert: „Die Stiftung ist ein guter Wahlhelfer. Wieder ein paar Prozent | |
| Stimmen mehr.“ | |
| Die Rechtsaussenpartei darf dank kommunaler Mehrheiten, zu der Konservative | |
| und Christdemokraten ihr mittlerweile verholfen haben, auch beweisen, wie | |
| Kulturpolitik nach ihrem Gusto aussehen würde. In der Stadt Sölvesborg, wo | |
| SD die Bürgermeisterin stellt, wurde das in der Pride-Woche bislang übliche | |
| Hissen der Regenbogenflagge abgeschafft und der Einkauf „provozierender | |
| Gegenwartskunst“ – „Menstruationskunst“ in der Formulierung des | |
| Parteivorsitzenden Åkesson – verboten. | |
| Stattdessen soll in kommunaler Regie nur „zeitlose und klassische Kunst, | |
| die Harmonie ausstrahlt“ angeschafft werden. Vereinigungen, sollen nur noch | |
| Gelder bekommen, wenn sie sich an „die Normen, die die schwedische | |
| Gesellschaft geformt haben“ halten. Außerdem soll die städtische Bibliothek | |
| keine Bücher „in fremden Sprachen“ mehr anschaffen. Bibliotheken sollen | |
| nicht mehr wie bisher zu „kreativen Treffen zwischen Kulturen und Ideen | |
| stimulieren“. | |
| Vielmehr solle Kultur „gemeinsame Identität“ schaffen. Die Kultur- und | |
| Bibliothekschefin, die unter solchen politischen Leitlinien nicht arbeiten | |
| wollte, musste gehen. Überhaupt scheint der Partei eine „Reinhaltung“ von | |
| Angebot und Publikum der Bibliotheken besonders wichtig zu sein. Im | |
| Stockholmer Vorort Täby versuchte sie im Oktober eine Lesung zum | |
| LGBTI-Thema zu verhindern: „Die natürliche Beziehung zwischen Männern und | |
| Frauen und unsere geschlechtlichen Identitäten infrage zustellen oder zu | |
| kritisieren empfinden wir als destruktiv.“ | |
| ## Bücherausleihe nur für Schweden | |
| Und im Reichstag hat SD jetzt einen Antrag eingebracht, wonach Personen | |
| ohne schwedische Staatsbürgerschaft zwar nicht gleich das Betreten von | |
| Bibliotheken verboten werden, aber doch die Inanspruchnahme dortiger | |
| Dienste verwehrt werden soll. „Da geht es ums Prinzip“, begründet es deren | |
| kulturpolitischer Sprecher Aron Emilsson gegenüber dem „Biblioteksbladet“. | |
| Bibliotheken seien steuerlich finanziert und deshalb solle man | |
| Dienstleistungen wie Bestellungen oder Ausleihen von Büchern und anderen | |
| Medien von der Staatsbürgerschaft abhängig machen. Auf wen das zielen soll, | |
| wird anhand der Ausnahmen deutlich, die Emilsson aufzählt: Für Staatsbürger | |
| anderer nordischer Länder oder Touristen könne man ja durchaus Ausnahmen | |
| machen. | |
| Als „nicht nur ausgesprochen merkwürdig, sondern auch unbehaglich“ | |
| kommentiert Schwedens grüne Kultusministerin Amanda Lind solche Vorstösse. | |
| Die Entwicklung in Sölvesborg ist für sie ein „Schreckensbeispiel eines | |
| politischen Diktats über Kunst und Kultur“ und eine „Experimentierwerkstatt | |
| für nationalistische Kulturpolitik“. „Samtiden“ sieht das so ähnlich: | |
| „Sölvesborg macht Revolution auf schwedisch.“ | |
| 2 Dec 2019 | |
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| ## AUTOREN | |
| Reinhard Wolff | |
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