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# taz.de -- „Möritz“-Skandal in Sachsen-Anhalt: Schweigen aus der CDU-Zent…
> Die Bundes-Union schweigt im Fall eines rechten CDUlers. Erst kürzlich
> hatte man beschlossen, Rechtsextremismus zu bekämpfen.
Bild: Symbolbild CDU: Bloß nicht aus der Deckung wagen
Berlin taz | Wäre Robert Möritz Stasi-Spitzel gewesen, wäre die Sache klar.
Die Satzung der CDU Sachsen-Anhalt regelt in Paragraf 11, dass aus der
Landespartei ausgeschlossen wird, wer für das Ministerium für
Staatssicherheit der DDR gearbeitet hat. Aber Robert Möritz war bis zum
Wochenende Mitglied des [1][extremistischer Umtriebe verdächtigen Vereins
Uniter.] Für seine Parteifreunde offenbar kein Grund, den
CDU-Kreispolitiker mit dem [2][Nazi-Tattoo] und der braunen Vergangenheit
auszuschließen.
Aus der Spitze der Bundes-CDU ist zu den Vorgängen in Sachsen-Anhalt exakt
null zu vernehmen. Auf eine taz-Anfrage an Generalsekretär Paul Ziemiak zu
den Vorgängen in dem ostdeutschen Landesverband gibt es keine Antwort. Und
das, obwohl der Bundesvorstand erst vor Kurzem, unter dem Eindruck des
[3][antisemitischen Anschlags auf die Synagoge von Halle (Saale)] erklärt
hatte, man werde „Rechtsextremismus und Antisemitismus kraftvoll
bekämpfen“.
In dem Beschluss vom 14. Oktober steht, die CDU Deutschlands sei „fest
entschlossen, unser offenes, tolerantes und menschliches Zusammenleben
gegenüber den Feinden unserer freiheitlich-demokratischen Grundordnung zu
verteidigen“. Dieser Kampf müsse „an allen Orten, auf allen Ebenen“ gef�…
werden.
Die Landesebenen der eigenen Partei scheinen dabei aber nicht mitgemeint
gewesen zu sein. Anders ist das Schweigen der Parteivorsitzenden Annegret
Kramp-Karrenbauer und ihres Generalsekretärs Paul Ziemiak nicht zu
verstehen.
## Der Einfluss der Bundes-CDU ist begrenzt
Saskia Esken, die neue Vorsitzende des Koalitionspartners SPD, sagt am
Montag im Willy-Brandt-Haus, sie fände es „schockierend, dass die CDU
Sachsen-Anhalt sich vor klaren Konsequenzen drückt“. Esken fordert: „Die
Bundes-CDU und Frau Kramp-Karrenbauer müssen eingreifen und deutlich
machen, dass die Flanke nach rechts außen geschlossen werden muss.“
Die Durchgriffsrechte der Bundespartei CDU auf die Landesverbände sind
allerdings begrenzt. Laut Parteigerichtsordnung wäre für einen Ausschluss
Möritz’ das Kreisparteigericht Anhalt-Bitterfeld zuständig. Der
Kreisverband aber hat diesem gerade erst das Vertrauen ausgesprochen.
Anders als die Bundesspitze melden sich andere CDU-Vertreter zu Wort.
Ruprecht Polenz, einstiger Generalsekretär der Bundes-CDU, sagt der taz:
„Die Partei hat die Möglichkeit, Pflöcke einzuschlagen. Ich verstehe nicht,
warum das nicht passiert. Wir haben die Aufgabe, der Gesellschaft zu
zeigen, wo es für uns aufhört.“
Robert Möritz sei Uniter-Mitglied gewesen – „wenn man sich anguckt, was die
machen, wer da drin ist und wie dürftig deren Camouflage ist, fehlt mir
dafür jedes Verständnis“. Wenn eine Partei wie die CDU das durchgehen
lasse, dann könne jeder andere sagen: So schlimm wie der bin ich noch lange
nicht. „Dass alle wissen, dass er in diesem brandgefährlichen Verein war,
ist für mich unbegreiflich.“
## Früher war die CDU konsequenter
Dass vormalige Kameraden aus der Neonaziszene versuchen, in der Union
Karriere zu machen, ist schon früher vorgekommen. Vor 15 Jahren sorgte ein
vergleichbarer Fall im Rheinland für Schlagzeilen. Dabei ging es um den
damals 25-jährigen Thomas H., der in der CDU im Rheinisch-Bergischen Kreis
als Talent galt. H. war Kreisvorsitzender der Jungen Union Rhein-Berg, saß
im Vorstand der örtlichen CDU und gehörte dem Stadtrat von Rösrath an.
Außerdem hatte ihn der RCDS in den AStA der Uni Köln entsandt.
Im Februar 2005 deckte eine linke Studierendengruppe seine Verbindungen ins
braune Milieu auf: Auf Fotos von Demonstrationen der „Deutschen Liga für
Volk und Heimat“ sowie der „Freien Kameradschaften“ im Jahr 1999 hatten s…
Thomas H. im Kreis von vorbestraften Neonazis entdeckt.
Schnell kam heraus, dass er zumindest bis 2001 an etlichen solchen
Veranstaltungen teilgenommen hatte. Es habe sich um „jugendliche
Politexperimente“ gehandelt, rechtfertigte sich der Jung-Unionist.
Inzwischen sei er „entschieden gegen jeglichen Extremismus jeglicher
Couleur“.
Bis hierhin gleicht der Fall H. dem von Parteifreund Möritz aus
Sachsen-Anhalt. Doch der NRW-CDU reichte das seinerzeit nicht. „Hier darf
es keinerlei Kumpanei und ebenso wenig eine Grauzone geben – auch nicht
augenzwinkernd“, sagte der aus dem Rheinisch-Bergischen Kreis stammende
Wolfgang Bosbach, damals Vizevorsitzender der Unionsfraktion im Bundestag.
Es dauerte knapp eine Woche, dann war der Fall erledigt: Um einem drohenden
Amtsenthebungs- und Ausschlussverfahren zuvorzukommen, trat H. von all
seinen Funktionen zurück, auch sein Stadtratsmandat legte er nieder.
16 Dec 2019
## LINKS
[1] /taz-Recherche-zu-rechtem-Netzwerk/!5577832
[2] /Koalitionskrise-in-Sachsen-Anhalt/!5650697
[3] /Antisemitismus-nach-dem-Halle-Anschlag/!5642816
## AUTOREN
Anja Maier
Stefan Reinecke
Pascal Beucker
## TAGS
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