# taz.de -- Gescheiterte Klimaklage: Deutschland ist nicht Holland | |
> Das Verwaltungsgericht Berlin hat die Klima-Klage von Greenpeace und | |
> Biobauern abgelehnt. Dafür gibt es gute Gründe. | |
Bild: Ein Kabinettsbeschluss ist nun mal kein Gesetz, das musste nun auch Green… | |
Die [1][Klima-Klage von Greenpeace und drei Biobauern-Familien] gegen die | |
Bundesregierung ist schon im Ansatz gescheitert. Das Verwaltungericht (VG) | |
Berlin hat die Klage am Donnerstagnachmittag [2][als unzulässig abgelehnt]. | |
Bei dieser Zulässigkeitsprüfung ging es nicht um Formalia und | |
Verfahrensfragen, sondern um den Kern der Sache. Besteht überhaupt eine | |
Rechtsnorm, auf die sich die Kläger berufen können? Das Gericht hat dies | |
verneint. Die Klage wäre also auch nicht begründet gewesen. Der Gang vor | |
Gericht ist damit in erster Instanz umfassend gescheitert. | |
Greenpeace sieht es zwar als Teilerfolg, dass das Gericht die Klimapolitik | |
für grundsätzlich „justiziabel“ erachtete. Tatsächlich hatte das | |
Umweltministerium von Svenja Schulze (SPD) dies bestritten. Doch damit | |
stand das Ministerium auf aussichtslosem Posten. Der Staat hat immer eine | |
Schutzpflicht für die Grundrechte, deren Einhaltung auch gerichtlich | |
überprüfbar ist. Dies hat das VG Berlin jetzt bestätigt. Doch das ist kein | |
Durchbruch, sondern eine Selbstverständlichkeit. | |
Für Klimaklagen ist damit auch noch nicht viel gewonnen, denn bei der | |
Erfüllung dieser Schutzpflicht hat die Politik stets einen weiten | |
Gestaltungsspielraum. Deshalb versuchte Greenpeace zunächst, die | |
Klimaprogramme und -ziele der Bundesregierung zu verbindlichen Rechtsakten | |
zu erklären, die nun von Bürgern eingeklagt werden können. Doch das ist | |
gescheitert. Ein Kabinettsbeschluss ist nun mal kein Gesetz. In der | |
Berliner Verhandlung ging es dann schnell nur noch um die allgemeine | |
staatliche Schutzpflicht. | |
## Die Urgenda-Klage taugt nicht als Vorbild | |
Das Gericht sah nun den Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers noch nicht | |
verletzt. Daran änderte auch der wiederholte Hinweis der Kläger [3][auf die | |
erfolgreiche Urgenda-Klimaklage in den Niederlanden] nichts. Im Gegenteil: | |
Wenn die niederländische Regierung durch dortige Gerichte verpflichtet | |
wird, den CO2-Ausstoß um 25 Prozent (gegenüber 1990) zu reduzieren, dann | |
kann die in Deutschland tatsächlich erfolgte Reduzierung um 32 Prozent | |
nicht so verkehrt sein. | |
Wer wie Greenpeace das niederländische Urgenda-Urteil mit seiner | |
25-Prozent-Reduzierung als wegweisend lobt, aber zugleich für Deutschland | |
eine 40-Prozent-Reduzierung als allerunterste rechtliche Grenze propagiert, | |
wirkt nicht sehr überzeugend. | |
Es ist nur schwer vorstellbar, dass ein Gericht in Deutschland derzeit eine | |
Schutzpflichtverletzung durch die Klimapolitik annimmt, solange diese nicht | |
völlig untätig ist. Insofern sind die Klima-Klagen bis auf weiteres eher | |
Mittel der Öffentlichkeitsarbeit und der politischen Auseinandersetzung. | |
Das gilt auch für die Klage, die der BUND im Vorjahr vor dem | |
Bundesverfassungsgericht eingereicht hat. | |
Was aber im Berliner Prozess auch deutlich wurde: Je länger die Politik von | |
ihrem Gestaltungsspielraum zu Lasten des Klimas Gebrauch macht, umso härter | |
werden in einigen Jahren die Maßnahmen ausfallen müssen. Und wenn sich die | |
Politik dann nicht traut, kann es wirklich auf Gerichte ankommen. | |
1 Nov 2019 | |
## LINKS | |
[1] /Klagen-wegen-Klimawandel/!5634104 | |
[2] /Verwaltungsgericht-weist-Klimaklage-ab/!5635068 | |
[3] /Verfassungsklage-fuers-Klima/!5550455 | |
## AUTOREN | |
Christian Rath | |
## TAGS | |
Schwerpunkt Bio-Landwirtschaft | |
Klima | |
Greenpeace | |
Bauern | |
Schwerpunkt Klimawandel | |
Schwerpunkt Klimawandel | |
Schwerpunkt Klimawandel | |
Schwerpunkt Klimawandel | |
Kohle | |
Sebastián Piñera | |
Schwerpunkt Klimawandel | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Klage gegen Energiekonzern: Shell wegen Klimakrise vor Gericht | |
Umweltschützer:innen haben den britisch-niederländischen Ölkonzern | |
verklagt. Shell soll laut der Forderung sein Geschäft von Öl und Gas | |
wegbewegen. | |
Klimaschutz vor Gericht: Jugendliche verklagen 33 Staaten | |
Sechs junge Portugies:innen wollen die europäischen Regierungen zur | |
Bewahrung des Planeten zwingen. Sie sehen ihre Menschenrechte in Gefahr. | |
Klimaschutzklage in Norwegen: Das Öl und die Verfassung | |
Ein Osloer Gericht lässt die Klimaschutzklage von Umweltschutorganisationen | |
gegen die Regierung zu. In Deutschland läuft das anders. | |
Sinkende CO2-Emissionen: Good News von der Klimafront | |
Deutsche Kraftwerke stoßen weniger Treibhausgase aus. Mit der Politik der | |
Bundesregierung hat das aber wenig zu tun. | |
Chiles Gipfelabsagen: Der nackteste Kaiser aller Zeiten | |
Beim Apec-Gipfel und bei der Klimakonferenz wollte Chile sich der Welt | |
präsentieren. Die Absagen sind der Offenbarungseid eines Blenderstaats. | |
Klagen wegen Klimawandel: Können Gerichte die Welt retten? | |
Drei Bauernfamilien verklagen die Bundesregierung. Der Vorwurf: Die | |
verfehlte Klimapolitik gefährde ihre Lebensgrundlage. |