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# taz.de -- Harte Ausländerpolitik in Japan: Hungerstreiks in Abschiebehaft
> Japans konservative Regierung setzt unerwünschte Ausländer mit überlanger
> Abschiebehaft unter Druck – trotz eines Todesfalls.
Bild: 2020 will sich Japan mit Olympischen Spielen in Tokio weltoffen zeigen. F…
Tokio taz |Anfang November stand Behzad Abdollahi mit einigen Unterstützern
vor dem Tokioter Bahnhof Shinjuku und forderte per Megafon: „Wir sind
Menschen und wollen unsere Menschenrechte geschützt haben.“ Der Iraner
hatte drei Jahre und zehn Monate im Abschiebezentrum Ushiku eingesessen. Er
kam vorübergehend frei, nachdem er seinen Hungerstreik beendet hatte.
Aber fünf Tage nach seinem Protest und nach nur zwei Wochen in Freiheit
musste Abdollahi zurück in seine Zelle. „Mein Körper und meine Seele sind
geschunden, ich mag nicht essen und kann nicht schlafen“, sagte der Iraner.
Sein Schicksal steht stellvertretend für Japans harten Umgang mit
Ausländern, die ihr Aufenthaltsrecht verloren haben. Viele davon sind
Flüchtlinge mit abgelehntem Asylantrag. Verweigern sie die Abschiebung,
dann versucht das Justizministerium, ihren Widerstand durch dauerhafte
Abschiebehaft zu brechen.
Derzeit sitzt mehr als die Hälfte der 1.100 Abschiebehäftlinge länger als
sechs Monate hinter Gittern. Viele wehren sich inzwischen mit einem
Hungerstreik. Seit dem 6. November verweigern zum Beispiel zehn
Langzeit-Insassen im Zentrum Osaka die Nahrung. Ende September befanden
sich 198 Menschen im Hungerstreik. Laut Justizministerium sind Iraner die
größte Gruppe.
## Nach 3,5 Jahren Abschiebehaft: tödlicher Hungerstreik
Die Einwanderungsbehörde reagiert mit einer zynischen Taktik. Sie
verspricht den Häftlingen, sie freizulassen, wenn sie wieder essen. Dieses
Angebot erhält, wer länger als zehn Tage gehungert und über zehn Kilo
abgenommen hat, berichtet die Hilfsorganisation Ushikunokai.
Aber die Hoffnung der Menschen, länger in Freiheit bleiben zu dürfen, wird
enttäuscht. Nach zwei Wochen müssen viele zurück in Haft. Andere müssen
sich regelmäßig bei der Polizei melden. Dabei leben sie in ständiger Angst,
willkürlich neu inhaftiert zu werden. Arbeiten ist ihnen verboten. „Wenn
Leute mit Abschiebehaft unter Druck gesetzt und zum Abbruch des
Hungerstreiks gedrängt werden, dann ist das eine Art von Folter“, empört
sich der Anwalt Takeshi Ohashi.
Die neue Strategie des Justizministeriums hängt mit dem Fall eines
Nigerianers zusammen, der sich Ende Juni nach dreieinhalb Jahren Haft im
Abschiebezentrum Omura zu Tode hungerte. Damals zog die
Einwanderungsbehörde weder einen Arzt hinzu noch versuchte sie eine
Zwangsernährung.
## Die Behörde attestiert sich korrektes Verhalten
Dennoch bescheinigte sich die Behörde Anfang Oktober in einem Bericht, sie
hätte korrekt gehandelt. Darauf fragte die liberale Zeitung Mainichi in
einem Kommentar, ob die Regierung wohl ein Bewusstsein für Menschenrechte
habe. Zuvor hatte das Blatt die Zustände in den Abschiebezentren als
„verborgene Dunkelheit“ bezeichnet. In den letzten 12 Jahren starben
insgesamt 15 zu deportierende Ausländer. Doch vor den Olympischen Spielen
2020 in Tokio preist sich Japan selbst als weltoffenes Land an.
„Wir sind zum Deportieren verpflichtet“, sagt die Chefin der
Einwanderungsbehörde, Shoko Sasaki. „Wir wollen diese Leute, die in
Abschiebehaft sitzen, nicht in unserem Land haben.“ Später verbreitete ihre
Behörde, 43 Prozent der Abschiebeverweigerer hätten Straftaten begangen.
Das sei Stimmungsmache gegen Ausländer, meint die Anwältin Masako Suzuki.
Japans Strafrecht kenne keine „vorbeugende Haft“.
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## AUTOREN
Martin Fritz
## TAGS
Japan
Abschiebung
Menschenrechte
Menschenrechte
Schwerpunkt Flucht
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Ressourcenverbrauch
Schwerpunkt #metoo
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