# taz.de -- Kritik an „Blackfacing“: Eure Traditionen sind Abfall | |
> Rassistische Karnevalskostüme sind zur Belustigung weißer Menschen da. | |
> Das muss endlich aufhören. | |
Bild: Man kann sich auch einfach als Clown verkleiden, oder? | |
Zuverlässig kehren sie jedes Jahr zurück: rassistische Stereotype, die im | |
Namen der Tradition weiße Menschen belustigen sollen. In Deutschland | |
geschieht dies vor allem [1][in der Karnevalszeit], in der Leute sich ihre | |
„Indianer“- und „Chinesen“-Kostüme nicht nehmen lassen wollen, wenn sie | |
sich besoffen in die Kölner Innenstadt erbrechen. In den Niederlanden ist | |
es die Weihnachtszeit, wenn Sankt Nikolaus’ Diener, der [2][„Zwarte Piet“… | |
eine lokale Version von Knecht Ruprecht, in Blackface kleine Kinder zum | |
Lachen bringen und ihnen Angst einjagen soll. | |
Seit Jahren schon wird die Kritik an der Blackfacing-Praxis von | |
Aktivist_innen sehr deutlich in die Öffentlichkeit getragen. 2014 stand | |
sogar ein Verbot bei niederländischen Paraden im Raum, wurde jedoch vom | |
obersten Verwaltungsgericht gestoppt. Vereinzelt wird die Rassismuskritik | |
zwar ernst genommen, bei manchen Paraden trägt der Zwarte Piet kein | |
Blackface mehr. | |
Der Mehrheit aber ist die Kritik egal – und das lässt sich sowohl für die | |
Niederlande sagen als auch für Deutschland, wo Blackfacing immer noch zur | |
hässlichen [3][Realität auf Theaterbühnen] gehört. Argumente für die | |
rassistische Praxis klingen in ihrer differenziertesten Version meist so: | |
„Ist doch nur ein harmloses Kostüm / eine Tradition / ein bisschen Make-up, | |
stellt euch nicht so an.“ | |
Dass die Verteidigung von rassistischen Traditionen aber eben alles andere | |
als harmlos ist, zeigte sich in tragischer Weise am Freitagabend in Den | |
Haag. Dort haben Dutzende Extremisten versucht, ein ehemaliges Schulgebäude | |
zu stürmen, wo sich antirassistische Aktivist_innen versammelt hatten, um | |
ihre Strategien gegen die Zwarte-Piet-Darstellungen zu besprechen. Die | |
Angreifer schlugen Autoscheiben ein und versuchten, das Gebäude in Brand zu | |
stecken. Fünf Personen wurden festgenommen, die älteste unter ihnen 37, die | |
jüngste erst 13 Jahre alt. | |
## Stellt euch nicht so an | |
„Das Nachahmen von BIPoC ist ein großer Bestandteil weißer Kultur“, | |
schreibt Alice Hasters in ihrem [4][gerade erschienenen Buch] „Was weiße | |
Menschen nicht über Rassismus hören wollen, aber wissen sollten“ – für d… | |
die Autorin selbst schlimmen Anfeindungen im Netz ausgeliefert ist. Hasters | |
zeichnet nicht nur rassistische Kostüme als Folgen kolonialer Strukturen | |
nach, sondern führt uns vor Augen, dass Weiße, selbst wenn sie „gute | |
Absichten“ haben, Rassismen in sich tragen und dies selten anerkennen | |
wollen. | |
Die Ignoranz von Kostümfetischisten ist das eine. Aber wie fragil kann eine | |
Kultur sein, wenn in ihrem Namen versucht wird, Menschen in Brand zu | |
stecken? Den Haag zeigt, dass nicht nur die jahrhundertealte Geschichte, | |
auf die diese Rituale zurückgehen, gewaltsam ist, sondern auch deren | |
Normalisierung in der Gegenwart. Der Angriff könnte ein guter Anlass sein, | |
diese Tradition endgültig zu Abfall zu erklären. | |
Alles andere käme einer Solidarisierung mit den Tätern gleich. Wer das | |
nicht will, schminkt sich ab. Schließlich geht es hier um Menschenleben, | |
also stellt euch nicht so an. | |
11 Nov 2019 | |
## LINKS | |
[1] /Kolumne-Gehts-noch/!5578124 | |
[2] /Streit-um-Blackfacing-in-den-Niederlanden/!5356958 | |
[3] /Blackfacing-im-Bremer-Theater/!5505882 | |
[4] /Alice-Hasters-ueber-Diskriminierung/!5629137 | |
## AUTOREN | |
Fatma Aydemir | |
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