| # taz.de -- Amtsenthebungsverfahren gegen Trump: Genug gehört, Amigos? | |
| > Die Anhörungen im Amtsenthebungsverfahren gegen Trump sind vorbei. Und | |
| > die Gräben zwischen Demokraten und Republikanern sind so tief wie nie. | |
| Bild: „Wir haben einen unethischen Präsidenten“, sagt der Ausschussvorsitz… | |
| Selten ist die Tiefe der Gräben in Washington so deutlich geworden wie an | |
| den fünf Tagen öffentlicher Hearings im Geheimdienstausschuss. Da stritten | |
| DemokratInnen und RepublikanerInnen darüber, was Realität ist. Und da | |
| zeigten KarrierediplomatInnen und millionenschwere Amigos, die erst jüngst | |
| in die Außenpolitik gekommen sind, Uneinigkeiten darüber, wer Freund und | |
| Feind ist. | |
| Unterdessen benahm sich der Mann, um den es bei dem Impeachmentverfahren | |
| geht und dem der Entzug seines Amts wegen Verrat, Bestechung oder anderen | |
| schweren Vergehen droht, als wäre er lediglich ein außenstehender | |
| Kommentator. Präsident Donald Trump begleitete die langatmigen und | |
| detaillierten Hearings aus seinem Büro mit persönlichen Beleidigungen und | |
| Einschüchterungen einzelner ZeugInnen per Tweet – dabei nahm er | |
| insbesondere Frauen ins Visier. | |
| Am Donnerstag kam er mit einem handgeschriebenen Zettel auf die Wiese am | |
| Weißen Haus und las ab: „Ich will nichts von der Ukraine“ und: „Kein Quid | |
| pro quo.“ | |
| „Wir haben einen unethischen Präsidenten“, befand Ausschussvorsitzender | |
| Adam Schiff am Donnerstag, dem Tag, als die öffentlichen Hearings seines | |
| Ausschusses zu Ende gingen. Schiff fügte hinzu: „Amerika ist besser als | |
| das.“ In den Reihen der DemokratInnen wird er damit auf Zuspruch stoßen. | |
| Die ZeugInnen in den öffentlichen Hearings haben belegt, dass alle Fäden | |
| der Politik und der Erpressungen gegenüber der Ukraine im Weißen Haus | |
| zusammen gelaufen sind. | |
| Es erscheint klar, dass die Mehrheit im Repräsentantenhaus für eine | |
| Amtsenthebung von Trump stimmen wird. Auch wenn die Einzelheiten auf dem | |
| Weg dahin und der Terminplan noch offen sind. Aber die Frage bleibt, welche | |
| politischen Folgen das haben wird. Denn den DemokratInnen ist es nicht | |
| gelungen, Keile in die dicht geschlossenen republikanischen Reihen im | |
| US-Kongress zu treiben. Und auch Umfragen von der WählerInnenbasis zeigen | |
| bislang keine nennenswerten Veränderungen. | |
| ## Schuld oder Schabernack? | |
| Im Geheimdienstausschuss hat keinE RepublikanerIn den Präsidenten für | |
| unschuldig erklärt. Stattdessen haben die ParteigängerInnen des Präsidenten | |
| sich darauf geeinigt, das ganze Verfahren als absurd zu bezeichnen. Immer | |
| wieder nutzte Devin Nunes, der republikanische Sprecher im | |
| Geheimdienstausschuss, seine Redezeiten, um zu wiederholen, dass die | |
| DemokratInnen bis heute nicht akzeptiert hätten, dass ihre Kandidatin die | |
| Wahlen von 2016 verloren hat. | |
| Ein Impeachmentverfahren gegen einen US-Präsidenten ist ein extrem seltenes | |
| und schwerwiegendes Ereignis. Das gegenwärtige ist erst das dritte in der | |
| 243 Jahre langen Geschichte der USA. Aber Nunes macht es zu einem | |
| politischen Manöver, einer Verschwendung von Steuergeldern und zu | |
| Schabernack. | |
| Nach Nunes’ Interpretation gibt es in Washington seit Anfang 2017 jede | |
| Menge „Schabernack“: von den Analysen sämtlicher US-Geheimdienste, wonach | |
| Russland in den Wahlen von 2016 mitgemischt hat; über die Ermittlungen des | |
| FBI und die [1][Russland-Untersuchungen von Sonderermittler Robert Mueller] | |
| bis hin zu dem Impeachmentverfahren. | |
| Während die DemokratInnen ihr Impeachment in der unteren Kammer | |
| vorbereiten, wo sie die Mehrheit halten, arbeitet Trump an dessen Revision | |
| im Senat, wo seine Partei die absolute Mehrheit hat. Der US-Präsident hat | |
| die Ermittlungen der DemokratInnen im Repräsentantenhaus nach allen Kräften | |
| behindert. Unter anderem hat er MitarbeiterInnen aus dem Weißen Haus und | |
| dem Außenministerium die Aussage verboten, zentrale Dokumente unter | |
| Verschluss gehalten und die Legitimität der Ermittlungen bestritten. Aber | |
| für die nächste Phase im Senat erwägt er eine 180 Grad Kehrwende. | |
| Am Donnerstag konferierte er mit mehreren republikanischen SenatorInnen | |
| über das künftige Vorgehen. Allerdings ist noch unklar, wie groß er sein | |
| eigenes Impeachmentverfahren im Senat fahren will. Es geht um Wahltaktik. | |
| Sollten die republikanischen StrategInnen zu dem Ergebnis kommen, dass es | |
