# taz.de -- Anzeige gegen Betreiber von Hetzportal: Feministin zeigt Frauenfein… | |
> Hamburgs Vorsitzende von Pro Familia zeigt das antifeministische Portal | |
> Wikimannia an. Die Betreiber verstecken sich hinter Pseudonymen. | |
Bild: Demonstration in Leipzig gegen die Kriminalisierung von Schwangerschaftsa… | |
HAMBURG taz | Mit Gerichtsverfahren hat Kersten Artus Erfahrung. Die | |
Vorsitzende von Pro Familia Hamburg wurde bereits von dem | |
[1][Abtreibungsgegner Yannic Hendricks] verklagt, weil der nicht wollte, | |
dass sie seinen Namen öffentlich nennt – obwohl er Interviews über sein | |
„Hobby“ gab, Ärzt*innen anzuzeigen. Artus gewann gegen den Mann, [2][der | |
auch weitere Prozesse] verlor. | |
Jetzt geht Artus selbst juristisch gegen eine Internetseite vor, die das | |
Zuhause solcher Abtreibungsgegner*innen ist und hat Strafanzeige gegen die | |
Betreiber der Seite de.Wikimannia.org gestellt. Die Seite nennt sich selbst | |
„eine Wissens-Datenbank über Benachteiligungen von Jungen und Männern, | |
sowie Bevorzugungen von Maiden und Frauen“. Dort wird unter anderem | |
gegen Feminismus, gegen die Ehe für alle und eben auch gegen | |
Schwangerschaftsabbrüche gehetzt. Und gegen Einzelpersonen, die sich für | |
diese Dinge einsetzen. | |
Dabei bedienen sich der oder die Betreiber auch am Eigentum derer, die auf | |
der Seite denunziert werden. Im Oktober vergangenen Jahres bemerkte Artus | |
nach eigenen Angaben, dass auf der Seite ein von ihr geschossenes Foto | |
verwendet wird. Es ist bei einer Kundgebung anlässlich der ersten | |
Gerichtsverhandlung gegen [3][die Ärztin Kristina Hänel] 2017 entstanden. | |
Darauf zu sehen ist die Gynäkologin Nora Szász. Sie trägt vor sich ein | |
Schild mit der Aufschrift „Ich bin Ärztin. Ich bin auch angeklagt, weil ich | |
behandle und informiere“. Wikimannia fügte eine verleumderische | |
Bildunterschrift hinzu, laut derer Szász für ihr „Tötungshandwerk“ werbe. | |
Anlass genug für Artus, rechtlich gegen die rechte Plattform vorzugehen. | |
„Es ist mir wichtig darauf aufmerksam zu machen, wie der Hass im Netz | |
grassiert und wie solche Seiten funktionieren“, sagt Artus. Es sei fatal | |
und offenbare eine Gesetzeslücke, wenn der Betreiber damit durchkomme. | |
Die Verwendung des Bildes auf der Seite dürfte auch [4][gegen die | |
Persönlichkeitsrechte] von Nora Szász verstoßen. „Ich begrüße sehr, dass | |
Kersten Artus sich zu diesem Schritt entschieden hat“, sagt sie zur taz. | |
„Die Situation ist für viele, die bei Wikimannia an den Pranger gestellt | |
werden, unerträglich.“ Sie selbst überlege noch, ob sie gegen die Seite | |
vorgeht. Bisher habe der [5][Rechtsstreit um die Information über | |
Schwangerschaftsabbrüche] bei ihr schon viel Raum eingenommen. | |
Artus indes hatte schon im Oktober 2018 eine Mail an die im Impressum | |
angegebene Adresse geschrieben und verlangt, das Foto zu entfernen, sowie | |
ein Honorar für die bisherige Verwendung des Bildes zu erhalten. Kopien der | |
E-Mails liegen der taz vor. | |
Ein Mann, der sich selbst „Redakteur der Seite“ nennt und mit dem | |
offensichtlichen Pseudonym „Mus Lim“ unterschreibt, antwortete Artus: Er | |
könne das Bild zwar entfernen, mit allen weiteren Forderungen solle sie | |
sich an das Büro wenden. Zur Bildunterschrift schrieb er, es handle sich um | |
