| # taz.de -- SPD-Politiker Manfred Stolpe gestorben: Verteidiger der Ossis | |
| > Manfred Stolpe ist im Alter von 83 Jahren gestorben. Der einstige | |
| > SPD-Ministerpräsident Brandenburgs galt als Verfechter ostdeutscher | |
| > Interessen. | |
| Bild: Der erste Ministerpräsident Brandenburgs nach der Wiedervereinigung: Man… | |
| Berlin taz | Bleiben werden von ihm vor allem wohl drei Dinge: Er war nach | |
| der Wiedervereinigung der erste Ministerpräsident in Brandenburg. Er wurde | |
| immer wieder der Stasi-Mitarbeit bezichtigt. Und er galt vielen als überaus | |
| sympathischer, ausgleichender Landesvater, der es vermochte, trotz vieler | |
| Probleme ein positives Bild von Brandenburg zu zeichnen. In der Nacht zum | |
| Sonntag ist Manfred Stolpe im Alter von 83 Jahren gestorben. | |
| Obwohl der SPD-Politiker schon seit etwa 15 Jahren krebskrank war, äußerte | |
| er sich bis zum Schluss zu seinem „Herzensthema“: dem Osten. So machte er | |
| sich in diesem Herbst vor den Landtagswahlen in Brandenburg, Sachsen und | |
| Thüringen große Sorgen wegen des Rechtsrucks in der Gesellschaft. | |
| Er mahnte an, dass sich insbesondere in Brandenburg, darunter in Ecken wie | |
| Cottbus, [1][Menschen rechtspopulistischen Strömungen zuwenden würden], | |
| weil ihnen eine Perspektive fehle. Weite Teile des Ostens seien | |
| wirtschaftlich, sozial und politisch in Vergessenheit geraten, kritisierte | |
| er. Und forderte gleiche Löhne und Renten in Ost und West ein. | |
| Stolpe war von 1990 bis 2002 brandenburgischer Ministerpräsident – und er | |
| war so etwas wie ein Brandenburger Lokalpatriot. [2][Wer mit ihm sprach], | |
| landete binnen weniger Minuten bei der Garnisonkirche in Potsdam, die 1968 | |
| aus ideologischen Gründen gesprengt wurde und deren Wiederaufbau Stolpe | |
| unterstützte. Um kurz darauf in eine Grundsatzdebatte über den Osten und | |
| die Lebensleistungen der Ostdeutschen verwickelt zu werden. | |
| ## Debatte um Stasi-Kontakte | |
| Er berichtete von Frauen und Männern in der Lausitz, die er in seiner Zeit | |
| als Ministerpräsident getroffen hatte. Er erinnerte sich an den | |
| Solarstandort in Frankfurt an der Oder und an Brandenburger Großprojekte | |
| wie die Freizeitparkhalle Tropical Island im Kreis Halbe, die die heute | |
| insolvente Cargolifter baute, sowie an die gescheiterte Chipfabrik in | |
| Frankfurt. | |
| Er kannte sich aus mit Brüchen, die Ostdeutsche nach der Wende erlebten, er | |
| konnte sich darüber echauffieren, ohne ostalgisch zu werden. Denn die | |
| schlechte Luft, die kaputten Wälder und bröckelnden Häuser, die schlechte | |
| Versorgung zum Schluss in der DDR hatte er nicht vergessen. Wie ungnädig | |
| die Welt sein kann, hatte Stolpe, der als Jurist bis zum Mauerfall bei der | |
| evangelischen Kirche arbeitete, schließlich am eigenen Leib erfahren. | |
| Als Konsistorialpräsident der Ostregion der Evangelischen Kirche | |
| Berlin-Brandenburg in den 1980er Jahren und als Initiator der „Kirche im | |
| Sozialismus“ wurde ihm nach der Wende immer wieder Stasi-Mitarbeit | |
| nachgesagt. Wer so oft und eng mit der Staatsmacht zu tun hatte, so die | |
| These dahinter, muss zwangsläufig mit dem DDR-Geheimdienst direkt | |
| zusammengearbeitet haben. | |
| Aber so einfach ist das mit der Stasi-Zugehörigkeit dann doch nicht, als | |
| führender Kirchenmann in der DDR musste er – systemimmanent – Gespräche m… | |
| führenden Stasi-Männern führen. Die Stasi selbst führte ihn als „IM | |
| Sekretär“, die Kirchenleitung indes bestand von Anfang darauf, dass Stolpe | |
| ein „Mann der Kirche und nicht der Stasi gewesen“ sei. Das | |
| Bundesverfassungsgericht entschied 2005 schließlich, dass Stolpe nicht als | |
| Stasi-Mitarbeiter bezeichnet werden darf. | |
| Nachdem er 2002 für viele überraschend als Ministerpräsident zurücktrat, | |
| wurde er – ebenso überraschend – Bundesverkehrsminister. Ein Amt, in dem er | |
| keine allzu gute Figur abgab: Damals begann das Lkw-Maut-Desaster. | |
| Stolpe wurde 1936 geboren und lebte zum Schluss gemeinsam mit seiner Frau, | |
| einer früheren Ärztin, in einem Seniorenheim in Potsdam. „Manfred Stolpe | |
| war ein großer Glücksfall für unser Land“, sagte der aktuelle | |
| Ministerpräsident Dietmar Woidke am Montag. | |
| 30 Dec 2019 | |
| ## LINKS | |
| [1] /Reden-und-Schweigen-30-Jahre-nach-1989/!5636200 | |
| [2] /Manfred-Stolpe-ueber-Alltag-und-Politik/!5042412 | |
| ## AUTOREN | |
| Simone Schmollack | |
| ## TAGS | |
| Nachruf | |
| Brandenburg | |
| Ministerpräsident | |
| SPD | |
| Nachruf | |
| Kenia-Koalition | |
| Schwerpunkt Landtagswahlen | |
| Brandenburg | |
| ## ARTIKEL ZUM THEMA | |
| Heiner Fink ist tot: Kämpferisch und unbeugsam | |
| Der frühere Rektor der Humboldt-Universität und Theologe ist am Mittwoch | |
| gestorben. In der Wendezeit galt er als Verteidiger der Rechte | |
| Ostdeutscher. | |
| Koalitionsvertrag in Brandenburg: Wie grün ist Kenia? | |
| In Brandenburg präsentieren SPD, CDU und Grüne ihren Koalitionsvertrag. | |
| Damit sind die Grünen zum ersten Mal seit langem dort wieder in der | |
| Regierung. | |
| SPD nach der Wahl in Brandenburg: Gerade noch mal gut gegangen | |
| Auch wenn die SPD in Brandenburg Stimmen verloren hat: Auf ihrer Wahlparty | |
| gibt es nur glückliche Verlierer, denn sie liegt klar vorne. | |
| Manfred Stolpe über Alltag und Politik: „Warum sollte ich Angst haben?“ | |
| Der ehemalige SPD-Ministerpräsident Brandenburgs erkrankte 2004 an Krebs. | |
| Heute geht es ihm „besser, als in manchen Zeitungen steht“, sagt er. |