| # taz.de -- Türkischer Präsident im Weißen Haus: Trump outet sich als Erdoğ… | |
| > Völlig kritiklos empfängt der US-Präsident seinen türkischen | |
| > Amtskollegen. Selbst der Streit über den Syrien-Einmarsch ist vergessen. | |
| Bild: Verstehen sich gut: Erdoğan und Trump im Weißen Haus | |
| Istanbul taz | Verkehrte Welt: Bei seinem Besuch in Washington musste sich | |
| nicht der türkische Präsident Kritik anhören, sondern US-Präsident Donald | |
| Trump. Wer erwartet hatte, dass Trump bei dem Besuch Recep Tayyip Erdoğans | |
| in Washington am Mittwoch den völkerrechtswidrigen Einmarsch in Nordsyrien | |
| kritisieren würde, sah sich getäuscht. Während der gemeinsamen | |
| Pressekonferenz der beiden Präsidenten häufte Trump stattdessen Lob und | |
| Komplimente auf seinen türkischen Kollegen. | |
| „Ich bin ein großer Fan Erdoğans“, sagte Trump gleich zu Beginn und setzte | |
| damit den Ton für die einstündige öffentliche Plauderstunde, nachdem die | |
| beiden Präsidenten zuvor rund vier Stunden in unterschiedlichen Runden | |
| zusammengesessen hatten. „Die Türkei ist ein großes und wichtiges Land. Sie | |
| hat die zweitgrößte Armee der Nato und gibt viel Geld für Rüstungskäufe in | |
| den USA aus.“ | |
| Für Erdoğan hätte es gar nicht besser laufen können. Aus Trumps Sicht ist | |
| der Streit der letzten Monate offenbar vorbei. Hatte es in den US-Medien | |
| vor dem Treffen noch geheißen, Trump lasse ein Dossier mit Kriegsverbrechen | |
| der Türkei in Nordsyrien vorbereiten, war bei dem Treffen dann überhaupt | |
| keine Rede mehr davon. | |
| Stattdessen beschwerte sich Erdoğan, dass die USA sich immer noch nicht von | |
| den „Terroristen“ der kurdischen YPG-Miliz distanzierten und einer ihrer | |
| Führer auch noch in Washington von hochrangigen Senatoren empfangen worden | |
| sei. | |
| ## Nur „türkeifreundliche“ Journalisten | |
| Die [1][Kongressresolution über den Völkermord an den Armeniern] wischte | |
| Erdoğan als belanglos vom Tisch. „Darüber“, wiederholte er, was er schon | |
| verschiedene Male gesagt hatte, „sollen Historiker und nicht Politiker | |
| entscheiden.“ Die hätten doch keine Ahnung, was vor 100 Jahren im | |
| Osmanischen Reich passiert sei. | |
| Trump hörte sich das alles stoisch lächelnd an und machte für Erdoğan auch | |
| noch den Conferencier, als er „nur türkeifreundliche“ Journalisten | |
| aufforderte, Fragen zu stellen. Die mitgereisten Journalisten der | |
| regierungsabhängigen Medien ließen sich die Gelegenheit denn auch nicht | |
| entgehen und wollten wissen, warum der „Terrorist und Putschführer“ | |
| Fethullah Gülen von den USA immer noch nicht an die Türkei ausgeliefert | |
| worden ist. | |
| Selbst beim Thema der russischen Flugabwehrraketen, die die Türkei entgegen | |
| allen Absprachen innerhalb der Nato gekauft hat, war bei der | |
| Pressekonferenz von den in Washington diskutierten Sanktionen nichts zu | |
| hören. Trump, der sonst ja gern großspurig droht, blieb seltsam vage: Das | |
| sei ein schwieriges Thema, man werde weiter darüber reden. | |
| Die Forderung der USA, das Raketensystem, wenn es denn schon gekauft sei, | |
| wenigstens nicht in Betrieb zu nehmen, blieb unerwähnt. Stattdessen suchten | |
| und fanden die beiden Präsidenten ein Thema, bei dem sie sich offenbar | |
| vollkommen einig waren: die feigen und egoistischen Europäer. | |
| Wie Erdoğan forderte nun auch Trump die Europäer auf, ihre Verantwortung | |
| für gefangene IS-Terroristen und syrische Flüchtlinge in der Türkei zu | |
| übernehmen. Die Europäer sollten endlich ihre Terroristen zurücknehmen und | |
| sich ihrer Verantwortung in Syrien stellen, mahnte Trump, nachdem Erdoğan | |
| noch einmal dargelegt hatte, dass die Türkei finanzielle Mittel für die | |
| Rückansiedlung der Flüchtlinge in Syrien brauche. | |
| ## Wirtschaft im Mittelpunkt | |
| Abschließend kündigte der US-Präsident an, man werde einen Neustart | |
| zwischen den beiden Verbündeten vornehmen und sich zukünftig mehr auf | |
| wirtschaftliche Fragen konzentrieren. Der Handel solle auf ein Volumen von | |
| 100 Milliarden Dollar im Jahr ausgeweitet werden. | |
| Für Erdoğan ein Sieg auf ganzer Linie. Bleibt sein „Fan“ Donald Trump im | |
| Amt, hat er offenbar aus den USA nicht viel zu fürchten. Sogar gegenüber | |
| zuvor sehr kritischen republikanischen Senatoren konnte er punkten. | |
| Trump hatte extra fünf Kritiker aus dem Senat zu einem Plausch mit Erdoğan | |
| ins Weiße Haus eingeladen, damit dieser ihnen seine Sicht der Dinge | |
| darlegen konnte. Die türkische Regierungspresse jubelt denn auch: Erdoğan | |
| schlägt ein neues Kapitel mit den USA auf. | |
| 14 Nov 2019 | |
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| ## AUTOREN | |
| Jürgen Gottschlich | |
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