eine „redaktionelle Klarstellung“. Die Parole auf dem Bild sei irreführend. | |
## Das Foto ist immer noch auf der Seite | |
Artus erhielt kein Honorar und auch das Bild blieb auf der Seite. Es war | |
nur nicht mehr auf dem Server selbst, stattdessen wurde via Hotlink auf | |
[6][Artus’ Webseite] verlinkt. Mit dieser Technik werden Medien auf | |
Webseiten eingebettet und für außenstehende wie ein reguläres Bild | |
angezeigt, obwohl die eigentliche Datei auf einem anderen Server liegt. Ein | |
Ausweg, der von den meisten Gerichten als rechtens angesehen wird, wie | |
Artus’ Anwalt Björn Elberling erklärt. | |
Auf eine erneute Mail mit dem Hinweis, das Foto zu löschen, bekam Artus | |
nach eigenen Angaben keine Antwort mehr. Bis heute ist das Foto auf | |
Wikimannia zu finden. In dem Beitrag über Artus selbst wurde ein Kommentar | |
hinzugefügt. Darin heißt es, Artus gebärde sich „wie ein Nazi, der | |
Nutzungsrechte für Bilder reklamiert, wenn seine Propaganda-, Mord- und | |
Schandtaten dokumentiert werden“. | |
Normalerweise könnte Artus zivilrechtlich gegen den Diebstahl ihres Fotos | |
vorgehen, sagt Elberling. „Hier ist das Problem, dass sich die Seite hinter | |
einem Fake-Impressum verbirgt und die Betreiber deshalb für normale | |
Anspruchsgeltendmachung nicht erreichbar sind.“ Laut Impressum von | |
Wikimannia ist ein gewisser Joel Castro Betreiber der Seite. Als Anschrift | |
ist eine Adresse in der Türkei angegeben – laut Elberling eine | |
Briefkastenfirma. Allein das sei schon eine Ordnungswidrigkeit. | |
## Es gibt Hinweise, wer die Seite früher betrieben hat | |
Die Medienanstalt Hamburg/ Schleswig-Holstein, die für die Einhaltung | |
rechtlicher Bestimmungen bei Internetseiten von Anbietern mit Sitz in den | |
beiden Bundesländern zuständig ist, bestätigt auf Anfrage der taz, dass sie | |
im Fall Wikimannia aufwendig recherchiert hat, den Anbieter der Seite aber | |
nicht ausfindig machen konnte. | |
Im Impressum der Seite wird unter „Bearbeitung von Beschwerden“ deutlich, | |
wie der oder die Betreiber mit eben solchen Beschwerden umgehen, angelehnt | |
an die Aussagen eines Männerbloggers: Es sei kein Problem, sich verurteilen | |
zu lassen, schreibt dieser. Er würde dann das Urteil öffentlich machen, | |
denn darin seien in den meisten Fällen die strittigen Passagen wiederholt. | |
Und dann noch eine Verlinkung auf eine Archivversion der Internetseite. So | |
sei der vermeintliche Erfolg der Klägerin nichts wert. | |
Um ihr Recht durchzusetzen, hat Artus am Dienstag Strafanzeige wegen | |
Verstößen gegen das Urheberrecht gestellt. Dabei geht es um den | |
ursprünglichen Diebstahl des Bildes. „Wir machen das, damit nun mit | |
polizeilichen Mitteln ermittelt wird, wer dahinter steckt“, sagt Anwalt | |
Elberling. „Mit den Mitteln der Strafprozessordnung dürfte es eigentlich | |
nicht so schwer sein, herauszufinden, wer die Seite betreibt.“ Laut | |
Elberling gibt es zumindest Hinweise, wer die Seite früher einmal betrieben | |
hat. Zu diesen und anderen Fragen schwieg Wikimannia auf Anfrage der taz. | |
14 Nov 2019 | |
## LINKS | |
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[4] /Verschaerfung-des-Strafgesetzbuchs/!5633808 | |
[5] /Schwangerschaftsabbruch-in-Kassel/!5610076 | |
[6] https://solidaritaetfuerkristinahaenel.wordpress.com/ | |
## AUTOREN | |
Marthe Ruddat | |
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