| Trumps Wiederwahl im November 2020 nutzt, lange bis zu seinem Freispruch im | |
| Senat zu warten, werden sie die Hearings in die Länge ziehen. | |
| ## Nicht mit der offiziellen Diplomatie abgesprochen | |
| [2][Fiona Hill war bis Juli Fachfrau für die Ukrainepolitik] im Nationalen | |
| Sicherheitsrat des Weißen Hauses. Zusammen mit David Holmes, der an der | |
| US-Botschaft in Kiew arbeitet, bildete ihr Auftritt den krönenden Abschluss | |
| der öffentlichen Hearings. | |
| Hill und Holmes beschrieben, wie Trumps persönliche Vertraute parallele | |
| Kanäle in der Ukrainepolitik aufbauten. An der Spitze dieser „Amigos“ stand | |
| Trumps persönlicher Anwalt, der ehemalige New Yorker Bürgermeister Rudolph | |
| Giuliani. Auch [3][Gordon Sondland, der Trump eine Million Dollar | |
| spendete], bevor er vom Hotelunternehmer zum Botschafter der USA in Brüssel | |
| befördert wurde, gehörte dazu. | |
| Die Arbeit der „Amigos“ in der Ukraine war nicht mit der offiziellen | |
| Diplomatie abgesprochen und zielte immer wieder scharf gegen sie. So | |
| führten Giulianis Mitarbeiter vor Ort eine Schmierenkampagne gegen die | |
| Botschafterin der USA, Marie Yovanovitch, die angetreten war, die | |
| Korruption zu bekämpfen. Trump holte die Botschafterin nach Washington | |
| zurück. Vor dem Hearing bestätigen DiplomatInnen, dass ein US-Präsident das | |
| Recht hat, seine BotschafterInnen auszuwählen. Aber, so Hill, „eine | |
| Schmierenkampagne ist nicht nötig.“ | |
| Während die offiziellen DiplomatInnen versuchten, die Demokratie in der | |
| Ukraine zu stärken und das Land im Kampf gegen Russland und gegen die | |
| Korruption zu unterstützen, agierten Trumps „Amigos“ in einer anderen | |
| Richtung. Ihnen ging es darum, Trumps kommenden Wahlkampf auf dem Umweg | |
| über die Ukraine zu stärken. Dafür hielten sie Militärhilfe im Wert von | |
| fast 400 Millionen Dollar zurück und nutzten das begehrte und bis heute | |
| nicht zustande gekommene Treffen mit dem Oval Office als Druckmittel. Um | |
| beides zu bekommen, sollte der ukrainische Präsident Ermittlungen gegen | |
| Trumps heimischen Gegenspieler Joe Biden und dessen Sohn einleiten. | |
| „Trump ist der korrupteste Präsident der US-Geschichte“, sagt der | |
| demokratische Sozialist Bernie Sanders. Wie alle demokratischen Bewerber | |
| für Trumps Nachfolge unterstützt er das Impeachmentverfahren. Aber es | |
| bleibt ein Dilemma. Der Unternehmer und demokratische | |
| Präsidentschaftskandidat Andrew Yang beschreibt es so: „Wann immer wir über | |
| Trump reden, verlieren wir. Auch wenn es um sein Impeachment geht.“ | |
| 23 Nov 2019 | |
| ## LINKS | |
| [1] /Bericht-von-Sonderermittler-Mueller/!5637963/ | |
| [2] /Fiona-Hill-vor-dem-US-Kongress/!5630223 | |
| [3] /Impeachmentverfahren-gegen-Trump/!5643233 | |
| ## AUTOREN | |
| Dorothea Hahn | |
| ## TAGS | |
| Amtsenthebungsverfahren | |
| US-Demokraten | |
| Donald Trump | |
| Elisabeth Warren | |
| USA | |
| Amtsenthebungsverfahren | |
| USA | |
| Impeachment | |
| Impeachment | |
| USA | |
| ## ARTIKEL ZUM THEMA | |
| Vorwahlkampf der US-Demokraten: Ende der Gemeinsamkeit | |
| Die TV-Debatte der KandidatInnen für das Präsidentenamt hat etwas von einer | |
| Schlammschlacht. Zumindest die Sender jubilieren. | |
| Anhörung im US-Justizausschuss: Experten stützen Verfahren | |
| Wie steht es rechtlich um das Impeachmentverfahren gegen den | |
| US-Präsidenten? Drei der vier RechtsexpertInnen sehen keine Probleme. | |
| Impeachment gegen Donald Trump: Republikaner fest hinter Trump | |
| Am Mittwoch beginnt die zweite Phase des Amtsenthebungsverfahrens gegen | |
| US-Präsident Trump. Die DemokratInnen bleiben allein. | |
| Impeachment in den USA: Trump-Team boykottiert Anhörung | |
| Dass Trump selbst zur Impeachment-Anhörung kommen würde, galt als | |
| unwahrscheinlich. Doch das Weiße Haus will noch nicht einmal einen Anwalt | |
| schicken. | |
| Impeachment gegen Trump: Sondland bekräftigt Vorwürfe | |
| Der EU-Botschafter Gordon Sondland ist der womöglich wichtigste Zeuge im | |
| Verfahren. Er bestätigt nun Anschuldigungen gegen den US-Präsidenten. | |
| Impeachment gegen Donald Trump: „Unangemessene“ Gespräche | |
| Bei den Anhörungen bestätigen zwei Zeugen Anschuldigungen gegen den | |
| US-Präsidenten. Am Mittwoch wird der brisante Zeuge Gordon Sondland | |
| verhört. | |
| Impeachment-Verfahren gegen Trump: Zu wenig Show | |
| Die erste öffentliche Anhörung im Impeachment-Verfahren gegen Trump könnte | |
| eine Wende bringen. Warum trotzdem wenig hängen bleibt von der Debatte. |