# taz.de -- Impeachment-Verfahren gegen Trump: Zu wenig Show | |
> Die erste öffentliche Anhörung im Impeachment-Verfahren gegen Trump | |
> könnte eine Wende bringen. Warum trotzdem wenig hängen bleibt von der | |
> Debatte. | |
Bild: Trump ist nur an der eigenen Wiederwahl interessiert – ob ihm das schad… | |
In den 243 Jahren, seit es die USA gibt, hat es nur vier | |
Impeachment-Verfahren gegen Präsidenten gegeben. Das macht den Beginn der | |
öffentlichen Verhandlungen im US-Repräsentantenhaus über Donald Trump zu | |
einem historischen Ereignis. Auch die Erfahrung mit dem Verfahren gegen | |
Richard Nixon, bei dem ein zuvor populärer Präsident die Unterstützung | |
verlor, deutet darauf hin, dass, was am Mittwoch in Washington begonnen | |
hat, eine radikale Wende bringen könnte. | |
Doch trotz [1][dieses Potenzials], trotz der Zuschaltung fast aller großen | |
Fernsehsender und trotz der Kompetenz und Integrität der beiden ersten | |
Zeugen plätscherte der erste Fernsehtag im Impeachment-Verfahren mehr, als | |
dass er knallte. Dabei lieferten die beiden Karrierediplomaten jede Menge | |
seltene Einblicke in die außenpolitischen Machenschaften der | |
Trump-Regierung. | |
Sie brachten Informationen darüber, wie die politische Spitze in Washington | |
über das europäische Land mit der längsten Grenze zu Russland diskutiert; | |
sie beschrieben den Aufbau undurchsichtiger Kanäle, in denen Leute im | |
privaten Dienst von Donald Trump eine parallele Außenpolitik betreiben, für | |
die sie den demokratischen Institutionen der USA keine Rechenschaft | |
schuldig sind. Und William Taylor lieferte sogar noch einen „Scoop“, indem | |
er ein Telefonat des EU-Botschafters der USA beschrieb, bei dem herauskam, | |
dass Trump sich mehr für seine Wiederwahl im Jahr 2020 interessiert als für | |
die Ukraine. | |
Warum wird dennoch wenig vom ersten öffentlichen Impeachment-Tag hängen | |
bleiben? Das hat viele Gründe: Einer davon ist der Showeffekt. Ein | |
Impeachment braucht gutes Theater – schließlich gilt es die öffentliche | |
Stimmung zu verändern. Die Demokraten haben es nicht geschafft, am Mittwoch | |
gute Bilder, zitierfähige Sätze und einprägsame Geschichten zu produzieren. | |
Was im Geheimdienstausschuss des Repräsentantenhauses verhandelt wurde, war | |
kompliziert und trocken. | |
Ein anderer Faktor ist Ermüdung. Die US-Öffentlichkeit ist seit dem | |
Amtsantritt von Trump mit beinahe täglichen Verletzungen demokratischer und | |
rechtsstaatlicher Regeln konfrontiert. Sie hat fast zwei Jahre lang die | |
Arbeit von [2][Sonderermittler Robert Mueller] verfolgt, der die | |
Machenschaften Russlands in Trumps Wahlkampf untersucht hat und dessen | |
Arbeit letztlich im Sande verlief. | |
Ein weiterer Faktor ist der blinde Parteigehorsam, der bei den | |
RepublikanerInnen an die Stelle von eigenständigem Denken getreten ist. | |
Trump, der einstige Außenseiter, hat die Republikanische Partei komplett | |
auf Linie gezwungen. Im Jahr 2019 ist in ihrem Innern kein Platz mehr für | |
kritisches Denken oder Fragen, und die parteiinternen Kritiker des | |
Präsidenten sind entweder tot oder ihrer Ämter verlustig gegangen. Im | |
Ausschuss hatten die Republikaner wenig mehr zu bieten als die Wiederholung | |
von aggressiven Slogans und Sabotagehaltungen, die Trump ohnehin täglich | |
vorexerziert. | |
Der schwerwiegendste Faktor ist die [3][Verrohung der politischen Debatte] | |
in den USA . Schon lange vor Trump war das Interesse an internationalen | |
Ereignissen und an Außenpolitik minimal. Es beschränkte sich in vielen | |
Fällen auf die Punkte des Planeten, an denen die USA gerade Krieg führten. | |
Doch Trump hat aus dieser Nabelschau eine Doktrin gemacht. Er hat mit dem | |
nationalistischen Slogan „Amerika zuerst“ begonnen. Hat dann immer neue | |
multilaterale Abkommen, Zusammenarbeiten und Institutionen aufgekündigt. | |
Und hat im Fall der Erpressungsversuche gegen die ukrainische Spitze | |
vorgeführt, dass ihn Außenpolitik allenfalls dann interessiert, wenn er sie | |
für seine heimischen Interessen nutzen kann. | |
Dieses ostentative Desinteresse an internationaler Zusammenarbeit rächt | |
sich jetzt in der Ukraine. Es sorgt dafür, dass ein Teil der | |
US-Öffentlichkeit und die Republikanische Partei selbst dann die Schultern | |
zuckt, wenn private Geschäftsleute mit mafiösen Interessen die Außenpolitik | |
der USA bestimmen und wenn der Präsident die Hilfe des Militärs nutzt, um | |
seinen eigenen Wahlkampf zu befördern. | |
14 Nov 2019 | |
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## AUTOREN | |
Dorothea Hahn | |
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