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# taz.de -- Rio-Reiser-Platz in Berlin-Kreuzberg: Im Hausbesetzerland
> Ein Platz für Rio Reiser in Berlin-Kreuzberg, das könnte nächstes Jahr
> Wirklichkeit werden. In guter Stimmung wurde darüber diskutiert.
Bild: Kiezdrache vom „widerständigen Laternenumzug“ am Heinrichplatz (2018…
„Rio-Reiser-Flughafen Berlin-Brandenburg“, witzelte jemand in den hinteren
Reihen. Bei der Beteiligungsveranstaltung „Ein Platz für Rio Reiser?!“ am
Abend des 7. Novembers im Aquarium am Kotti sollte es um die
Ehren-Umbenennung eines Kreuzberger Platzes gehen. Die könnte schon zum 70.
Geburtstag des Ton-Steine-Scherben-Sängers im nächsten Jahr gelingen.
[1][Bereits im September 2018 hatte die Friedrichshain-Kreuzberger
Bezirksverordnetenversammlung] beschlossen, den „Rauchhaus“-Dichter
öffentlich im historischen Postzustellbezirk SO36 zu ehren. „Wenn es Reiser
und die Hausbesetzer nicht gegeben hätte, wäre hinter dem Neuen Kreuzberger
Zentrum jetzt eine Autobahn“, erklärte die Kulturstadträtin Clara Herrmann
in ihrem Grußwort. „Damals wie heute sind unsere Häuser und Wohnungen der
Spekulation preisgegeben“, sagte Kai Sichtermann, Bassist der Scherben, und
hob hervor, wie wichtig es sei, widerständige Vorbilder wie Reiser
öffentlich zu ehren. Reiser „hat auch das mit den Rechten kommen sehen“,
ergänzte jemand. Es ginge auch darum, eine queere Person sichtbar zu
machen, meinte der grüne Bezirksverordnete Werner Heck.
Doch welcher Platz soll „Rio-Reiser-Platz“ werden? Darüber durften die etwa
50 Interessierten abstimmen, die gekommen waren, darunter viele
Weggefährt*innen Reisers, sein Bruder Gert Möbius und Anwohner*innen der
zur Diskussion stehenden Adressen. Die jeweiligen Fürsprecher*innen hielten
Plädoyers für eine Umbenennung des Heinrichplatzes, des Südendes des
Mariannenplatzes, des Moritzplatzes oder für einen Rio-Reiser-Park in der
Grünanlage um das Bethanien.
## Erinnerung an die „Achse des Widerstands“
Die Stimmung war gut, die Debatte wurde mit leidenschaftlichem Ernst
geführt. Es war zu spüren, wie viel Reiser den vor allem älteren und, ja,
weißen Menschen bedeutete. Im nüchtern-coolen Raum des Aquariums flackert
etwas von der nervig-menschlichen Wärme auf, die ein Plenum in Reisers Nähe
erzeugt haben mag. „Der Heini bleibt der Heini“, hieß es und dagegen: „D…
Heinrichplatz war im Zentrum der Stadtsanierung damals, das ist der
richtige Ort. Die Oranienstraße war die Achse des Widerstands“. Eine
weitere Person meinte, die Hauptsache wäre, die Namen von Monarch*innen und
Generälen von den Straßenschildern zu holen.
Mit 38 Stimmen wurde schließlich für den Heinrichplatz entschieden.
Zusammen mit einer schriftlichen Anwohner*innenbefragung von 2018 diene
das Ergebnis als Beschlussempfehlung für die BVV, die Ende November
entscheiden werde, erklärte Heck.
Auch für ein zusätzliches Denkmal votierten die Versammelten am Donnerstag.
Dessen Umsetzung könne aufgrund des notwendigen Kunst-Kommissionsverfahrens
allerdings dauern, so Heck. Hoffentlich nicht so lange wie der Bau des
Berliner Flughafens.
8 Nov 2019
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[1] /Kreuzberger-Debatte/!5547274
## AUTOREN
Stefan Hunglinger
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