# taz.de -- Scheuers Pkw-Maut-Desaster: Rechnungshof prüft Vertragsvergabe | |
> Brisanter Verdacht: Hat das Verkehrsministerium bei der Vergabe der | |
> Pkw-Mautverträge getrickst, damit private Betreiber den Zuschlag | |
> bekommen? | |
Bild: Wegen der Pkw-Maut-Affäre immer mehr unter Druck: Verkehrsminister Scheu… | |
Berlin taz | In der Affäre um das gescheiterte [1][Pkw-Mautprojekt] von | |
Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) werden immer mehr brisante | |
Hintergründe bekannt: Der Bundesrechnungshof prüft, ob die Vergabe an | |
private Mautbetreiber tatsächlich wirtschaftlicher war als eine staatliche | |
Lösung. Das geht aus einem Brief des Rechnungshof-Präsidenten Kay Scheller | |
an die grünen Bundestagsabgeordneten Sven-Christian Kindler und Stephan | |
Kühn hervor, der der taz vorliegt. Im Raum steht der Verdacht, dass das | |
Bundesverkehrsministerium die Berechnungen für die beiden Varianten | |
zugunsten der privaten Anbieter frisiert hat. | |
„Der Bundesrechnungshof prüft derzeit unter Berücksichtigung des Urteils | |
des Europäischen Gerichtshofes vom 18. Juni 2019 die Verträge, die das | |
Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) zur | |
Infrastrukturabgabe mit den Auftragnehmern geschlossen hat“, heißt es in | |
dem Brief. | |
Der Rechnungshofpräsident antwortet auf eine Bitte der beiden | |
Bundestagsabgeordneten um Prüfung. Sie haben den Verdacht, dass bei der | |
Vergabe des Maut-Auftrags an private Betreiber der Grundsatz der | |
Wirtschaftlichkeit verletzt wurde, indem das ebenfalls diskutierte | |
staatliche Mautmodell künstlich teurer gerechnet wurde. | |
„Wären alle Kosten und Risiken korrekt abgebildet worden, dann hätte das | |
Betreibermodell wahrscheinlich keinen Kostenvorteil von circa 84 Millionen | |
Euro mehr gegenüber dem Staatsmodell realisieren können“, heißt es in dem | |
Schreiben von Kindler und Kühn an den Bundesrechnungshof. So habe das | |
Bundesverkehrsministerium bei der abschließenden | |
Wirtschaftlichkeitsbetrachtung die Kosten bei einem staatlichen Betrieb für | |
Porto und ein Informationscenter gegenüber der vorläufigen Kalkulation um | |
mehr als 200 Millionen Euro erhöht. | |
Scheuer hätte das Pkw-Maut-System überhaupt nicht an private Unternehmen | |
vergeben dürfen, sagt der Bundestagsabgeordnete Kindler. „Die | |
Wirtschaftlichkeitsberechnung waren Gefälligkeitsgutachten teurer Berater | |
des Verkehrsministeriums“, kritisiert er. „Statt ehrlich auf die Kosten | |
einer Privatisierung des Pkw-Maut-Systems zu schauen, wurde die Analyse | |
gezielt schöngerechnet, damit Scheuer das Pkw-Maut-System an Konzerne geben | |
konnte.“ Das Verkehrsministerium habe gewusst, dass die Privatisierung | |
wirtschaftlich schlechter als der Betrieb durch den Staat war. | |
## Immer mehr Ungereimtheiten | |
Die deutsche Pkw-Maut für Ausländer war ein Prestigeprojekt der CSU. | |
[2][Der Europäische Gerichtshof] hat es im Juni für nicht rechtmäßig | |
erklärt. Das Bundesverkehrsministerium hatte aber schon Ende vergangenen | |
Jahres Verträge mit Unternehmen geschlossen, die das Mautsystem betreiben | |
sollen. „In den Verträgen hat Minister Scheuer den privaten Mautbetreibern | |
für den Fall, dass der Europäische Gerichtshof die Pkw-Maut kippen sollte, | |
eine exorbitante Entschädigungsregelung zugebilligt“, sagt der | |
Bundestagsabgeordnete Kühn. „Genau deswegen drohen dem Bund nun | |
Schadensersatzforderungen in dreistelliger Millionenhöhe.“ | |
Über die Untersuchung der Vergabe an private Betreiber will der | |
Bundesrechnungshof dem Haushaltsausschuss kurzfristig Bericht erstatten. | |
Bislang war nur bekannt, dass sich der Bundesrechnungshof mit der | |
Abwicklung des Projekts nach dessen Stopp durch den Europäischen | |
Gerichtshof befasst. Ebenfalls brisant: In einem Nebenvertrag mit den | |
privaten Betreibern soll nach Erkenntnissen der Grünen geregelt worden | |
sein, dass der staatliche Lkw-Maut-Betreiber Toll Collect als | |
Unterauftragnehmer wichtige Aufgaben für die privaten Unternehmen | |
übernehmen, ihnen aber nicht die vollen Kosten in Rechnung stellen sollte. | |
Damit wären die Ausgaben für die Unternehmen auf Kosten der Steuerzahler | |
extrem gesenkt worden. | |
In den vergangenen Wochen sind immer mehr Ungereimtheiten im Zusammenhang | |
mit dem Maut-Projekt bekannt geworden, unter anderem von Geheimtreffen von | |
Scheuer mit den Mautbetreibern kurz vor Ende der Ausschreibefrist. In Kürze | |
wird der Bundestag auf Antrag von Grünen, Linkspartei und FDP einen | |
[3][Untersuchungsausschuss zur Maut-Affäre] einrichten. Der soll auch | |
klären, ob die Betreiber Scheuer das Angebot gemacht haben, mit der | |
Vertragsunterzeichnung bis nach dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs zu | |
warten. Scheuer bestreitet das ebenso wie den Vorwurf, er habe die | |
Betreiber aufgefordert, ihr Angebot zu verschweigen. | |
22 Oct 2019 | |
## LINKS | |
[1] /Streit-ueber-gekippte-Pkw-Maut/!5608801 | |
[2] /Urteil-des-Europaeischen-Gerichtshofs/!5604202 | |
[3] /Untersuchungsausschuss-zu-Maut-Fiasko/!5633936 | |
## AUTOREN | |
Anja Krüger | |
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