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# taz.de -- Reisen mit allen Sinnen: Dieses kehlige Glucksen!
> Alphörner, Zikaden, murmelnde Mönche: Die Fremde verwöhnt uns Reisende
> mit Geräuschen. Doch es gibt auch Misstöne auf Reisen.
Bild: Ein Tosen, ein Fauchen: Wasserfall in einer isländischen Polarnacht
Man hört so einiges auf Reisen: heulende Hyänen. Alphörner. Fische, die ins
Wasser klatschen. Unverständliche Durchsagen. Knisternde Eisberge.
Prasselnde Feuer. Mönche, die stundenlang murmeln. Das Sägen der Zikaden,
das Trommeln des Regens. Und süßer die Glöckchen nie klingen, als wenn sie
im Rhythmus der Schritte der Kamele anschlagen, untermalt vom feinen Sirren
des Wüstensandes.
Die Fremde verwöhnt uns Reisende mit Geräuschen, ganz neue Klangwelten tun
sich auf. Wer je bei Nacht wie elektrisiert durch einen honduranischen
Regenwald gestolpert ist, weiß es. Auch wer stundenlang dem nördlichen Meer
gelauscht hat, dem grandiosesten aller Naturorchester. Oder dem melodiösen
Singsang einer unbekannten Sprache, ihrem Schnalzen, Schnattern und
kehligen Glucksen.
Und oft ist da auch Musik, „dieses Parfüm des Hörens“, wie die
amerikanische Schriftstellerin Diane Ackerman in „Die schöne Macht der
Sinne“ schreibt. Musik ist das Besondere, Musik grüßt die Gäste, mit Musik
unterstreichen wir die Feierlichkeit des Augenblicks. Erst Griegs „Peer
Gynt“ gibt der Fahrt durch das norwegische Gudbrandstal die richtige Weihe.
Springsteens „Nebraska“ malt Nebraska. Und Belgiens wolkenverhangene Ebenen
wären nichtssagendes Ödland, ließe nicht Jaques Brel seine „Marieke“durch
das „platte Land, mein Flandernland“ spazieren.
Am schönsten freilich wird Musik, wenn man sie austauscht. Draußen in den
Bergen vor dem Dhaulagiri war die Temperatur längst unter null gefallen. Im
Küchenzelt drängten wir uns dick eingemummt um den Petroleumofen. Plötzlich
stimmte einer „Heut ist Niklausabend“ an, denn das war der Tag. Die
nepalesischen Köche, der Sherpa und die Trägerinnen antworteten mit einem
Liebeslied – Beschwörung des Zusammenhalts gegen Dunkelheit und schneidende
Kälte da draußen.
Natürlich gibt es auch Misstöne auf Reisen. Das trockene Knacken, wenn eine
Kakerlake auf dem Weg zum Bad unterm Schuh zerbirst. Keine Sterne in Athen
– aber Alarmanlagen, die niemand stoppt. Und nicht zu vergessen die mehr
oder weniger engagierten Stöhnereien aus benachbarten Hotelzimmern, während
die eigene Liebe in 5.000 Kilometern Entfernung schlummert.
Das schönste aller Geräusche auf Reisen aber ist gar keines: Es ist
einlullend und einschüchternd zugleich, geborgen fühlt man sich dabei und
doch zutiefst aus der Welt gefallen. In der Stille einer Wüstennacht werden
wir wirklich ganz Ohr. Denn für einmal hält sie tatsächlich den Atem an,
die rasselnde, brüllende Welt.
P.S. Der hässlichste Laut auf Reisen? Das Weckersignal des Handys. Und was
ich nie mehr hören möchte: „Ja, wo bleiben Sie denn so lange? Wir sitzen
hier alle schon ewig im Bus …“
1 Dec 2019
## AUTOREN
Franz Lerchenmüller
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