# taz.de -- Asylpolitik in Frankreich: Macron eifert den Rechten nach | |
> Die Regierung will Flüchtlingen drei Monate keinen Zugang zu | |
> Gesundheitsleistungen geben. Eine Einwanderungsquote für Facharbeiter ist | |
> geplant. | |
Bild: Patient in einem Gesundheitszentrum in La Chapelle | |
PARIS taz | Die französische Regierung verschärft ihre Flüchtlingspolitik. | |
„Wir müssen die Kontrolle über unsere Einwanderungspolitik zurückgewinnen�… | |
sagte Frankreichs Premierminister Edouard Philippe bei der Vorstellung | |
eines Pakets von 20 Maßnahmen am Mittwoch. | |
Der heikelste Teil der Ankündigungen betrifft die Gesundheitsversorgung der | |
Flüchtlinge direkt nach ihrer Ankunft in Frankreich. Während Asylbewerber | |
bisher direkt nach ihrer Antragstellung von der Krankenversicherung | |
profitierten, soll das nun erst nach drei Monaten möglich sein. Ausnahmen | |
gelten nur für Kinder und für Notfälle. | |
Die Maßnahme sorgt bei Hilfsorganisationen und Linksparteien für Empörung. | |
„Einen kranken Asylbewerber drei Monate lang ohne Behandlung zu lassen ist | |
gleichzeitig unmenschlich und erniedrigend, aber auch gefährlich für die | |
öffentliche Gesundheit“, kritisierte der sozialistische Abgeordnete Boris | |
Vallaud im Kurznachrichtendienst Twitter. | |
Die Regierung begründete ihre umstrittene Maßnahme damit, den | |
Ärztetourismus vor allem von Georgiern und Albanern unterbinden zu wollen, | |
deren Asylanträge in den vergangenen Jahren stark gestiegen sind. „Wir | |
kämpfen gegen den Missbrauch unserer Sozialsysteme“, sagte Philippe. | |
## Profitieren könnten die Bereiche Bau und Gastronomie | |
Ähnlich umstritten wie die Kürzung der ärztlichen Leistungen ist die zweite | |
wichtige Maßnahme seines Pakets: die Einführung von Quoten für ausländische | |
Facharbeiter, die den Mangel an Arbeitskräften in bestimmten Bereichen | |
ausgleichen soll. Rund 33.000 Facharbeiter sollen so laut Arbeitsministerin | |
Muriel Pénicaud ins Land kommen. | |
Profitieren könnten vor allem die Bereiche Bau und Gastronomie, wo | |
hängeringend Personal gesucht wird. Die Idee einer Facharbeiterquote hatte | |
der damalige konservative Präsident [1][Nicolas Sarkozy] schon 2007 ins | |
Spiel gebracht, bevor sie im Zuge der Finanzkrise wieder aufgegeben wurde. | |
Macron greift Sarkozys Initiative nun wieder auf. | |
Der französische Präsident hatte bereits im September vor den hohen | |
Flüchtlingszahlen gewarnt. Die Flüchtlingsbehörde Ofpra hatte 2018 mehr als | |
123.000 Asylanträge registriert, was einen Anstieg um knapp 23 Prozent | |
gegenüber 2017 bedeutet. In diesem Jahr dürfte die Zahl bei rund 130.000 | |
liegen. | |
Macron hatte 2015 die Flüchtlingspolitik von Bundeskanzlerin Angela Merkel | |
in den höchsten Tönen gelobt, dann aber eine Kehrtwende vollzogen. Im | |
vergangenen Jahr ließ der Präsident ein Asylgesetz verabschieden, das die | |
Einspruchsfrist abgelehnter Asylbewerber verkürzt und ihre Abschiebung | |
beschleunigt. Sein damaliger Innenminister Gérard Collomb sprach von einer | |
„Überschwemmung“ durch Flüchtlinge und nutzte damit einen Begriff, der vom | |
rechtsextremen Rassemblement National (RN) stammt. | |
## Mit markigen Äußerungen zielt Macron auf RN-Wähler | |
Auch Macron nähert sich der Wählerschaft des RN an. So gab er vergangene | |
Woche dem rechtskonservativen Magazin Valeurs actuelles, das vor allem | |
RN-Politiker interviewt, ein zwölfseitiges Interview. Darin warnte er vor | |
Sozialbetrug bei Asylbewerberleistungen. Mit seinen markigen Äußerungen | |
hofft der Präsident, dem früheren Front National Wähler abzujagen. Umfragen | |
sehen für die Präsidentschaftswahl 2022 ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen | |
Macron und [2][RN-Chefin Marine Le Pen] voraus. | |
Le Pen gehen die angekündigten Maßnahmen längst nicht weit genug. Die für | |
ihren ausländerfeindlichen Kurs bekannte Tochter von Jean-Marie Le Pen | |
fordert, die ärztliche Behandlung von Flüchtlingen ganz abzuschaffen und in | |
Frankreich geborenen Kindern nicht mehr automatisch die Staatsbürgerschaft | |
zu geben. In der geplanten Quotenregelung sieht sie einen Schritt hin zu | |
mehr Einwanderung. „Die Lüge und die Scheinheiligkeit unserer Regierenden | |
wird unerträglich“, twitterte die RN-Chefin. | |
6 Nov 2019 | |
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## AUTOREN | |
Christine Longin | |
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